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Gerste verkaufen und Weizen einlagern?

Lesezeit: 8 Minuten

Die Erzeugerpreise für Brot- und Futtergetreide sind abgeschmiert. Allmählich müssten sie aber den Boden erreicht ­haben, meinen Beobachter. Und vielleicht sind die guten ­Ernteprognosen wirklich etwas überzogen.


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Wer etwas auf sich hält, führt vor Beginn der Getreideernte sogenannte Vorerntegespräche durch. Das nützt der Kundenbindung. Überdies kann man seine Geschäftspartner auch schon mal auf ein Preisniveau einstimmen – sei es auch nur als Testballon. In diesem Jahr zeigte der „Preisdaumen“ in den meisten Fällen nach unten. Dabei ist die Situation nicht so bärisch, was für schwache Notierungen steht, wie Analysten behaupten. Außerdem sind die meisten Faktoren längst eingepreist. Sollte sich z. B. herausstellen, dass das Angebot doch nicht so groß wird wie erwartet, könnten die Notierungen schnell wieder nach oben ausschlagen.


Wird die Ernte überschätzt?

Vor gut zwölf Monaten ist genau das geschehen. Erst hieß es, die Ernten würden riesig ausfallen. Dann entpuppten sich die Prognosen als überzogen, und die Notierungen zogen sprunghaft an.


Zugegeben: Sie sollten nicht darauf spekulieren, dass sich der Markt in diesem Jahr genauso entwickelt wie 2012. Gewisse Parallelen sind aber nicht von der Hand zu weisen. So rechnen die meisten Beobachter z. B. nach wie vor mit einer großen Welt-Getreideernte.


Der internationale Getreiderat (IGC), London, hat seine Schätzungen Anfang Juli sogar nochmals um 3 Mio. t nach oben korrigiert. Demnach sollen weltweit 2013/14 fast 1,92 Mrd. t Getreide gedroschen werden (ohne Reis). Das wäre ein Plus von 135 Mio. t gegenüber 2012/13 und würde zu einer leichten Entspannung bei den Vorräten führen. Diese werden dann bis Mitte 2014 auf rund 368 Mio. t wachsen.


Solche Zahlen kommen Marktteilnehmern, die auf sinkende Kurse setzen, gerade recht. Wenn man die Entwicklung der Vorräte bis Mitte 2014 bei den einzelnen Getreidearten betrachtet, wird aber klar, dass längst nicht jedes Preissignal auf schwach steht:


  • Die Weizenvorräte werden sich laut IGC z. B. nur um 2 Mio. t erholen, obwohl die Produktion gegenüber der letzten Saison um 28 Mio. t steigen soll. Denn der Verbrauch legt ebenfalls zu. Die FAO und andere Organisationen, die sich mit der Welternährung beschäftigen, werten es zwar trotzdem als einen Erfolg. Aber: Ist ein Sicherheitspolster von 26,5 % des Jahresverbrauchs wirklich beruhigend???Und welche Vorräte sind überhaupt für den Markt vorgesehen?
  • Der weltweite Gerstenmarkt könnte hingegen in der neuen Saison wirklich etwas auskömmlicher versorgt sein als 2012/13. Der IGC rechnet mit einer Ernte von 139 Mio. t. Das wäre eine Steigerung um 10 Mio. t oder fast 8 %. Der Verbrauch steigt um 3 Mio. t auf rund 136 Mio. t, und am Ende der laufenden Saison liegen mit geschätzten 26 Mio. t rund 3 Mio. t mehr Gerste in den Vorratssilos als jetzt.
  • Große Hoffnung setzen Fleischproduzenten aber vor allem auf die Maiskurse. Hier steht uns nämlich auf den ersten Blick eine Rekordernte ins Haus, die den Markt in den kommenden Monaten nachhaltig unter Druck setzen könnte. Und zwar auch die Notierungen für Weizen, Gerste und anderes Getreide. Laut IGC steigt die weltweite Mais­erzeugung um 92 Mio. t auf die Rekordmarke von ca. 946 Mio. t. Der Verbrauch nimmt nach Hochrechnungen der Londoner Analysten gegenüber 2012/13 nur um 50 Mio. t auf 916 Mio. t zu. Mitte 2014 sollen demnach weltweit Reserven von 149 Mio. t vorhanden sein.


