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Aldi setzt auf Tierwohl-Eier

Lesezeit: 5 Minuten

Nudeln, Waffeln, Eierlikör: Aldi-Süd will auch verarbeitete Käfig- und Kleingruppen-Eier aus seinem Sortiment verbannen. Was bedeutet das für die deutschen Hühnerhalter?


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Diese Meldung sorgte Anfang Februar für Aufregung: Nur wenige Wochen nach der Einigung zur Tierwohl-Initiative in der Fleischbranche kündigte Aldi-Süd an, sich zu noch mehr Tierwohl in seiner gesamten Lieferkette zu verpflichten. Unter anderem wolle man Hummer, Stopfleber und Kaninchenfleisch ganz aus dem Sortiment nehmen. Und künftig soll es bei Aldi-Süd keine Eier mehr aus Käfig- oder Kleingruppenhaltung geben. Schalen- eier dieser Herkünfte hat der Discounter als Frischware zwar schon seit langem nicht mehr im Sortiment, nun sollen diese aber auch aus verarbeiteten Produkten, wie z.B. Nudeln, Gebäck oder Eierlikör, endgültig verschwinden.


Weiter heißt es in der Mitteilung des Discounters, der in Deutschland die südliche Hälfte des Aldi-Imperiums abdeckt, man fordere die betroffenen Lieferanten zu „proaktiver Mitarbeit“ auf. Im Klartext bedeutet das wohl: Wer künftig im Aldi-Regal gelistet sein will, muss selbst dafür sorgen, dass die geforderten Punkte erfüllt sind, sonst ist er weg vom Fenster. Das können sich die wenigsten Hersteller leisten und dürften daher nicht umhin kommen, für ihre Erzeugnisse nur noch Boden- oder Freilandware zu verwenden.


Erfüllbare Pläne?

Der Lebensmittel-einzelhandel (LEH) sitzt sowieso am längeren Hebel, heißt es oft. Doch gehen die Pläne des Discounters jetzt zu weit? Was bezweckt der Handelsriese überhaupt mit den Plänen? Hauptursache für das verstärkte Tierwohl-Engagement dürfte nach Meinung von LEH-Experten Aldis die Angst vor Angriffen und schlechter Presse durch Tierschutz und Verbraucher-Organisationen sein. Durch sogenanntes „Greenwashing“ verringere der Händler potenzielle Angriffsziele. Denn diese kosteten betroffene Unternehmen durch vergraulte Kunden oftmals sehr viel Geld.


Aber die vollständige Verbannung von Käfig- und Kleingruppeneiern aus dem Sortiment sei ja auch aus Kunden- und Tierwohlsicht nur zu begrüßen, meint ein Vertreter des Bundesverbandes Deutsches Ei (BDE). Und für die Produzenten und Hühnerhalter werde sich am Ende wohl nicht viel ändern. Denn in den meisten Rezepten für Teigwaren, Süßspeisen stamme der Ei-Anteil längst nur noch aus Bodenhaltung. „Die meisten Betriebe haben schon umgestellt. Eier aus Bodenhaltung sind auch in der Verarbeitung in Deutschland inzwischen zum Standard geworden“, sagt eine Eiermarkt-Expertin. Das bestätigt auch Günter Scheper vom BDE. Bis auf einen Hersteller seien die Käfig- und Kleinvoliereneier keine Zutat für Nudeln, Gebäck und Eierlikör mehr.


Bodenhaltung neuer Standard

: Tatsächlich ist auf den meisten Discounter-Produkten mit größeren Ei-Anteilen in der Rezeptur der Hinweis „Eier aus Bodenhaltung“ schon als Siegel auf der Packungsvorderseite vermerkt. Nachholbedarf gibt es noch bei Erzeugnissen, in denen nur kleine Mengen Ei stecken. Dort fehlen meist die Angaben über die Herkunft.


Die Herkunftskennzeichnung von Industrie-Eiern ist bislang keine Vorschrift. Selbst innerhalb der Eierbranche würden viele diese Lücke gerne schließen. „Bis zum Verarbeiter wäre das ja noch problemlos zu machen, da die Eier ja im Legebetrieb gekennzeichnet werden müssen, aber wie soll das bei Eipulver oder größeren Flüssig-Ei- Chargen funktionieren?“, fragen sich allerdings viele Insider.


Mit einer Kennzeichnung würde jedoch schnell deutlich, dass auch bei der Aufschlagware Herkünfte aus Bodenhaltung zum neuen Standard geworden sind. Das gilt besonders für deutsche Herkünfte: „Bei uns gibt es praktisch nur noch Boden- und Freilandhaltung, dafür erreichen wir bei der Selbstversorgung aber auch nur 70 %“, erklärte ein Marktkenner. Der Wert sei nach dem Käfigverbot zuerst auf 55 % abgesackt, was aber zu steigenden Preisen und dem schnellen Ausbau der Bodenhaltung geführt habe. Die aktuelle deutsche Selbstversorgung entspreche in etwa wieder dem Stand vor dem Käfigausstieg. Die daher notwendigen Importe stammen traditionell überwiegend aus den Niederlanden und ebenfalls größtenteils aus Bodenhaltung.


Anreiz für Hühnerhalter?

Für die heimischen Eiererzeuger kann das Aldi-Engagement, wenn überhaupt, nur Vorteile bringen. Absatzprobleme haben die Bodenhaltungs- und Freilandbetriebe schon heute nicht. Dafür ist der Selbstversorgungsgrad zu gering. Ein Bremsklotz bei Investitionen dürfte vielmehr die Preiskonkurrenz durch Importe aus benachbarten EU-Ländern sein. Dass gerade Aldi mit seinen Tierwohl-Plänen hier zu einer Entspannung beitragen wird, ist eher unwahrscheinlich. Von der kostenorientierten Einkaufspolitik werden sich die Mühlheimer Einkäufer wohl kaum verabschieden. Wer als Eierverarbeiter künftig an Aldi liefern will, dürfte sich auch künftig wohl maßgeblich über den Preis einen Platz im Regal des Discounters sichern. Auf höhere Forderungen beim Eierpreis dürften die Hersteller entsprechend empfindlich reagieren. Ob die „halb-freiwillige“ Verpflichtung weiterer Eierverarbeiter positiv bis auf die Erzeugerpreise durchschlägt, ist daher leider nicht sicher.


Zölle schützen – noch!

Dass die Aldi-Pläne durchaus ihre Berechtigung haben, wird noch aus einem weiteren Grund deutlich: Zwar reicht die EU-Eierzeugung insgesamt aus. Billig-Konkurrenz aus Drittländern steht aber quasi vor der Tür zur EU: Eine Studie der Universität Wageningen zeigt, dass die Produktionskosten in Drittstaaten um bis zu 29 % unter dem EU-Niveau liegen. Die hohen Umwelt- und Tierschutzstandards in der EU erhöhen die Erzeugungskosten bei uns deutlich. Bislang bremst Brüssel Importe durch Einfuhrzölle spürbar aus.


Verbandssprecher Scheper warnt aber, dass bei einer Senkung oder gar einem Wegfall der Importzölle Billigimporte aus Drittländern drohen. „Ein Unterwandern unserer hohen europäischen Standards darf nicht sein“, stellte Scheper klar. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen TTIP-Verhandlungen zu bilateralen Handelsabkommen mit Nicht-EU-Ländern zeige die Studie, dass Importzölle für die europäische und deutsche Eierwirtschaft unverzichtbar seien. Verständlich, dass der LEH sich dagegen absichern will und vorsorglich eigene Regeln aufstellt.

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