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Tumbrinck: „In NRW ist die Stimmung nicht anders als in Bayern!“

Der Nabu in NRW fühlt sich durch das erfolgreiche Volksbegehren Artenschutz in Bayern gestärkt. Im Moment prüft der Landesverband, welche Inhalte er übernehmen kann und was noch fehlt. Wir sprachen mit dem Landesvorsitzenden Josef Tumbrinck.

Lesezeit: 6 Minuten

In Nordrhein-Westfalen will der NABU ein ähnliches Volksbegehren anschieben wie in Bayern. Dabei werden wir die Bauern frühzeitig einbinden, verspricht der Landesvorsitzende Josef Tumbrinck im Interview mit top agrar.

Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus dem bayerischen Volksbegehren?

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Tumbrinck: Das Ergebnis gibt uns enormen Rückenwind für die Arbeit in Nordrhein-Westfalen. Hier ist die Stimmung in der Bevölkerung nicht wesentlich anders. Was die Bayern geschafft haben, ist auch bei uns möglich.

Woran machen Sie das fest?

Tumbrinck: An der Resonanz. Wir haben eine enorme Zahl an Emails, Anrufen und andere Reaktionen bekommen. Das hat es in dieser Form bei keinem anderen Thema gegeben. Die Menschen fragen uns: Was macht ihr? Wo kann ich unterschreiben? Das Thema Insekten und die Bienen insbesondere elektrisiert die Menschen. Viele haben seit längerem das Gefühl, da läuft etwas schief. Diese Stimmung hat sich jetzt im Ergebnis des Volksbegehrens entladen.

Sie wollen in NRW ein ähnliches Volksbegehren starten. Warum ist das notwendig?

Tumbrinck: Weil die schwarz-gelbe Landesregierung die Belange des Naturschutzes konsequent zurückfährt, im Jagdgesetz, im Landesentwicklungsplan und demnächst ziemlich sicher auch im Landesnaturschutzgesetz. Hinzu kommt, dass obendrein noch die Fördermittel für den Naturschutz gekürzt werden, wenn die Ministerin sie nicht durch Mittelverschiebungen rettet. Insbesondere die Streichung Ziels im Landesentwicklungsplan, den Flächenverbrauch in NRW auf 5 ha pro Tag zu begrenzen, gefällt auch der Landwirtschaft nicht. Der Rheinische Landwirtschaftsverband hat das zurecht lautstark kritisiert. Mein Eindruck ist, dass das Umwelt- und Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser auch nicht gefällt. Aber sie kann sich intern offenbar nicht gegen Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart durchsetzen. Im Ergebnis haben wir NRW eine komplett andere Marschrichtung, als sie Markus Söder jetzt für Bayern angekündigt hat.

Wie geht es jetzt weiter?

Tumbrinck: Wir prüfen im Moment, welche Inhalte wir aus dem bayerischen Volksbegehren übernehmen können, welche Punkte bei uns schon ausreichend geregelt sind und welche Bereiche wir noch zusätzlich in ein solches Volksbegehren aufnehmen müssen. Das besprechen wir dann mit den potenziellen Unterstützern eines NRW-Volksbegehrens. Das sind zum Beispiel der BUND, die SPD und die Grünen. Wichtig ist mir aber auch, dass wir uns dabei frühzeitig und eng mit der Landwirtschaft abstimmen und schauen, wo wir zusammenkommen können und wo nicht.

Was erwarten Sie von der Landesregierung?

Tumbrinck: Wenn die Agenda für unser Volksbegehren steht, hat sie die Möglichkeit zu sagen: Wir nehmen die Punkte auf. Lasst uns verhandeln. Ministerpräsident Armin Laschet könnte - wie sein Kollege Söder - zu einem Runden Tisch einladen und so ein Volksbegehren abwehren. Danach sieht es im Moment aber eher nicht aus.

Was sind Ihre Kernforderungen?

Tumbrinck: Unser wichtigstes Anliegen sind pestizidfreie Naturschutzgebiete ab 2025.

Was ist dafür notwendig?

Tumbrink: Eine entsprechende Vorgabe im NRW-Naturschutzgesetz. Wir könnten das zwar auch über die Naturschutzgebietsverordnungen regeln. Das dauert aber viel zu lang und ist ein aufwendiger Prozess.

