Das Anbieten von Regelenergie, insbesondere die Sekundärregelleistung, war in jüngster Vergangenheit der interessanteste Markt für Biogasanlagen in der Direktvermarktung. Das ändert sich jedoch, wie das jetzt abgeschlossene Forschungsprojekt „Vermarktung Biogasstrom“ der Leuphana-Universität Lüneburg zeigt. In dem von der EU geförderten Regionalentwicklungsprojekt, dessen Ergebnisse die Wissenschaftler am Dienstag Abend in Dorfmark (Niedersachsen) vor über 50 Biogasanlagenbetreibern präsentierten, hat die Uni zwei Jahre lang die Vermarktung anhand von Zahlungsstrommodellen, Marktdaten und Befragungen von Stromhändlern und Kreditinstituten analysiert und bewertet. Ziel war es, die Betreiber von Biogasanlagen bei ihrer betriebs- und finanzwirtschaftlichen Entscheidung zu unterstützen.
Was die Wissenschaftler festgestellt haben: Der Markt für die Regelenergie, die die Übertragungsnetzbetreiber zur Frequenzhaltung im Stromnetz regelmäßig abrufen, ist aktuell im Umbruch. So sind die Erlöse bei der Sekundärregelleistung und der Minutenreserve stark gefallen. Zwar bietet die Primärregelleistung, die innerhalb von 30 Sekunden abgerufen wird, deutlich mehr Potenzial. Allerdings sind die technischen Anforderungen höher, sodass sie nicht für alle Anlagenbetreiber infrage kommt.
„Die Preisentwicklung im Regelenergiemarkt ist nur schwer abschätzbar“, fasst Daniela Wachter die Ergebnisse zusammen. Zudem hat die Zahl der Anbieter, also der Stromhändler und Biogasanlagenbetreiber, vor allem bei der Sekundärregelleistung stark zugenommen, der Markt ist jedoch auf 2000 bis 2500 MW begrenzt. „Deshalb empfehlen wir, auch andere Vermarktungsformen zu prüfen, vor allem die flexible Fahrweise zur bedarfsgerechten Stromeinspeisung“, rät Wachter. Dabei liefern die Betreiber nur zu den Stunden tagsüber Strom, an denen der Strompreis am höchsten ist, also vor allem vormittags und nachmittags.
Bei der Zahl der Direktvermarkter hat eine Marktbereinigung eingesetzt, die weiter voranschreitet. Einige der 32 von der Uni Lüneburg untersuchten Direktvermarkter sind bereits vom Markt verschwunden. Neben den neu gegründeten Handelsunternehmen drängen auch immer mehr große, etablierte Energieversorger in den Markt. „Bei Wahl des Stromhändlers sollten Anlagenbetreiber darauf achten, dass er kompetent ist und über einen großen Pool an Anlagen verfügt“, erklärt Mathias Schneider (Uni Lüneburg), der ebenfalls am Projekt mitgearbeitet hat. Erfahrene Direktvermarkter können auch einen höheren Erlös für den Anlagenbetreiber erwirtschaften und ausbezahlen, wie die bisherigen Erfahrungen zeigen. Die Uni will die Ergebnisse des Projekts jetzt in einem Leitfaden als Handlungsempfehlung für Anlagenbetreiber zusammenfassen.
Wie sich in der anschließenden Diskussion in Dorfmark zeigte, haben bereits viele Anlagenbetreiber Erfahrungen mit der Direktvermarktung gemacht. Allerdings gibt es auch noch Skepsis bezüglich der Flexibilitätsprämie. „Wer sagt uns, dass sie für zehn Jahre sicher ist?“, fragte ein Teilnehmer mit Blick auf die jüngsten Eingriffe in die Förderung bestehender Anlagen wie z.B. die nachträgliche Einführung der Höchstbemessungsleistung. Auch gäbe es noch viele Unsicherheiten und Hürden bei einigen Genehmigungsbehörden oder Energieversorgern, wenn ein Landwirt seine Biogasanlage für den flexiblen Betrieb aufrüsten will.
