Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Milchpreis Maisaussaat Ackerboden Rapspreis

topplus Aus dem Heft

Malz vom Hof

Lesezeit: 5 Minuten

Landwirt Moritz Bartmer aus Buxtehude hat eine Anlage erfunden, mit der Landwirte Braugerste mälzen können. Mit dem Malz will er lokale Brauereien beliefern.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Schon als Schüler wurde Moritz Bartmer von Freunden immer wieder gefragt: „Wo kann man denn das Bier trinken, das aus Eurer Gerste gebraut wird“ Die Antwort musste er ihnen schuldig bleiben – bis heute. „Die industriellen Mälzereien verarbeiten am Tag rund 300 t – so viel Gerste, wie ich in einem Jahr ernte. Da spielt Regionalität keine Rolle“, musste der Landwirt aus Immenbeck bei Buxtehude feststellen.


Der Traum vom eigenen Malz ließ ihn jedoch nie los. Gleichzeitig wollte er den Hof aus dem Nebenerwerb wieder zurück in den Vollerwerb überführen. Den Ausschlag für die neue Geschäftsidee gab ihm schließlich der Trend zu immer mehr Craft-Bier, das regional in kleinen Hausbrauereien hergestellt und vermarktet wird. „Es gibt Brauer, die aus Marketinggründen gern Malz aus der Region verwenden würden. Doch das gibt es bislang nicht“, erklärt er.


Versuche mit Betonmischer:

Erste Versuche zu einem eigenen Malz unternahm er mit einer herkömmlichen Betonmischmaschine, deren Trommel er zum Anfeuchten der Gerste verwendete. Die Ergebnisse waren vielversprechend. Aber er stellte schnell fest, dass für den professionellen Betrieb eine ausgefeilte Technik nötig ist.


Per Zufall lernte er das Maschinenbauunternehmen Herbst aus Buxtehude kennen. Zusammen mit dem Deutschen Institut für Lebensmitteltechnik aus Quakenbrück gründeten die drei Partner einen Forschungsverbund, beantragten Fördergeld vom Bundeswirtschaftsministerium und sicherten die Erfindung mit einem EU-Patent ab. Bartmer selbst informierte sich in der Zeit intensiv über das Mälzen, besuchte Seminare und las viele Bücher zum Thema. Nach 2,5 Jahren Entwicklungszeit konnte Bartmer Mitte Oktober 2018 den Prototypen einer Hofmälzanlage präsentieren.


Die vollfunktionsfähige Anlage mit einer waschmaschinengroßen Trommel kann pro Charge 100 kg Malz liefern. „Die spätere Anlage wird Dimensionen haben wie ein Betonmisch-Lkw und kann 5 t Malz erzeugen“, sagt er. Sie soll im Mai 2019 fertig sein.


Die Anlage funktioniert so: Die Gerste mit üblicherweise 14% Feuchtegehalt wird mit Wasser auf 45% angefeuchtet. In der beheizten Trommel, die sich dreht, keimt die Gerste in etwa drei Tagen. Anschließend wird der Keimprozess durch Wärmezufuhr (Mälzer sprechen von „Darren“) gestoppt. Der gesamte Prozess einer Charge dauert zwischen vier und fünf Tagen.


Wertschöpfung für Betrieb:

Gegenüber dem industriellen Mälzprozess ist das so hergestellte Malz teurer. Zum Preis der Anlage kann Bartmer aktuell noch nichts sagen. „Wir tasten uns da gerade heran. Aber er wird irgendwo im unteren sechsstelligen Bereich liegen.“ Allerdings steigt mit dem Malzverkauf auch die Wertschöpfung ab Hof: Während die Braugerstennotierung aktuell bei 230 €/t liegt, kann er für Malz das Vier- bis Fünffache erlösen. Die Anlage hat laut Bartmer außerdem einige Vorteile gegenüber dem Industrieprozess:


  • Während in der Industrie Warmluft zum Trocknen verwendet wird, arbeitet Bartmers Anlage mit Vakuumtrocknung. Der Unterdruck sorgt dafür, dass das Wasser schon bei 40°C verdampft. Daher ist etwa 20% weniger Energie zum Trocknen nötig als bei Großanlagen.
  • Als Wärmequelle können Landwirte die Abwärme aus einem Biogas-BHKW oder einer Holzhackschnitzelheizung verwenden.
  • Die nach außen abgegebene Warmluft sorgt außerdem dafür, das ein Teil des Malzaromas verloren geht. Bei Bartmers Anlage findet der Prozess im geschlossenen Raum statt, das Aroma bleibt vollständig erhalten.
  • Bei industriellen Prozessen sind Qualitätsparameter der Gerste, wie z.B. der Eiweißgehalt, auf die Optimierung des Malzprozesses, aber nicht auf den Geschmack ausgelegt. Die Hofanlage dagegen könnte auf individuelle Wünsche der Braumeister eingehen und Malzfarbe (spielt für die Bierfärbung eine Rolle) oder Eiweißgehalt (Eiweiß ist wie beim Fett im Fleisch Geschmacksträger) variieren.
  • Eine große Nachfrage gibt es bei Biobrauereien, weil Biomalz nur schwer zu bekommen ist. Auch diese Nische ließe sich individuell bedienen.


Zwei Standbeine:

Zunächst will Bartmer mit dem Prototypen die ersten Versuche starten und sie bereits auf der Fachmesse „BrauBeviale 2018“ im November 2018 in Nürnberg präsentieren. Denn sein Geschäftsmodell basiert auf zwei Standbeinen:


  • Er will einen Großteil seiner jährlichen Erntemenge von 300 t Braugerste zu Malz verarbeiten. Bei ca. 5 t Malz pro Durchgang strebt er im Jahr etwa 40 Durchgänge an. Ein Durchgang dauert etwa vier bis fünf Tage.
  • Gleichzeitig will er die Kleinanlage anderen Landwirten im Rahmen eines Franchisesystems anbieten. Zu dem Paket gehören neben der Technik auch die Beratung vom Anbau bis zur Vermarktung, die Schulung zum Bedienen der Anlage und zum richtigen Mälzen sowie die Rechte an der Marke „Landmalz“, die Bartmer sich hat schützen lassen (www.landmalz.de).


Die Mälzerei könnte für andere Landwirte eine interessante Ergänzung sein. Damit ließen sich nicht nur leerstehende Hofgebäude sinnvoll nutzen. Sie ließe sich mit etwa vier bis fünf Stunden Aufwand pro Woche auch gut in den Betriebsablauf integrieren.


Landwirt Bartmer hofft, dass sein Einstieg in die Hofmälzerei jetzt gelingt. „Bezüglich Qualität und Regionalität können wir damit eine Lücke schließen, die bei zunehmender Zahl von lokalen Hausbrauereien immer größer wird“, fasst er zusammen. Er selbst plant schon darüber hinaus: Ein selbstständiger Brauer will auf Bartmers Hof in Kürze eine kleine Brauerei errichten, in der dann ein Teil von Bartmers Malz zu Bier verarbeitet werden wird. Dieses will er über die vielen Hofläden im Alten Land vermarkten – auch dazu hat er bereits jetzt viele Anfragen. „Künftig können die Freunde dann bei mir das Bier von meiner Gerste trinken. Dann habe ich endlich eine Antwort auf ihre Fragen!“ Kontakt:


hinrich.neumann@topagrar.com

Die Redaktion empfiehlt

top + Zum Start in die Maisaussaat keine wichtigen Infos verpassen

Alle wichtigen Infos & Ratgeber zur Maisaussaat 2024, exklusive Beiträge, Videos & Hintergrundinformationen

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.