Offensichtlich versucht Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), die Novelle des Erneuerbare-Energie-Gesetzes deutlich zu beschleunigen. Im April einigte sich die Regierung auf einen Kabinettsentwurf, die wesentlichen Verhandlungen im Bundestag und –rat stehen im Juni und Juli an. Dennoch mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Regierung noch in dieser Woche einen Großteil der Änderungen an dem Gesetz beschließen will. Das bestätigte auch der Bundestagsabgeordnete Dr. Andreas Lenz von der CDU/CSU-Fraktion gegenüber top agrar.
Danach steht die Große Koalition unter Druck: Sie muss die Gesetzesvorlage noch von der EU bis Ende Juni prüfen und absegnen lassen. Erst danach stehen dann die letzten Verhandlungen im Bundestag und –rat an. Die Zeit drängt daher. An kleinen Stellscharuben werde aber sicherlich auch in den kommenden Wochen noch „gedreht“, sagt Lenz.
Bestandschutz für Altanlagen noch offen
So werde beispielsweise derzeit noch darüber diskutiert, Betreibern von Altanlagen größtmöglichen Bestandsschutz zu gewähren. Unter anderem macht sich Lenz dafür stark, die so genannte Höchstbemessungsleistung doch noch zu kippen. Zum Verständnis:Wenn Bestandsanlagen künftig mehr Strom als nach der sogenannten Höchstbemessungsleistung erzeugen, sieht das Wirtschaftsministerium für den Überschuss nur noch den Börsenpreis vor. Der liegt aktuell bei drei bis vier Cent je Kilowattstunde (ct/kWh). Als Höchstbemessungsleistung definiert die Regierung im Übrigen die max. Leistung, die ein Kraftwerk jemals im Schnitt eines Jahres vor dem 1.08.2014 erzeugt hat. Beispiel: Eine Anlage mit 300 Kilowatt installierter Leistung (kW) hat im Jahr 2008 2,25 Mio. kWh erzeugt, ein Jahr später 2,40 Mio. kWh und in 2010 etwa 2,55 Mio. kWh.
Die Höchstbemessungsleistung beträgt somit 291 kW (2,55 Mio. kWh geteilt durch 8 760 h/a).
„Offen ist nach wie vor auch, ob der Bonus für die Gaseinspeisung gestrichen wird“, sagt Lenz. Man denke außerdem darüber nach, die 150-Tage Regel für güllebasierte Kleinanlagen (bis 75 Kilowatt Leistung) abzuschaffen. Diese schreibt nämlich vor, dass das Substrat mindestens 150 Tage lang, gasdicht in den Minianlagen vergoren werden muss. Der Gesetzgeber will so vermeiden, dass zu viel unvergorenes Substrat die Anlage verlässt und anschließend noch Methan in die Umwelt entweicht. Kritiker halten die Frist von rund vier Monaten für übertrieben. Die Vorschrift sei dann sinnvoll, wenn beispielsweise Energiepflanzen zum Einsatz kommen. Bei einem Substratmix mit einem hohen Gülleanteil hingegen nicht, da der Reststoff von den Bakterien sehr schnell abgebaut werde.
Doch keine EEG-Umlage auf Eigenverbrauch?
Nach wie vor nicht geklärt sind ebenfalls die Regeln für den Eigenverbrauch von selbsterzeugtem Ökostrom. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will die Selbstverbraucher zur Kasse bitten und einen Teil der EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch erheben. „In diesem Punkt gibt aber es noch keine Einigung“, so Lenz.
Kompromissbereitschaft signalisierte die Regierung auch bei den Übergangsfristen für Erweiterungen von Biomasseanlagen. Für die Betreiber von Biomasseanlagen, die 2012 und 2013 in Erweiterungen investiert haben, sollen die Übergangsreglung nun so geändert werden, „dass unangemessene Belastungen für Betreiber von Bestandesanlagen vermieden“ werden. Ein entsprechender Vorschlag soll im weiteren Gesetzgebungsverfahren vorgelegt werden.
So sieht der weitere Fahrplan aus:Mitte Juli folgen zwei weitere Lesungen im Abgeordnetenhaus und die Abstimmung im Bundesrat. Noch bleibt somit Zeit für Korrekturen. Allerdings rechnen Experten nicht damit, dass sich an der grundlegenden Ausrichtung des Entwurfes viel ändern wird. Dafür ist die Opposition im Bundestag zu klein und auf die Forderungen der Bundesländer ist die Regierung bereits weitestgehend beim Energiegipfel Anfang April eingegangen. Zudem ist der Bundesrat nicht zustimmungspflichtig und kann das Inkrafttreten des Gesetzes maximal verzögern.