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Urteil zu GVO-Saatgut: Umbruchanweisung war rechtmäßig

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass der Staat Landwirte zum Umbruch ihrer Einsaat zwingen kann, wenn diese unwissentlich gentechnisch verändertes Saatgut ausgebracht haben, das keine Zulassung hat.

Lesezeit: 4 Minuten

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass der Staat Landwirte zum Umbruch ihrer Einsaat zwingen kann, wenn diese unwissentlich gentechnisch verändertes Saatgut ausgebracht haben, das keine Zulassung hat.

 

Hintergrund des Urteils ist ein Vorfall aus dem Jahr 2007, in dem niedersächsische Landwirte mit Feldern in Hessen unwissentlich mit Gentechnik verunreinigtes Rapssaatgut ausgesät hatten, das in der EU nicht für den Anbau zugelassen ist. Das Land ordnete an, das Rapsfeld umzubrechen um die Verbreitung des Saatguts zu verhindern. Dagegen klagten die Landwirte und verloren. Nach dem Urteil haben staatliche Behörden weiterhin das Recht und die Verpflichtung, den Umbruch von Feldern anzuordnen, sobald gentechnische Verunreinigungen festgestellt werden - auch dann, wenn unwissentlich ausgesät wurde, heißt es in der Urteilsbegründung.


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Der Fall wurde jetzt in der obersten Instanz verhandelt, weil es auf Ebene der Verwaltungsgerichte unterschiedliche Urteile gab. Während das Verwaltungsgericht in Kassel dem Land Hessen recht gab und bestätigte, dass diese Anordnung zur Vernichtung der Rapssaat rechtmäßig war, hielt der hessische Verwaltungsgerichtshof die Anordnung der Behörden für unverhältnismäßig und entschied, dass die Behörden zu derartigen Maßnahmen nicht befugt seien, weil die unbewusste Aussaat von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) kein Verstoß gegen das Gentechnik-Gesetz sei.


Hessens Agrarministerin erleichtert


„Das Gericht hat damit klare Grenzen für die grüne Gentechnik gezogen“, kommentiert Hessens Agrarministerin Lucia Puttrich (CDU) das Urteil. Bestätigt wurde ihrer Meinung nach nicht nur die bisherige Behördenpraxis, sondern darüber hinaus die Forderung nach klaren Regeln für das Nebeneinander von Landwirtschaft mit und ohne Gentechnik. Zufrieden zeigte sich Puttrich mit der Klarstellung, dass der Grundsatz der Nulltoleranz auch dann gilt, wenn das Saatgut nur zu geringen Teilen gentechnisch verändert ist und der Landwirt bei der Aussaat keine Kenntnis von dieser Belastung hatte.


DBV: Bauern dürfen nicht auf Kosten sitzen bleiben!


Der Deutsche Bauernverband (DBV) erneuerte seine Forderung, wonach Bund und Länder durch frühzeitige, umfangreiche Kontrollen sicherstellen müssen, dass kein gentechnisch verunreinigtes Saatgut in den Verkehr und damit zur Aussaat gelangt. Ein weiteres Problem sieht der Verband im Fehlen einer praktikablen Nachweisgrenze für Spuren von gentechnischen Veränderungen im Saatgut. Hier gilt also de facto die Nulltoleranz. Bei einer Nulltoleranz ergeben sich aber aufgrund der Fehleranfälligkeit der Analysemethoden erhebliche Rechtsunsicherheiten.


Damit es nicht zum Verlust ganzer Saatgutpartien komme, weil diese vernichtet werden müssen, sollte aus Sicht des Bauernverbandes eine praktikable technische Nachweisgrenze nahe 0,1 % für gentechnisch veränderte Anteile eingeführt werden, forderte der DBV. Für den Berufsstand sei es nicht akzeptabel, dass die Landwirte, die unwissentlich Saatgut mit Spuren gentechnisch veränderten Pflanzen verwandt hätten, auf den Kosten für Umbruch und Ertragsausfälle sitzen blieben. In dieser Frage würden die Kontrollbehörden und die Saatgutunternehmen weiterhin in der Verantwortung stehen, stellte der DBV fest.



Grundsätzlich mache die geltende verschuldensunabhängige, gesamtschuldnerische Haftung den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen nach Auffassung des Bauernverbandes nach wie vor wirtschaftlich unkalkulierbar und sei auch nicht versicherbar. Da auch nur eine geringe Verbraucherakzeptanz für gentechnisch veränderte Produkte vorhanden sei, rät der DBV jedem Landwirt vom Anbau gentechnisch veränderter Kulturen ab.


Die Grünen fühlen sich voll bestätigt


Erfreut über die Entscheidung zeigten sich vor allem die Grünen. Harald Ebner, Sprecher für Agro-Gentechnik, sagte: „Das Urteil ist eine gute Nachricht für Verbraucher, Landwirte und Imker, die keine Gentechnik auf Teller und Acker wollen. Für den übergeordneten Schutzzweck im Gentechnikgesetz ist es unerheblich, ob gentechnische Saatgut-Verunreinigungen absichtlich oder aus Versehen erfolgen.“ Ebner sieht vor allem das Prinzip der Nulltoleranz gestärkt und das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu Gentech-Pollen im Honig bestätigt, wonach es unerheblich ist, ob eine Verunreinigung vorsätzlich oder unwissentlich erfolgt. Das Urteil schafft seiner Meinung nach Rechtssicherheit für die zuständigen Behörden, in solchen Fällen die Vernichtung von unbeabsichtigt mit Gentechnik verunreinigtem Saatgut anzuordnen - auch wenn es schon ausgebracht wurde.

 

Und NRW-Agrarminister Johannes Remmel ergänzt: „Wir müssen die Verbraucher sowie die Umwelt vor einer schleichenden Verunreinigung mit GVO schützen.“ Saatgut stehe am Anfang der Produktionskette. Hier sei also eine besondere Sorgfalt gefordert. „Einmal in die Umwelt ausgebrachtes Saatgut kann nicht oder nur sehr schwer zurückgeholt werden. Das gilt insbesondere für Raps, der leicht auskreuzt und dessen Samen lange in der Umwelt überdauern können“, so Remmel.

 

Martina Feldmayer, Grünen-Sprecherin in Hessen, bemängelt vor allem, dass Schwarz-Gelb nicht aktiver gegen Gentechnik vorgeht. „Wir fordern schon seit Jahren, dass die Landesregierung die Nulltoleranz-Regelung befürwortet und sich für gentechnikfreie landeseigene Flächen einsetzen soll, um dem mehrheitlichen Bürgerwillen nachzukommen.“ Ihrer Meinung nach hat die Regierung bei dem Thema bislang „gepennt“. (ad)

 

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