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Mobil und regional: Schüler mischt Eiermarkt auf

Lesezeit: 7 Minuten

Mit 9 Jahren hat Malte Timm aus Dithmarschen ein paar Hühner bekommen. Heute, mit 17, hält er über 3300 Tiere in mehreren Mobilställen. Kunden sind Edeka und Direktvermarkter.


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An der Nordsee im Westen Schleswig-Holsteins gibt´s einen Schüler, der sich in wenigen Jahren mehrere Mobilställe für Hühner zugelegt hat. Den müsst ihr mal besuchen.“ Dieser Tipp aus der Praxis hat uns neugierig gemacht und wir haben Malte Timm (17) in Nindorf (Dithmarschen) besucht.


Zentral gelegen locken Verkaufshäuschen und Hühnerställe auf der Wiese Besucher auf den Nindorfer Hof. Dabei liegt der Schwerpunkt des 120 ha-Betriebes von Michaela und Torsten Timm eigentlich in der Milchviehhaltung: 130 Kühe plus Nachzucht stehen im Boxenlaufstall. Während dort neben dem Ehepaar noch eine Halbtagskraft beschäftigt ist, arbeiten im Eier-Geschäft des 17-jährigen Malte schon drei Mitarbeiter auf 450 €-Basis.


„Angefangen hat alles, als ich 9 Jahre war und ein paar Hühner geschenkt bekam“, erinnert sich der Gymnasiast. Die Eier verkaufte er in der Nachbarschaft. Langsam baute sich ein fester Kundenstamm auf, die Tierzahl wuchs. Im Urlaub besichtigte er zufällig einen Direktvermarkter und wurde auf dessen Mobilstall aufmerksam. Von da an war der damals 14-Jährige Feuer und Flamme für das Thema und wollte seine Haltung professionalisieren. „Ich habe viel recherchiert, gelesen und mir in ganz Deutschland etliche Direktvermarkter und Mobilställe angesehen“, so Malte weiter.


Der erste Stall:

Nach sechs Monaten Vorbereitung entschied sich der Schüler schließlich im Herbst 2014 für einen Stall der Firma Wördekemper. Das ungefähr 30000 € brutto (86 €/Hennenplatz) teure Einstiegsmodell „Regio“ bietet auf 32 m2 Platz für 288 Hennen.


Ab jetzt war die bisherige Kälberweide Hühnerland für die Lohmann Brown-Hennen, die ein Züchter mit 18 bis 19 Wochen aus Itzehoe liefert. Nächste Marketingschritte waren Flyer und Zeitungsanzeigen, wobei Letztere laut Malte nichts bewirkten. Den Durchbruch brachten vielmehr lokale Zeitungsberichte über den Bauernjungen mit dem versetzbaren Hühnerstall.


Das Geschäft begann zu boomen und die Nachfrage überstieg das Angebot. Wenige Monate später schon baute der Jungunternehmer eine Autogarage zur Packstelle samt Eiersortiermaschine und Stempelanlage um. „Der Stempel ist nötig, weil ich nur so Eier an Wiederverkäufer liefern darf. Außerdem mussten wir einen Strichcode registrieren lassen“, berichtet Malte.


Dann kam Edeka:

Neben dem eigenen Hofstand und Privathaushalten kamen vermehrt Hofläden und Milchautomaten zum Kundenkreis dazu. Ein echter „Knaller“ war jedoch die Chance, an den örtlichen Edeka-Händler liefern zu können. Hartnäckig hatte der Schüler hier wiederholt vorgesprochen, bis er endlich einen Platz im Regal erhielt: „Gutes aus Dithmarschen“ und „Eier aus Freilandhaltung mit Mobilställen vom Hof Timm“, so die Slogans auf Plakaten, die er daneben aufhing. Das Regional-Konzept ging auf: Preislich sind die Timm-Eier zwischen der konventionellen Freilandhaltung und den Bioeiern angesiedelt. „Die bisherigen konventionellen Eier bei Edeka stammten aus dem anonymen Großhandel, das war die entscheidende Marktlücke“, erinnert sich Malte.


Einzige Bedingung des Händlers: Kontinuierlich gleich hohe Liefermenge und bloß keine Engpässe. „Und Zuverlässigkeit ist das A und O“, weiß Timm.


Er bestellte 20000 Eierpappen mit dem deutlichen Hinweis auf die Tourismus-Region Dithmarschen und legte verschiedene Strichcodes für Bepreisung der Eierklassen M, L etc. an. Im LEH-Regal steht die 10er-Packung Eier nun für 2,99 €, im eigenen Hofladen für 2,70 €. 15 kleine Eier der Junghennen gibt’s im praktischen Tragekörbchen für 2,50 €. „Das sind 20 Cent mehr als bei den Mitbewerbern, aber regional zieht“, so der Schüler. Der Erlös liegt 25 bis 50% unter dem Ladenpreis. Das alles läuft ohne Vertrag, nur mit mündlicher Absprache auf Lieferschein an Edeka.


Per Kastenwagen liefert Michaela Timm ein- bis zweimal pro Woche neue Ware an. Auch Malte räumt – sofern es die Zeit zulässt – gerne die Regale mit ein. „Ich schätze den Kundenkontakt sehr, lerne daraus viel und möchte meine Ware optimal präsentieren“, begründet er sein Engagement.