Keine voreiligen Schlüsse!

Es gibt aber auch namhafte Analysten, die die vorliegenden Prognosen beim Mais für überzogen halten. „Die teils gravierenden Aussaatprobleme in den Maishochburgen der USA sind meiner Meinung nach bisher zu wenig in die Hochrechnungen eingeflossen“, gibt z. B. ein rheinischer Getreidemakler zu bedenken. Auch andere Beobachter meinen, dass der Angebotsüberschuss eventuell kleiner ausfallen wird als bisher angenommen. „Und jede Tonne, um die der IGC, das USDA und Co. ihre Prognosen nach unten korrigieren müssen, hilft uns beim Preis“, sagt ein Großhändler.


Er rät übrigens auch dringend davon ab, angesichts der Ernteschätzungen den Schluss „Futtergetreide bleibt schwach, Brotgetreide erholt sich später wieder“ zu ziehen. Mit solchen oder ähnlichen Parolen wollen Händler derzeit Landwirt dazu bringen, ihre neuerntige Futtergerste sofort zu verkaufen, guten Mühlenweizen und eventuell auch noch den Brotroggen aber einzulagern.


Damit kein falscher Eindruck entsteht: Es spricht nichts dagegen, Brotweizen und -roggen wegzulegen, wenn Ihr Abnehmer ex Ernte keine attraktiven Preise bietet. Näheres dazu später. Die Vermarktungssaison für Gerste und anderes Futtergetreide sollten Sie aber auch noch nicht abhaken. Im Gegenteil: In den letzten Jahren waren es oft die Notierungen für Futterweizen und -gerste, die sich zuerst wieder vom saisonalen Erntedruck erholt haben und dann im weiteren Verlauf sogar die Schlagzahl bei den Getreidepreisen vorgaben. Warum soll das in diesem Jahr anders sein? Weil weltweit viel Mais geerntet wird? Wohl kaum!


„Ich rechne fest damit, dass der US-Markt das relativ schnell regelt“, antwortet ein Börsenbroker auf die Frage, ob der Mais ein Dauerproblem für die Getreidepreise bei uns werden könnte. Schließlich, so seine Begründung, mache billiger Mais die Ethanolproduktion in Nordamerika lukrativer. Damit steige der Verbrauch, und unterm Strich bleibe eventuell gar nicht mehr soviel Mais übrig, der anderweitig abgesetzt werden müsse. Eine durchaus einleuchtende Erklärung, deren Bestätigung aber leider noch aussteht.


Was einlagern, was verkaufen?

Je weniger Druck wir vom Weltmarkt bekommen, desto eher werden sich die Notierungen bei uns und in den anderen EU-Staaten wieder fangen. Das ist klar. Hochspekulativ ist hingegen: Auf welchem Niveau werden sich die Erzeugerpreise einpendeln, wenn die saisonale Verkaufswelle nach der Ernte vorbei ist? Welches Getreide verspricht attraktive Lagerrenditen, und was soll man hingegen am besten direkt aus der Ernte heraus verkaufen?


Selbst ausgewiesene Marktexperten heben bei diesen Fragen derzeit meistens ratlos die Hände – wer will schon der Überbringer schlechter Nachrichten sein. Bis zuletzt sprachen nämlich auch die Eckdaten innerhalb der EU (inklusive des neuen Mitglieds Kroatien) nicht gerade für eine kurzfristige Wende zum Besseren. Die Ernte 2013 soll nämlich deutlich größer ausfallen als die des Vorjahres.


