Die Landwirte in Nordrhein-Westfalen müssen sich auf eine deutlich grüner ausgerichtete Agrarpolitik einstellen. Der Koalitionsvertrag von SPD und Grünen macht unmissverständlich klar, dass es einen Wandel und schärfere Auflagen geben wird. Als neuer Agrarminister ist Johannes Remmel (Grüne) im Gespräch.
Die Minderheitsregierung will nach eigenen Worten das Profitstreben durch Raubbau und Verschwendung nicht weiter zulassen. Eine intensiv betriebene Landwirtschaft belaste z.B. vielerorts die Wasserqualität. Stattdessen seien ambitionierte Umweltstandards, eine Ökologisierung der Landwirtschaft und eine naturnahe Waldwirtschaft geplant. "Wir wollen NRW zum Vorreiter der ökologisch-industriellen Revolution machen", so die Koalition.
Themen aktueller Diskussionen sind für SPD und Grüne der "hohe Konkurrenzdruck und die bisherige EU-Agrarpolitik, der Existenzkampf der Milchbauern, der Boom agroindustrieller Tierhaltung, der Verlust von Tier- und Pflanzenarten sowie zunehmende Monokulturen". Und weiter heißt es dazu im Vertrag: "Wir wollen eine nachhaltige, bäuerliche und gentechnikfreie Landwirtschaft, die zum Erhalt und zur Entwicklung lebenswerter ländlicher Räume beiträgt. Unser Ziel ist eine tier-, umwelt- und klimagerechte Modernisierung der Landwirtschaft. Statt einer Politik des Wachsens oder Weichens werden wir gezielt über die Agrarförderung bäuerliche Strukturen stärken. Wir wollen den Ökolandbau ambitioniert ausbauen und den Bioboom für NRW nutzen. Wir werden Initiativen ergreifen, um unsere Landwirtschaft dabei zu unterstützen, die heimische Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln zu decken. In diese Strategie wird die gesamte Wertschöpfungskette vom Stall bis zur Ladentheke einbezogen."
Angesichts der aus ihrer Sicht schwachen Marktstellung der Landwirte empfiehlt die Regierung, verstärkt Erzeugergemeinschaften und Bündelungsinitiativen zu schaffen, um so einen Beitrag für "faire Marktbedingungen und damit auch gegen sittenwidrige Niedrigpreise für Milch zu leisten". Auch der Stallbau dürfte künftig schwieriger werden. Erklärtes Ziel ist, eine Politik, die zu mehr Großmastanlagen führt, zu verhindern. Ebenso soll es keinen GVO-Anbau in Nordrhein-Westfalen geben.
Die gemeinsame Agrarpolitik der EU steht laut SPD und Grünen vor einem großen Umbruch. Zur Stärkung des ländlichen Raumes will sich die Koalition für eine weitere Umschichtung von der Direktförderung auf die zweite Säule in der kommenden Förderperiode ein. Die Zahlungen an die Landwirtschaft müssten degressiv ausgerichtet sowie verbindlich mit sozialen Leistungen der Landwirtschaft und Leistungen im Bereich des Klima-, Umwelt-, Natur- und Tierschutzes gekoppelt werden. Dazu will die Regierung das NRW-Programm "Ländlicher Raum" entsprechend anpassen. Zudem ist eine Neuausrichtung der einzelbetrieblichen Investitionsförderung geplant.
Auch die Landwirtschaftskammern müssen wieder um ihren Etat und Aufgabenbereich zittern. Geplant ist, die "zersplitterte Struktur der Agrarverwaltung mit ihren unterschiedlichen Landesbehörden wie Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragter, Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz und Bezirksregierungen zu überprüfen". Bei der Landwirtschaftskammer sei der Reformkurs bereits auf den Weg gebracht. Man werde aber versuchen, hoheitliche Aufgaben von der Selbstverwaltung zu trennen.