Groß im Geschäft:

Als Edeka dem Hennenhalter einen zweiten Laden-Standort anbot, setzte auf dem Hof Timm eine Expansion ein: Im November 2015 kam der zweite Stall für 850 Hennen, im Sommer 2016 sowie im April 2017 jeweils ein weiterer für je 1100 Tiere; Kaufpreis: rund 93000 € brutto pro Stall (70 €/Hennenplatz).


In der Saison gehen bei Edeka inzwischen 1000 bis 3000 Eier pro Woche über den Scanner. Weitere 2000 Eier holen die Kunden direkt ab Hof ab. Weitere Abnehmer finden sich in den nahen Tourismusorten wie Büsum sowie in der Gastronomie; eine Eisdiele etwa nimmt die kleinsten, schwer verkäuflichen Eier. Insgesamt produziert der Hof Timm pro Woche 17000 Eier, die Legeleistung liegt bei 75%.


Diese Mengen sind nur mit einer effektiven Packanlage inkl. Vakuumheber sowie Helfern zu managen. Zwei Schüler und eine Mitarbeiterin auf 450 €-Basis sammeln und sortieren täglich die Eier, pro Woche kommen hier 20 Stunden Arbeit zusammen. Vor und nach der Schule ist der Juniorchef selbst im Stall zu finden. „Kommt es, etwa vor Feiertagen, in den Regalen zu Engpässen, müssen wir auch nachmittags nochmal suchen und nachliefern“, so Malte. Seine Wochenarbeitszeit: 4 Stunden für den Morgenrundgang, 8 für Kontrolle, Fütterung, Einstreu und weitere 10 Stunden für das Eiersammeln und -sortieren. Zusammen mit der Arbeit der Helfer sowie 14 Stunden Unterstützung seiner Eltern stecken in der Hühnerhaltung somit 56 Stunden Arbeit pro Woche.


Die Belieferung einer zentralen Packstelle ist übrigens für ihn keine Alternative. „Das wäre wie bei einer Molkerei. Ich wäre nicht nur abhängig von deren Vorgaben, sondern die Auszahlungspreise wären auch sehr viel niedriger“, stellt der Schleswig-Holsteiner klar. „Und die Bioschiene wäre auch keine Option, da müsste ich 40 bis 50 Cent pro Ei verlangen, das funktioniert hier im ländlichen Dithmarschen nicht.“


Praktikertipps:

Inzwischen hat Malte Timm viel Erfahrung gesammelt und auch Lehrgeld bezahlt. „Im Aufbau der Vermarktung steckt viel Arbeit, das ist nicht zu unterschätzen. Viele machen den Fehler, und denken nur an die Haltung. Hinter dem Eierverkauf muss aber die ganze Familie stehen und mit anpacken“, sagt der Hennenhalter. Zudem müsse man flexibel sein, letztlich spreche sich die Liefer-Zuverlässigkeit rum.


Sein Rat: Bevor man mit Mobilställen einsteigt, muss die Vermarktung gesichert sein. Wenn Standort und Lage nicht passen, habe eine Direktvermarktung keine Chance. „Erst wenn der Verkauf ab Hof läuft, kommen Milchtankstellen und andere Hofläden als Abnehmer in Betracht.“


Beim LEH sieht Malte durchaus weiteres Potenzial. „Viele Eierverkäufer bleiben klein, nur wenige gehen an die Supermärkte heran.“ Besetzt sei ohnehin jeder Markt, daher seien Qualität, Zuverlässigkeit und der Preis die entscheidenden Eintrittskarten; Freude an Kundenkontakt und Kommunikation vorausgesetzt. Wer einmal gelistet ist, der bleibt. „Hofladenbesitzer als Endvermarkter sind zuverlässige Leute und bleiben treue Abnehmer“, so Timm.


Nicht zu unterschätzen sei schließlich die Informationsbeschaffung. Da es in Schleswig-Holstein kaum Geflügelberater gebe, und die Fachleute aus Niedersachsen eher auf Geflügelgroß- betriebe denn auf Direktvermarktung spezialisiert seien, musste er sich sein Wissen selbst aneignen. „Von Behördenseite wurden wir echt im Stich gelassen. Ärgerlich war zuletzt die Ungewissheit bei der Stallpflicht aufgrund der Vogelgrippe. Erst ganz spät erhielten wir Auskunft, welchen Satz - aus Freiland oder Stallhaltung - wir auf die Verpackungen drucken mussten, das war kaum umsetzbar“, ärgert sich Malte.


Ausblick:

Durch sein Fachwissen und den Erfolg ist Malte Timm heute ein gefragter Ansprechpartner: Es kommen nicht nur Vereine und Schulklassen für eine Hofführung nach Nindorf, sondern auch gleichgesinnte Geflügelhalter. Wie z.B. eine norddeutsche Facebookgruppe, die Anfang Juli auf dem Hof Timm zu Gast war.


Die Familie stellt sich nun die Frage, wo der Schwerpunkt des Betriebes künftig liegen soll. Denn laut Torsten Timm ist der Geflügelzweig inzwischen schon so bedeutend geworden, dass die Familie das nun durchrechnen lässt.


Malte jedenfalls will nach der Schulzeit ein Praxisjahr auf einem externen Hühner- sowie Milchviehbetrieb einlegen und anschließend in Kiel Landwirtschaft studieren. Bis zum Uni-Abschluss muss er den Ausbau der Eiersparte daher bremsen. In dieser Zeit kann er voll auf den Rückhalt seiner Familie bauen, ohne deren Einsatz die Hühnerhaltung in der heutigen Form gar nicht möglich geworden wäre.


Alfons Deter

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