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Bundesregierung will Atomausstieg neu finanzieren

Ein Gesetzespaket zur Finanzierung für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls stößt auf heftige Kritik der Erneuerbaren-Energien-Branche. Es sei ein Geschenk an die Kernkraftwersbetreiber.

Lesezeit: 5 Minuten

Mitten in der Diskussion um die Kosten der Energiewende präsentiert die Bundesregierung ein neues Gesetzespaket zur Finanzierung des Atomausstiegs. Ziel der Gesetzesvorhaben ist es, die Finanzierung für Stilllegung, Rückbau und Entsorgung des Atommülls langfristig sicherzustellen. Die Bundesregierung folgt damit nach eigenen Angaben den Empfehlungen der Kommission zur Überprüfung der Finanzierung des Kernenergieausstiegs (KFK) vom April 2016.


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Als Neuerung wird es künftig einen öffentlich-rechtlichen Fonds geben, den die Atomkraftwerksbetreiber finanzieren. Der Fonds soll die Zahlungen der Unternehmen einnehmen, verwalten und auszahlen. Die Kraftwerksbetreiber werden danach verpflichtet, einen Betrag von rund 17,4 Milliarden Euro in diesen Fonds einzuzahlen. Gegen einen zusätzlichen Risikoaufschlag von rund 35 Prozent können sie sich von der

Verpflichtung für etwaige Nachschüsse an den Fonds befreien lassen. Dieser Fonds deckt die Kosten für die Zwischen- und Endlagerung von Atommüll aus deutschen Kernkraftwerken. Für die Zwischen- und Endlagerung will der Bund die Verantwortung übernehmen. Im Gegenzug sollen die Betreiber der Kernkraftwerke auch weiterhin dafür zuständig bleiben, die Stilllegung, den Rückbau und die fachgerechte Verpackung radioaktiver Abfälle abzuwickeln und zu finanzieren.


Mit dem „Entsorgungsübergangsgesetz“ soll die Verantwortung für die Finanzierung  der Zwischen- und Endlagerung von den Betreibern auf den Bund übergehen. Zur Organisation der Zwischenlagerung soll ein bundeseigener Zwischenlagerbetreiber gegründet werden, der die Zwischenlager von den Betreibern übernimmt.


Mit dem Transparenzgesetz und dem Nachhaftungsgesetz will der Bund zusätzlich für mehr Sicherheit bei den finanziellen Rücklagen der Betreiber für diese Aufgaben sorgen. Während das Transparenzgesetz Auskunftspflichten gegenüber dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, aber auch Anforderungen an die Rückstellungen der Kernkraftwerksbetreiber beinhaltet, soll das Nachhaftungsgesetz die Haftung von Unternehmen für ihre Betreibergesellschaften regeln. Diese Haftung soll für die Kosten von Stilllegung und Rückbau der Kernkraftwerke sowie für die Zahlungsverpflichtungen an den Fonds gelten.


Als „Geschenke an die Atomwirtschaft“ bewertet der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) das Gesetzesvorhaben. Rückstellungen der Atomkonzerne in Höhe von etwa 23,5 Mrd. Euro sollen mit dem Gesetzespaket an den Bund übergehen. „Viel zu wenig“, kritisiert BEE-Geschäftsführer Dr. Hermann Falk, Geschäftsführer des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). „Die Atomkonzerne haben über Jahrzehnte Subventionen erhalten und gute Gewinne mit ihrem Strom gemacht. Jetzt sollen sie sich von der Verantwortung für den schwierigen Atommüll freikaufen dürfen.“


Falk bemängelt, dass die Bundesregierung die Kosten für die Atomkonzerne deckeln will, ohne genau zu wissen, welche Gesamtkosten für die Atommüllentsorgung auf Deutschland zukommen werden. „Bei den 23,5 Mrd. Euro handelt es sich voraussichtlich nur um einen Bruchteil der Gesamtkosten, vor allem wenn man die Halbwertszeiten von radioaktiven Nukliden von vielen Millionen oder sogar Milliarden Jahren berücksichtigt. Alles, was über die Rückstellungen hinausgeht, muss dann von der Allgemeinheit, also den deutschen Bürgern übernommen werden.“ Nach einer Berechnung des Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) ist die Stromerzeugung aus Atomenergie in den Jahren von 1970 bis 2014 mit rund 190 Mrd. Euro gefördert worden. Die Bundesregierung schätzt selbst, dass die Kosten für Stilllegung, Rückbau und Lagerung bis zu 170 Mrd. Euro betragen können.


Zugleich will die Bundesregierung die Brennelementesteuer zum Ende des Jahres 2016 auslaufen lassen. „Ein weiteres Geschenk an die Atomkonzerne“, meint Falk. Dabei könnten laut BEE gerade die Einnahmen aus der Brennelementesteuer einen Teil der Atommüllentsorgung finanzieren. „Es ist bedauerlich, dass die Bundesregierung auf diese Weise das von ihr selbst propagierte Verursacherprinzip nun mit einem Gesetz großflächig umgehen will.“


„Mit diesem Gesetzesentwurf bürdet die Regierung den Steuerzahlern den Großteil der Kosten für die Lagerung des Atommülls auf“, erklärt auch Franziska Buch, Energiereferentin am Umweltinstitut München. „Es ist das Ende des Verursacherprinzips: Mit einer lächerlich geringen Ablasszahlung können sich die Energiekonzerne aus der Haftung für zukünftige Kostensteigerungen freikaufen.“ Besonders makaber sei laut Umweltinstitut: Lässt die Regierung, wie aktuell geplant, die Brennelementesteuer Ende 2016 auslaufen, würden die AKW-Betreiber die sechs Mrd. Euro, die ihnen als Gegenleistung für die Befreiung von den Kostenrisiken abgenommen werden, als Steuergeschenk wieder zurück erhalten. Das Umweltinstitut fordert daher die Beibehaltung der Brennelementesteuer bis 2022.


Das Institut bemängelt weiter, dass die Regierung vor allem die derzeit schlechte wirtschaftliche Lage der AKW-Betreiber im Blick habe und diese mit dem Gesetz entlasten wolle. Stattdessen müsse die Nachschusspflicht in den Fonds bei Kostensteigerungen erhalten bleiben, insbesondere wenn die Unternehmen mit neuen Geschäftsfeldern wieder Gewinne machen. „Die Energiekonzerne haben in den letzten 15 Jahren fast 50 Mrd. Euro an ihre Aktionäre ausbezahlt. Dieses Geld steht heute für die Atommülllagerung nicht mehr zur Verfügung“, sagt Buch.  Es könne nicht sein, dass die Konzerne auch in Zukunft Milliardenbeträge an ihre Aktionäre ausschütteten, die Atom-Folgekosten aber auf die Allgemeinheit abwälzen würden. 



Das Umweltinstitut kritisiert auch das Vorgehen der Regierung bei der Erarbeitung des Gesetzesentwurfs: Die Bedenken der Energiekonzerne wurden in wochenlangen Verhandlungen gehört und eingearbeitet. Länder, Verbände und zivilgesellschaftliche Organisationen hingegen bekamen genau 1,5 Arbeitstage Zeit, um Stellungnahmen einzureichen. Eine mündliche Anhörung für diese Akteure sei nicht vorgesehen gewesen. 


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