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Analysten erwarten steigende Milchmengen

Lesezeit: 7 Minuten

Die weltweite Nachfrage nach Milch und Milchprodukten wächst, die Erzeugung aber auch. Welche Folgen die Dürre bei uns und in anderen Staaten für den Milchmarkt haben wird, ist allerdings noch nicht abzusehen, meint Mathias Klahsen, LWK Niedersachsen.


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Der Milchmarkt wächst. Das ist kurzgefasst der Trend, der sich aus fast allen aktuellen Prognosen ergibt. Experten des International Farm Comparison Network Dairy (IFCN) erwarten z.B. bis 2030 ein Plus der weltweiten Nachfrage von 35%. Sie begründen das vor allem mit einem steigenden Absatz in Entwicklungs- und Schwellenländern. Als größte Wachstumsregion gilt Asien. Dem steigenden internationalen Bedarf sollen allerdings Produktionssteigerungen in ähnlicher Größe gegenüberstehen. Kurzfristig könnte das Angebot stärker wachsen als die Nachfrage.


Mehr Milch in der EU?

Das US-Agrarministerium (USDA) hat seine Angebotsschätzungen für 2018 in dem neuen Bericht zum weltweiten Milchmarkt um ein Prozent nach oben korrigiert.


Die EU-28 soll demnach etwa 1,5% mehr Milch erzeugen als im letzten Jahr. Im vergangenen Dezember ging das USDA hingegen noch von einem moderaten Minus aus. Ursache für den Anstieg auf 155,6 Mio. t sind nach Ansicht der Analysten relativ attraktive Preise. Diese sind bzw. waren einer guten Inlandsnachfrage sowie regen Exportgeschäften geschuldet.


Die Milchanlieferungen an die deutschen Molkereien bewegten sich bis Juli in der Tat knapp 3% über der Vorjahreslinie. Die anhaltende Hitzewelle in Teilen Europas führt allerdings in manchen Regionen zu einer deutlichen Verknappung des Grundfutterangebotes. Einige Betriebe haben deshalb bereits begonnen, ihre Herden zu dezimieren. Beobachter berichten über erhebliche Altkuhschlachtungen. Bei uns gehen die Milchanlieferungen deshalb schon zurück. Das wurde im USDA-Bericht nicht berücksichtigt. Eventuell müssen die Schätzungen also wieder nach unten korrigiert werden, und zwar sehr kräftig (vgl. Interview auf Seite 128).


Für Aufwind am Markt könnte zudem das Freihandelsabkommen der EU mit Japan (JEFTA) sorgen. Demnach können wir künftig mehr Milch zollfrei nach Japan liefern. Seit Jahresbeginn wurden überdies rund 102000 t Magermilchpulver (MMP) aus EU-Interventionsbeständen verkauft. Dort liegen allerdings immer noch gut 305000 t (Stand: Ende Juli 2018). Der Verkauf scheitert bislang an sehr unterschiedlichen Preisvorstellungen.


Denn Experten des USDA bereiten diese Lagerbestände übrigens ebenfalls Kopfschmerzen. Sie erwarten einen hart umkämpften Weltmarkt für Magermilchpulver. Die Drittlandexporte der EU sollen dabei um 9% zulegen.


Bei Käse erwarten die US-Beobachter ebenfalls ein Plus der EU-Ausfuhren. Die hiesigen Produzenten lasten ihre Werke in der Tat gut aus und reagieren damit auf die wachsende Käsenachfrage am Weltmarkt.


Die Buttererzeugung in der EU ist ebenfalls gestiegen, und zwar stärker als ursprünglich erwartet. Ursache waren attraktive Preise. Diese lagen Ende Juni deutlich über denen in Ozeanien und den USA. Die hohe Inlandsnachfrage nach Milchfett limitiert allerdings den Drittlandexport von europäischer Butter, der sich bislang auf die USA, Saudi-Arabien und China konzentriert.


Und andere Milchregionen?

Während die weiteren Aussichten für die EU sogar positiv eingeschätzt werden, ziehen in den USA düstere Wolken am Markt auf. Laut USDA drohen dort ein neuer Produktionsrekord und sinkende Preise. Im Vergleich zu 2017 steigt die Milcherzeugung um 1,1% auf 98,8 Mio. t. Das ist vor allem auf höhere Herdenleistungen zurückzuführen, meinen Beobachter.


Der Absatz kommt da nicht mit. Im Gegenteil: Eine sinkende Inlandsnachfrage nach Milchprodukten führt aktuell sogar zu umfangreichen Einlagerungen in die Kühlhäuser. Die Milchpreise liegen unter Vorjahresniveau.


Der Absturz ist allerdings bislang moderater als von Skeptikern befürchtet. Ursache dafür sind deutliche Steigerungen im Export, berichtet das USDA. Die Ausfuhren von MMP sind bereits um 25% gestiegen. Hauptabnehmer sind Mexiko und asiatische Staaten. Die Analysten gehen davon aus, dass die seit Juli geltenden Strafzölle Chinas und Mexikos auf US-Milchprodukte zu einem Verlust von Marktanteilen führen werden. Sie sind aber zuversichtlich, dass das durch die gute Wettbewerbsfähigkeit der USA in anderen Absatzregionen zumindest etwas kompensiert werden kann. Es gibt allerdings auch Experten, die das für politisch motivierten Zweckoptimismus halten.


Konkurrenz schläft nicht:

Die Milchviehhalter in Neuseeland haben nach einem durch Trockenheit erschwerten Start ins Jahr 2018 die Produktionseinbußen wieder weitgehend ausgeglichen. Und die USDA-Experten erwarten dort insgesamt sogar einen moderaten Anstieg der Milchanlieferung um etwa 1% gegenüber dem Vorjahr auf 21,7 Mio. t.


