Zum Erreichen hoher Erträge und zur Sicherstellung bester Qualitäten ist ein gezielter, integrierter Einsatz von Pflanzenschutzmitteln notwendig. Das hat der Phytopathologe Prof. Joseph Alexander Verett von der Universität Kiel klargestellt.
Im Gespräch mit dem Bauernblatt Schleswig-Holstein wies Verrett darauf hin, dass es solch hochwertige Produkte wie heute in der Vergangenheit nie gegeben habe. Ganz klar hätten echte oder initiierte Lebensmittelskandale für Verunsicherung gesorgt. „Aber: Bei aller Kritik muss man dem chemischen Pflanzenschutz zuschreiben, dass die Lebenserwartung der Menschen steigt. Das lässt sich nicht allein auf den medizinischen Fortschritt zurückführen, sondern in starkem Maße auch auf die erhöhte Qualität von Nahrungsmitteln in einer stabilen und ausreichenden Menge“, betonte der Wissenschaftler.
In der Historie habe es Jahre gegeben, in denen bestimmte Krankheitserreger zu Totalverlusten geführt hätten. „Unsere Vorfahren behandelten damals Saatgut mit Arsen und Quecksilber. Das muss man sich heute mal vorstellen“, sagte Verrett. Hier habe die interdisziplinäre Forschung in Zusammenarbeit mit der landwirtschaftlichen Praxis gewaltige Fortschritte gemacht.
Aufwendungen deutlich gesunken
Verett wies darauf hin, dass das Institut für Phytopathologie der Universität Kiel seit 22 Jahren Bekämpfungsschwellenwerte gegen Krankheitserreger entwickle. Mit Hilfe moderner Prognosemodelle wie des Integrierten Pflanzenschutzsystems (IPS) gelinge es, die Aufwandmengen deutlich zu verringern. Allein beim Weizen könne man inzwischen anstatt der bislang üblichen drei bis vier Fungizidspritzungen heute mit 1,9 Behandlungen auskommen - und das bei einem mehr als halbierten Mitteleinsatz sowie gleichbleibender Ertrags- und Befallskontrolle. Im Rahmen des Wissentransfers könnten die Modelle von den Landwirten im Internet genutzt werden.
„Um es klar zu sagen: Durch den chemischen Pflanzenschutz und andere phytosanitäre ackerbauliche Maßnahmen und die Pflanzenzüchtung wird der chemische Pflanzenschutz auf das absolut notwendige Mindestmaß beschränkt“, betonte der Kieler Wissenschaftler. Das gehöre heute zur guten fachlichen Praxis.
Fachleute beim Gutachten außen vor
Zum Ökolandbau stellte Verett fest, dass dieser aus phytosanitären Gründen eine deutlich andere Fruchtfolgegestaltung als der konventionelle Ackerbau erfordere. Die Fruchtwechsel seien weiter und Monokulturen problematisch.
„Auf einem Hochertragsstandort wie Schleswig-Holstein aus ideologischen Gründen auf Menge und Qualität verzichten zu wollen, halte ich für unverantwortlich“, so der Phytopathologe zur Vorstellung, nur noch Ökolandbau zu betreiben. Abgesehen davon würden auch im ökologischen Landbau nachweislich Pestizide eingesetzt.
Mit Blick auf die von Landwirtschaftsminister Dr. Robert Habeck vorgeschlagene Pflanzenschutzsteuer erklärte Verett, das ihn dieses Vorhaben vor dem Hintergrund dessen, dass es heute hochqualitative Nahrungsmittel gebe, ärgere, denn es sei ein politisches Ziel, „das fachlich einseitig untersucht wurde und sowohl Landwirte als auch die Bevölkerung verunsichert“.
An dem von Habeck in Auftrag gegebenen Gutachten des Helmholtz-Zentrums hätten Toxikologen, ein Ökonom, ein Jurist und ein Sozialwissenschaftler gearbeitet. Kein einziger Fachexperte des allumfassenden Fachgebiets Pflanzenschutz, der sogenannten Phytomedizin, sei beteiligt gewesen, kritisierte Verett. Demnach seien auch keine fachlichen Argumente aus Sicht der Phytomedizin berücksichtigt worden. Der Pflanzenschutzexperte beklagte in dem Zusammenhang: Wenn man ein bestimmtes Ziel erreichen wolle, lasse man Fachleute leider gern außen vor.