Pflanzenschutz ist im modernen Ackerbau unverzichtbar; Forschung und Praxis stehen jedoch in der Verantwortung, die notwendige Intensität der Anwendung stetig zu überprüfen und an Umwelt- sowie Verbraucheraspekten auszurichten. Zu diesem Fazit kamen die Referenten beim diesjährigen Pflanzenschutz-Kolloquium der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG), das vergangene Woche in Berlin stattgefunden hat.
Chemische Pflanzenschutzmittel schützen nach Angaben von DLG-Vorstandsmitglied Martin Umhau in der richtigen Dosierung Kulturpflanzen vor Unkräutern, Schädlingen und Krankheiten. Sie sicherten dadurch Erträge und Qualität und leisteten somit einen wichtigen Beitrag zur Ernährungssicherung. „Trotzdem ist der Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel in der Gesellschaft umstritten“, stellte Umhau fest; dabei sei vielen oft nicht bewusst, dass keine anderen Substanzen so intensiv untersucht würden wie die Wirkstoffe von Pflanzenschutzmitteln.
Rückendeckung erhielt er in diesem Punkt von der Leiterin der Abteilung „Risikokommunikation“ im Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Dr. Gaby-Fleur Böl, die in ihrem Vortrag die vergleichsweise geringe Gefährdung des Verbrauchers durch Wirkstoffreste in Lebensmitteln hervorhob.
Die Leiterin des Pflanzenschutzamts der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Dr. Carolin von Kröcher, und der Pflanzenbauberater Dr. Stephan Deike von der Landberatung in Wefensleben gaben Einblicke in den Integrierten Pflanzenschutz (IPS) als Leitbild des modernen Ackerbaus, während der Leiter des Fachgebiets Pflanzenschutzmittel im Umweltbundesamt (UBA), Dr. Jörn Wogram, auf wichtige Umweltaspekte bei der Behandlung von Pflanzen hinwies. Der Geschäftsführer von Bayer CropScience, Dr. Helmut Schramm, machte seinerseits deutlich, dass innovativer Pflanzenschutz auch in Zukunft wichtig ist.
Kritik ernst nehmen
Umhau forderte, die in der Gesellschaft verbreitete und oft rein emotional motivierte Kritik an Pflanzenschutzmitteln und ihrer Anwendung ernst zu nehmen. Er führte hierzu das Beispiel Neonikotinoide (NNI) an, die für das Massensterben der europäischen Bienenpopulation verantwortlich gemacht werden und im April mit einem von der Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten befürworteten Verbot belegt wurden.
Das DLG-Vorstandsmitglied räumte ein, dass NNI in großen Mengen den Orientierungssinn von Bienen stören könnten, betonte jedoch, dass beim Ausbringen üblicher Aufwandsmengen kein Schaden für die Insekten zu erwarten sei. Umhau kritisierte zudem, dass die EU und ihre Mitgliedsländer die vielen anderen möglichen Ursachen für das Bienensterben weitgehend ignoriert und stattdessen mit dem NNI-Beizmittel einen minderkritischen Punkt herausgegriffen hätten. In der Folge schwenke man nun zwangsweise vom umweltschonenden Beizen des Rapssaatguts auf die weniger effiziente flächige Anwendung von Pflanzenschutzmitteln um.
Der Landwirt warb angesichts solcher Fehlentwicklungen für die stärkere Berücksichtigung fachlicher Kriterien und für mehr Rationalität im Zulassungsprozess.