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Biokraftstoffe geraten weiter unter Druck

Auf der NRW-Biokraftstofftagung vergangene Woche auf Haus Düsse informierten die Referenten über neue Hürden, die Pflanzenöl, Biodiesel, Ethanol und Biomethan drohen.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Verkehrssektor ist seit Jahren das Stiefkind der Energiewende. Nicht einmal 6 % des Biokraftstoffmarktes decken alternative Kraftstoffe wie Biodiesel oder Bioethanol. Doch anstatt diese Kraftstoffe wieder auszubauen, errichtet die EU-Kommission genau wie die Bundesregierung immer neue Hürden, die den Einsatz erschweren. Hierüber informierten auf der NRW-Biokraftstofftagung vergangene Woche mehrere Referenten. Die Tagung wird jährlich veranstaltet u.a. von der Landwirtschaftkammer Nordrhein-Westfalen, dem Versuchs- und Bildungszentrum Landwirtschaft Haus Düsse und der Energieagentur Nordrhein-Westfalen.


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„Der flächendeckende Einsatz von Biokraftstoffen scheitert an den Rahmenbedingungen.

Aktuell gibt es im Referentenentwurf zum Energiesteuergesetz wieder Vorschläge zur Besteuerung von Pflanzenöl als Kraftstoff für landwirtschaftliche Maschinen. Die Auswirkungen auf die Branche wären fatal“, berichtete Dr. Arne Dahlhoff, Leiter des Versuchs- und Bildungszentrums Haus Düsse. Das sei angesichts der Diskussion um Klimaschutzplan und das Pariser Klimaschutzabkommen um so unverständlicher. „Die darin ambitioniert festgelegten Ziele werden kaum zu erreichen sein, wenn wir nicht endlich Fortschritte bei der Treibhausgas-Einsparung im Verkehrssektor erzielen“, warnte Dahlhoff. Biokraftstoffe würden neben der Elektrifizierung eine Schlüsselrolle im Verkehrssektor spielen. 


Dieter Bockey von der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen (UFOP) aus Berlin fragte, woher bei einer Dekarbonisierung des Energiesystems der benötigte Kohlenstoff kommen soll. „Man muss lösungsorientiert über das Problem reden, auch Lösungen aufzeigen bei der Biomasse, anstatt immer nur über Teller-Tank zu sprechen“, kritisierte der Biokraftstoffexperte.


Stattdessen ist der Biokraftstoffmarkt seit Jahren rückläufig, wie Bockey aufzeigte. Im Jahr 2015 wurden 1,6 Mio. t Biokraftstoffe beigemischt, im Jahr 2007 waren es noch mit Beimischung und Reinkraftstoffverkauf 4 Mio. t. Damit hat sich Menge in den letzten acht Jahren rund halbiert. Die deutschen Hersteller produzieren insgesamt 3 Mio. t Biodiesel. Die Differenz von 1,4 Mio. t wurde im letzten Jahr exportiert.


Für für Biodiesel und Pflanzenöl bauen die Landwirte in Deutschland rund 700.000 ha Raps an. „Das zeigt, wie bedeutsam der Biokraftoffmarkt für den Rapsanbau ist“, stellte Bockey fest. Rein rechnerisch wird also fast die gesamte Rapsernte in Deutschland zu Pflanzenöl für die Biodieselproduktion verarbeitet. Auch 75 % der europäischen Rapsernte gehen in den Kraftstoffmarkt. „Aber der Rapsanbau ist nicht nur wichtig für die Kraftstoffproduktoin, sondern auch für gentechnikfreies Futter, was vor allem von Milcherzeugern im Zuge der Milchkrise wichtig geworden ist“, führte Bockey aus. Das löse Nachfrage nach Rapsschrot aus.

Bockey kann nicht verstehen, dass Deutschland Steuergelder in Höhe von 1 Mrd. Euro für Elektromobilität und Biogas-Infrastruktur (CNG/LNG), aufbringen will, um eine neue Infrastruktur aufzubauen. „Bei den etablierten Kraftstoffe bräuchten wir das Geld nicht“, kritisierte er.


Zudem will die Bundesregierung jetzt eine gesetzliche Regelung aufheben, die den Biokraftstoffen bislang sehr geholfen hat. Die Mineralölindustrie konnte bislang nur die Quote zur Treibhausgasminderungspflicht erfüllen, in dem sie Biokraftstoffe beimischt. Das will die Bundesregierung ändern. Künftig sollen Mineralölkonzerne Biokraftstoffkomponenten auch schon im Raffinerieprozess einmischen dürfen. Die Bundesregierung nennt das Coprocessing. „Wir haben die Sorge, dass die Mineralölindustrie zertifiziertes Palmöl statt Rapsöl nimmt, weil es billiger ist“, sagte Bockey.


Auch will die Bundesregierung Kraftstoff wie z.B. Wasserstoff aus Power-to-Gas-Anlagen neu in die Treibhausgasbilanz berücksichtigen. „Wenn nachgewiesen wird, dass tatsächlich Windkraftstrom verwendet wurde und nicht der Strommix aus der Steckdose, soll für den Kraftstoff ein Minderungsfaktor von 0,33 g CO2/MJ angerechnet werden. Das ist erheblich besser als das, was jeder Biokraftstoff momentan leisten kann“, warnte Bockey. Das heißt, dass Biokraftstoffe gegenüber diesem neuen Kraftstoff rein rechnerisch erheblich schlechter gestellt werden, es also für MIneralölkonzerne ein Anreiz besteht, mehr auf diese Alternative zu setzen.


Ähnliches berichtete Peter Jürgens vom Zertifizierer RedCert aus Bonn. „Bei der Treibhausgas-Reduktion ist es anscheinend nicht eine Frage der Technik oder Machbarkeit, sondern wie viel Minderung theoretisch angerechnet werden darf.“ So hätten Deutschland und die EU mit den Biokraftstoffen hervorragende Produkte in der Breite.. Aber deren Perspektiven seien alles andere als rosig. So will die EU die Verwendung von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse wie Raps oder Zuckerrüben massiv einschränken. „Da diese Menge EU-weit festgesetzt wird, ist das nach unserer Einschätzung das Ende der Entwicklung eines ganze Wirtschaftssektors“, befürchtet Jürgens.


Und er nannte noch ein weiteres Beispiel dafür, wie die EU per Definition Biokraftstoffe schlechter stellen wird. Die EU will die Reduktion von Treibhausgasemissionen bei der Förderung von Erdöl und Erdgas mit auf die Treibhausgas-Einsparung anrechnen. Diese „Upstream Emission Reduction“ (UER) bezieht auf Begleitgase, die bei Förderung von Erdöl und Erdgas entstehen. Das ist vor allem Methan, aber auch Kohlendioxid. „Wenn es technisch gelingt, diese Gase aufzufangen und zu nutzen, könnte sich die Treibhausminderung ganz ohne Biokraftstoffe erreichen lassen“, nannte Jürgens die Folgen. Auch wenn dabei noch viele Fragen offen wären, steht für ihn fest: Wenn die Mineralölindustrie selbst ein Instrument hat, das Klimaschutzziel zu erreichen, wird sie nicht mehr auf die Biokraftstoffe setzen. Jürgens Fazit: Der politische Druck auf die klassischen Biokraftstoffe steigt. „Im Moment haben wir keine volatilen Märkte, sondern volatile Rahmenbedingungen.Wir müssen uns aber dafür einsetzen, dass alle Möglichkeiten zur Treibhausgasminderung bewertet und einbezogen werden.“

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