Die unverändert große Bedeutung von Eiweißimporten für die deutsche Veredlungswirtschaft hat der „Grain Club“ in einem Positionspapier hervorgehoben und vor übersteigerten Erwartungen in Bezug auf eine mögliche Eigenversorgung mit Alternativen gewarnt.
Wie der Geschäftsführer des Deutschen Verbandes Tiernahrung (DVT) und Sprecher der im „Grain Club“ zusammengeschlossenen Branchenorganisationen, Dr. Hermann-Josef Baaken, bei der Vorstellung des Papiers gegenüber AGRA-EUROPE erklärte, wird die aktuelle Diskussion um die Eiweißversorgung der deutschen Tierhaltung maßgeblich von zwei Aspekten geprägt. Dies sei auf der einen Seite die andauernde Debatte um den Import gentechnisch veränderter Organismen (GVO), andererseits aber auch die zunehmend thematisierte Verantwortung der westlichen Industrienationen gegenüber den Ländern, aus denen die Erzeugnisse stammten.
Mit einer Stärkung der Produktion von Eiweißpflanzen im Inland solle der Anteil der als problematisch empfundenen Importe zurückgedrängt werden. Nach Darstellung Baakens stehen allerdings in Deutschland bis auf weiteres keine Alternativen für einen vollständigen Schwenk in der Eiweißversorgung zur Verfügung. Dies gelte insbesondere für Leguminosen und andere Eiweißträger, die absehbar weder in den benötigten Mengen noch Qualitäten angebaut werden könnten, um den bundesweiten Bedarf auch nur annähernd zu decken, erläuterte der „Grain Club“-Sprecher.
So gehe selbst das Bundeslandwirtschaftsministerium davon aus, dass mittel- bis langfristig bestenfalls ein Fünftel des deutschen Soja-Imports über heimische Alternativen kompensiert werden könne. Es sei daher ein Trugschluss, anzunehmen, Import-Soja „einfach so“ ersetzen zu können.
Keine unhaltbaren Versprechungen
Ein Totalverzicht auf importiertes GVO-Soja würde nach Einschätzung Baakens zudem weitere Probleme nach sich ziehen. So seien Verunreinigungen mit GVO-Spuren angesichts der riesigen umgeschlagenen Mengen kaum zu vermeiden und rechtlich ungeklärt, wenn man an einer Null-Toleranz-Strategie festhalte, erläuterte der „Grain Club“-Sprecher. Die Branche wolle daher keine Versprechungen eingehen, die praktischerweise nicht einzuhalten seien.
Baaken hält auch aus diesem Grund eine vollständige Umstellung des deutschen Eiweißfuttermarktes nicht für realistisch, kann sich entsprechende Vorgaben für klar abgegrenzte Teil- und Nischenmärkte aber durchaus vorstellen.
Die „Eiweißstrategie“ der Bundesregierung hält der „Grain Club“-Sprecher aus dieser Perspektive grundsätzlich für richtig. Kurzfristige Lösungen erwartet er wegen des dafür erforderlichen Forschungs- und Entwicklungsaufwands jedoch nicht. So fehle es momentan einfach an geeigneten Bohnen- und Erbsensorten, da rund 20 Jahre in diesem Bereich kaum gezüchtet worden sei, so Baaken. Mit steigender Nachfrage dürften die Züchter zwar auch hier geeignetes Material anbieten; dieser Prozess benötige jedoch seine Zeit.