Die EU will offensichtlich den Bau neuer Atomkraftwerke subventionieren. Zwar dementiert Brüssel konkrete Pläne. Was allerdings bislang durchsickert, lässt keinen anderen Schluss zu.
Danach will EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia für den Energie- und Umweltbereich so genannte "Beihilfe-Leitlinien" erlassen. Für andere Wirtschaftsbereiche hat die EU bereits ähnliche Regelungen getroffen. Sollten diese auch für den Bau von Kernkraftwerken eingeführt werden, kann Brüssel die Energiewirtschaft immer dann finanziell fördern, wenn aus Sicht der Bürokraten nicht genügend Kraftwerke gebaut werden. Und das ist mittlerweile europaweit der Fall. Denn eine Investition zahlt sich kaum noch aus.
Die EU unterschätzt die Kosten
Zu diesem Schluss kommt auch eine aktulle Stellungnahme des Deutschen Institutes für Wirtschaftsforschung (DIW). Dort heißt es, die EU überschätze die Kosten der Erneuerbaren deutlich. Dagegen werde Atomstrom billig gerechnet. Auch die Hoffnungen der EU auf eine sauberere Kohleverstromung durch CO2-Abscheidung würden sich nicht erfüllen, so die DIW-Energieexpertin Claudia Kemfert laut Focus Online am Mittwoch in Berlin.
Kemfert sieht die EU in diesem Zusammenhang auch auf einer falschen Fährte. In Brüssel rechne man mit einem weiteren Ausbau der Atomkraft, weil der Strom aus den Meilern nach Ansicht der Bürokraten immer günstiger werde. Mittlerweile sei aber zum Beispiel Strom aus Reaktoren in Finnland dreimal so teuer wie noch im Jahr 2006. In Großbritannien würden sich neue Atomkraftwerke gar nicht rechnen. Kosten für die Endlager oder gar für Unfälle würden nicht einmal in die Berechnungen der EU einfließen.
Die Ausgaben für Strom aus Wind oder Sonne habe die EU dagegen massiv überschätzt. Gerade Solarstrom sei bereits jetzt so günstig, wie es die EU erst für 2040 oder 2050 vorhersage, sagte Kemfert laut Focus.
Der Versuch ist absurd
"Der Versuch der EU-Kommission einer Branche, die ihre Zukunft längst hinter sich hat, mit Staatsgeldern neues Leben einzuhauchenk, ist anachronistisch und absurd. Er ignoriert die verheerenden Erfahrungen von Harrisburg, Tschernobyl und Fukushima und Dutzende von Beinahe-Katastrophen in den vergangenen Jahrzehnten", wettert der Leiter Politik und Presse der Deutschen Umwelthilfe (DUH), Gerd Rosenkranz.
"Vor allem aber zeigt der Vorstoß der EU-Kommission erneut, dass Atomkraft in einem Strommarkt nirgendwo auf der Welt eine ökonomische Chance hat, sich durchzusetzen: Sie funktioniert nur ohne Strommarkt, als staatliche Veranstaltung oder hochsubventioniert durch Steuergelder. Nicht nur die Katastrophenrisiken der Atomkraft sind einzigartig. Sie ist auch weltweit und in der Wirtschaftsgeschichte die einzige Technologie, die fast sechzig Jahre nach ihrem kommerziellen Start erneut staatliche Markteinführungshilfen für sich beansprucht." so Rosenkranz weiter. (-ro-)