Wie wichtig ist der Ausbau des Ökolandbaus für Sie?

Tumbrinck: Ich möchte den Ökolandbau vorrangig als Schutz- und Pufferzone rund um die Naturschutzgebiete ausbauen. Damit wollen wir diese aufwerten, nicht ausdehnen. Das können wir nicht verordnen. Deshalb muss die Landesregierung eine Strategie mit Anreizen für den Flächentausch und eine bessere Ökoförderung entwickeln, die dieses Ziel in angemessener Zeit umsetzt. Welches allgemeine Ziel wir für den Umfang des Ökolandbaus in NRW vorgeben, müssen wir noch diskutieren. 30 % wie in Bayern ist für uns möglicherweise etwas zu ambitioniert, weil wir derzeit erst bei einem Anteil von rund 6 % liegen.

Wird es auch eine Forderung zur Reduzierung des Flächenverbrauchs geben?

Tumbrinck: Unbedingt. Das gerade gestrichene 5 ha-Ziel muss wieder gelten. Da sind wir sicher mit der Landwirtschaft einer Meinung.

Ein Kritikpunkt am bayerischen Volksbegehren lautet, dieses nehme der Regierung die Möglichkeit, den Vertragsnaturschutz zu fördern. Zurecht?

Tumbrinck: Ja. Deshalb müssen wir vorsichtig sein und unsere Forderungen sehr genau austarieren. Ich möchte die Landwirte nicht in eine Situation bringen, wo durch Auflagen Kosten produziert werden, aber gleichzeitig keine Möglichkeit mehr besteht, flankierende Fördermaßnahmen zu gestalten. Deshalb ist ein gesetzlicher bewirtschaftungsfreier Pufferstreifen von 5 m an Gewässern ohne finanzielle Kompensation aus meiner Sicht problematisch.

Wollen Sie mit Ihrem Volksbegehren auch Vorgaben für öffentliche Flächen und private Nutzgärten machen?

Tumbrinck: Wir haben das sehr klar im Blick und werden das angehen, was rechtlich möglich ist. Da sind uns aber durch die kommunale Hoheit bzw. geltende Bundesgesetze Grenzen gesetzt, die wir mit einem Volksbegehren auf Landesebene nicht ohne weiteres aushebeln können.

Der Bayerische Bauernverband hält das Volksbegehren für Bauern-Bashing. Der Präsident der Rheinischen Landwirtschaftsverbandes, Bernhard Conzen, hat Ihnen bereits einen konstruktiven Dialog angeboten. Werden Sie dieses Angebot annehmen?

Tumbrinck: Auf jeden Fall. Die offene und frühzeitige Diskussion mit den Landwirtschaftsverbänden über die Inhalte des Volksbegehrens ist uns sehr wichtig. Wir arbeiten in NRW aber schon sehr gut zusammen.

Was erwarten Sie von der Landwirtschaft?

Tumbrinck: Dass sie sich klar positioniert, wohin sie sich in Zukunft entwickeln möchte. Da fehlt mir die klare Botschaft und ich glaube, vielen Landwirten an der Basis geht es auch so.

Was können die Landwirte vom NABU in NRW erwarten?

Tumbrinck: Wir sind ein fairer Diskussionspartner. Wir brauchen die familiengeführten landwirtschaftlichen Betriebe, die in der Region verwurzelt sind, die sich um die Kulturlandschaft und Artenvielfalt kümmern. Wir wissen, dass das nur funktioniert, wenn die Bauern auch ein ordentliches Einkommen erzielen. Deshalb gibt die aktuelle Entwicklung schon Anlass zur Sorge.

Wie sieht der weitere Zeitplan aus?

Tumbrinck: Wir werden uns jetzt zügig mit den anderen Unterstützern abstimmen und dann schon im März erste Gespräche mit der Landwirtschaft aufnehmen. Bis zur Sommerpause wird sich dann Schritt für Schritt der genaue Inhalt eines möglichen Volksbegehrens herausschälen. Dann werden wir sehen, ob die Landesregierung darüber verhandeln möchte oder ob wir die nächsten Schritte für die Bürgerbeteiligung einleiten müssen.

Zur Person:

Josef Tumbrinck (54) hat Landschaftsökologie studiert und ist seit 2001 hauptamtlicher Vorsitzender des NABU NRW.

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