Britische, irische und schwedische Forscher haben neue Studien vorgelegt, die einen Zusammenhang zwischen neonikotinoiden Pflanzenschutzmitteln und dem „Bienensterben“ nahelegen.
Wie Prof. Geraldine Wright vom Institut für Neurowissenschaften der Universität Newcastle anlässlich der Veröffentlichung einer von ihr betreuten Studie im Fachmagazin Nature mitteilte, können Bienen Neonikotinoide nicht schmecken und deshalb auch nicht vermeiden. Dadurch seien sie bei der Aufnahme von Nektar einem Risiko ausgesetzt. Mittlerweile gebe es sogar Hinweise darauf, dass die Insekten pestizidbelastetes Futter bevorzugten.
Neonikotinoide zielten im Nervensystem der Bienen auf dieselben Mechanismen wie Nikotin im Gehirn des Menschen, so Wright. Es sei daher nicht auszuschließen, dass die Stoffe wie eine Droge wirkten. Dies wiederum könne schwerwiegende Auswirkungen auf ganze Bienenvölker haben.
Prof. Jane Stout vom Trinity College Dublin ergänzte, die Ergebnisse legten nahe, dass die Insekten eventuell die mit Neonikotinoiden behandelten Feldfrüchte bevorzugten, selbst wenn alternative Bienenweiden in Agrarlandschaften zur Verfügung gestellt würden. Schwedische Forscher von der Universität Lund wiederum ermittelten in einem Feldversuch negative Auswirkungen der Stoffe auf Wildbienen und Hummeln, während bei Honigbienen keine Änderungen festgestellt wurden. Für die drei Neonikotinoide Clothianidin, Imidacloprid und Thiamethoxam gilt in der EU aktuell ein Verbot der meisten landwirtschaftlichen Anwendungen.
IVA weist auf "erhebliche Mängel" hin
Der Industrieverband Agrar (IVA) sieht dagegen nach einer ersten Sichtung der Studie erhebliche Mängel: So hätten beispielsweise die Forscher aus Newcastle in der Laborstudie unrealistisch hohe Konzentrationen des Wirkstoffs verwendet. Es sei daher zweifelhaft, ob so valide Aussagen für den Einsatz der Mittel in der Landwirtschaft gewonnen werden könnten.
Die schwedische Feldstudie wiederum belege erneut, dass es unter realistischen Freilandbedingungen keine Auswirkungen von Neonikotinoiden auf Honigbienenvölker gebe. Das decke sich mit früher veröffentlichten Feldstudien. Koch-Achelpöhler: „Was jedoch Wildbienen angeht, bestehen Zweifel an der Methodik, und die Autoren selbst räumen ein, dass einige ihrer Aussagen rein spekulativ sind.“ Die EFSA müsse sich bei ihrer laufenden Bewertung der Neonikotinoide auf die Gesamtheit des verfügbaren Wissens stützen.