Die von Brüssel jüngst genannten knapp über 300 Mio. t Getreide sind zwar etwas überzogen. Denn darin sind auch Mengen enthalten, die gar nicht bis auf die Höfe kommen. Aber auch eine „verwertbare“ Erntemenge von gut 298 Mio. t liegt weit über der von 2012. Die größten Zuwächse zeichnen sich mit plus 20 % zwar beim Mais ab (vgl. Übersicht auf Seite 135), aber auch bei den anderen Getreidearten sind deutliche Steigerungen zu erwarten.


Genau deshalb mauern die meisten Erfasser und Verarbeiter derzeit bei Verhandlungen über die Ex-Erntepreise bzw. über Reports für spätere Lieferungen. Und aus dem gleichen Grund ist es wirklich schwer, die richtige Vermarktungsstrategie für 2013/14 zu finden. Letztlich wird vermutlich das Erntewetter und damit die gedroschene Qualität zum Zünglein an der Waage. Vieles hängt aber auch davon ab, wann die Ernte verbreitet beginnt.


Verspätungen erwartet:

„Wir hinken zwar nicht mehr ganz so weit hinterher wie befürchtet. Aber je nach Standort verzögert sich der Erntestart im Gegensatz zu anderen Jahren schon 7 bis 21 Tage“, erklärt ein niedersächsischer Ackerbauberater. Und der Chef eines Handelshauses ergänzt: „Wenn sich das bestätigt, sehe ich gute Chancen, dass prompte alterntige Ware zeitweilig doch noch zu regelrechten Apothekerpreisen gehandelt wird.“ Die meisten Verarbeiter hätten ihre Rohstoffläger nämlich geleert. Es seien aber Lieferverpflichtungen zu erfüllen, für die Getreide gebraucht werde.


Wenn Bewegung in die Tagespreise kommt – übrigens bilden auch die von uns auf Seite 137 aufgeführten Kurse nur das Preisgefüge an dem dort genannten Stichtag ab – können Sie das zuerst an den Notierungen der Pariser Matif ablesen. Diese finden Sie auf der Internetseite www.topagrar.com/markt. Sie sollten dort aber auch die Meldungen sowie die regelmäßig aktualisierten Erzeugerpreise im Auge behalten. Der Übergang von den Erzeugerpreisen für alt- zu denen für neuerntiges Getreide wird vermutlich fließend verlaufen:


  • Für Futtergerste wurden zuletzt je nach Standort zwischen 150 und 175 €/t besprochen. Einige Händler wollen aber auch nur 140 bis 155 bewilligen, seit optimistische Erntemeldungen aus Frankreich, Spanien und der Ukraine die Runde bei uns machen. Wir meinen: Wenn Ihr Abnehmer zu sehr mauert, sollte Sie Ihre Gerste weglegen!
  • Die Preismeinungen für neuen Brotweizen bewegen sich verbreitet zwischen 165 bis 187 €/t. Es gibt aber auch Stimmen, die bestenfalls 160 bis 170 €/t voraussagen, und zwar auch für gute Qualitäten. Unser Rat: Lagern Sie den Weizen ein, wenn Ihr Händler Sie düpiert. Das gilt besonders, wenn Sie Spitzenqualitäten ernten. Diese versprechen Aufschläge, denn die Proteinwerte sollen in diesem Jahr im Schnitt niedriger ausfallen als sonst.
  • Die Gebote für Brotroggen standen bis zuletzt unter Druck. Oft werden nicht mehr als 120 bis 140 €/t herausgestellt. Selbst Händler raten bei solchen Kursen dazu, mit dem Verkauf noch zu warten. „Je niedriger der Ex-Erntepreis, desto mehr Roggen geht ins Futter oder gleich als Substrat in Biogas-Anlagen, und das könnte den Druck vom Markt nehmen“, sagt ein Erfasser. Hoffentlich behält er Recht. Jörg Mennerich

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