Dass die Milchmenge nicht noch stärker steigt, liegt an der grassierenden Mykoplasmen-Infektion. Deshalb werden vermehrt Tiere gemerzt. Das USDA hat die Prognosen zu den neuseeländischen Käseexporten deshalb etwas nach unten korrigiert. Die Lieferungen in die USA sollen sogar um 90% auf 2000 t einbrechen, da US-Cheddar in diesem Jahr sehr wettbewerbsfähig ist, heißt es. Bei Milchpulver erwarten die Analysten allerdings bei den „Kiwis“ ein Plus. Und Bei Butter sind sie auch in diesem Jahr der Hoflieferant Chinas. Dort steigt die Butternachfrage, und das spricht für mehr Importe.


Auch Argentinien könnte sich im weiteren Verlauf wieder auf dem Weltmarkt zurückmelden. Infolge gestiegener Inlandspreise, guter Wetterbedingungen und einer besseren Produktivität steigt die Milchproduktion dort kräftig. Die USDA-Analysten rechnen nun mit rund 7% höheren Anlieferungen als im Jahr 2017. Das Plus dürfte zum größten Teil in die Käseproduktion fließen. Argentiniens Ausfuhren sollen denn auch leicht steigen.


Allerdings: Auch wenn die Landwirte von der Normalisierung der Wetterverhältnisse und somit von einer besseren Ernte profitierten, bleiben die Rahmenbedingungen im Land schwierig. Die Exporteinnahmen für Sojabohnen sind gesunken, die Energiekosten haben angezogen, und der Leitzins stieg bei einer Inflationsrate von 27% mittlerweile auf fast 40%. Etwas Stabilität brachte Anfang Juni ein Kreditstundung des Internationalen Währungsfonds. Das ist allerdings aus Sicht der Farmer allenfalls ein vager Silberstreif am Horizont.


In Australien sind die Rahmenbedingungen besser. Dort sorgte gute Wetter für mehr Futter als im Vortjahr. Die Milcherzeugung dürfte deshalb um 2% steigen. Im Südwesten soll es zwar eine erneute Dürre geben, die den Trend stoppen könnte, aber noch erwartet das USDA ein weiteres Wachstum der australischen Flüssigmilchausfuhren. Die jährlichen Zuwächse von ca. 18% in den letzten fünf Jahren sollen Bestand haben. Die wichtigsten Abnehmer sind China und andere asiatische Staaten.


Schlüsselmarkt China:

Dem Reich der Mitte kommt nach Ansicht vieler Beobachter schon jetzt eine sehr wichtige Rolle am internationalen Milchmarkt zu, und zwar als Importeur. Daran wird sich nichts ändern. Im Gegenteil: Selbst Peking hat inzwischen erkannt, dass eine Selbstversorgung mit Milch und Milcherzeugnissen dort trotz aller Anstrengungen nicht zu erreichen ist. Die verfügbaren Ressourcen lassen laut 5-Jahres-Plan künftig nur ein moderates Wachstum zu, heißt es.


Da ausländische Milchwaren zudem, z.B. aufgrund der hohen Lebensmittelsicherheit, von Chinas Konsumenten sehr geschätzt werden, wird bis 2030 ein Anstieg der Importe auf 20% des Inlandsverbrauchs erwartet.


Allerdings befindet sich der chinesische Markt im Wandel. Durch Investitionen in die eigene Produktion und das verlangsamte Bevölkerungswachstum hat sich der Importboom deutlich abgeschwächt. Dem positiven Nachfrageeffekt der Zwei-Kind-Politik wirkt der zahlenmäßige Rückgang der Frauen im gebärfähigem Alter entgegen. Außerdem verlagert sich die Nachfrage zu hochveredelten Produkten, vor allem zu Käse und Butter.


Marktanalysten der EU erwarten, dass China im Jahr 2030 ebenso viel Käseprodukte importieren wird wie die USA. Laut USDA, OECD und FAO wird die chinesische MMP-Importmenge 2018 gegenüber dem Vorjahr um 17% abnehmen, langfristig aber wieder steigen. Die am 6. Juli 2018 eingeführten Strafzölle Chinas auf Molkereiprodukte aus den USA, wie Magermilchpulver, Molke und Vollmilchpulver, spielen uns in die Hände. Und China bleibt auch künftig ein wichtiger Markt für die Milchproduzenten der EU.


Ob das auch für Mexiko gelten wird, bleibt abzuwarten. Mexiko importiert immer mehr Magermilchpulver – bisher vorrangig aus den USA. Aber jetzt haben Zölle und politischen Reibereien zwischen beiden Ländern die Handelsbeziehungen beeinträchtigt. Zudem einigten sich die EU und Mexiko im April 2018 auf ein Freihandelsabkommen, das Milchprodukte beinhaltet. Der Beginn des Ratifizierungsprozesses wird allerdings erst Ende 2018 erwartet. Und das Zollkontingent für 20000 t Hart- und 5000 t Frischkäse sowie 50000 t Magermilchpulver soll nur schrittweise innerhalb von fünf Jahren eingeführt werden. Kurzfristig sind also bestenfalls leichte Nachfrageimpulse zu erwarten.


Die Preise absichern!

Fakt ist: Milchviehhalter müssen sich auf zunehmende Preisschwankungen einstellen. Die Absicherungen, z.B. über die Terminbörsen, wird wichtiger. Es ist Zeit, dass der EEX-Rohmilchkontrakt (vgl. top agrar 6/2018, ab Seite 106) an den Start geht und mit Leben gefüllt wird.


Kontakt:


joerg.mennerich@topagrar.com

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