Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus News

EU will Einspeisevorrang für erneuerbaren Strom kippen

Gestern hat die EU-Kommission ihr EU-Energiepaket verabschiedet. Das Paket stößt bei Befürwortern der erneuerbaren Energien auf harsche Kritik.

Lesezeit: 5 Minuten

Am 30.11.2016 hat die EU-Kommission ein umfassendes Energiepaket verabschiedet, mit dem die Energiepolitik Europas neu ausgerichtet werden soll. Wie verschiedene Verbände berichten, plant die EU u.a. folgendes:

  • Das Winterpaket umfasst vier Richtlinien und vier Verordnungen.
  • Dazu gehören eine neue Energieeffizienzrichtlinie, die Weiterentwicklung der Gebäuderichtlinie, eine neue Erneuerbaren Energien-Richtlinie und ein neues europäisches Strommarktdesign sowie ein Vorschlag für eine bessere Koordinierung der nationalen Energiepolitiken durch abgestimmte nationale Klima- und Energiepläne (sog. Governance-Verordnung).
  • Das Paket soll auch die Beschlüsse des Europäischen Rates vom Oktober 2014 zu den europäischen Klima- und Energieziele für 2030 umsetzen.
  • Die EU-Kommission will grundsätzliche Prinzipien für die Ausgestaltung der Fördersysteme für erneuerbare Energien aufstellen.
  • Die Mitgliedstaaten soll 27 % des Endenergieverbrauchs bis 2030 aus erneuerbaren Energien decken.
  • Sie will den Einspeisevorrang für erneuerbare Energien einschränken: Wenn Ökostrom einen Anteil von 15 Prozent an der Stromerzeugung erreicht hat, sollen nur noch Anlagen mit einer Leistung unter 250 kW bevorzugt einspeisen dürfen.
  • Grenzüberschreitende Ausschreibungen sollen Pflicht werden.
Der wirtschafts- und energiepolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Joachim Pfeiffer, der als Kritiker des deutschen EEG bekannt ist, begrüßte die Vorschläge: „Das heute veröffentlichte Winterpaket der Kommission ist ein wichtiger Schritt zur Stärkung des europäischen Binnenmarkts.“ Da Deutschland Teil des Binnenmarktes sei, gelte es auch in Deutschland beim geplanten Umbau der Energieversorgung die europäische Dimension stärker ins Auge zu fassen. Der Leitgedanke der Energiewende müsse sein: Mehr Europa, mehr Markt, mehr Wettbewerb.


Das Wichtigste zum Thema Energie freitags, alle 4 Wochen per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Zu begrüßen sei laut Pfeiffer insbesondere Vorschläge der Kommission, die auf eine stärkere und schnellere Marktintegration der erneuerbaren Energien abzielen, etwa die Abschaffung des Einspeisevorrangs oder der Kommissionsansatz für technologieneutrale Ausschreibungen.


Auch Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lobte das Paket: "Die Europäische Kommission hat einen ersten wichtigen Schritt gemacht, um den europäischen Energierahmen grundlegend neu zu gestalten.“ Das neue europäische Strommarktdesign greife die deutsche Richtungsentscheidung für einen Strommarkt 2.0 auf und stellt so die richtigen Weichen: freie Preisbildung als Impulsgeber für Innovation und Investition und mehr Flexibilität.


Bei anderen Themen fehlt aber noch der ganz große Wurf. Der Vorschlag für die Erneuerbaren-Richtlinie verpasst die Chance, konkrete Rahmenvorgaben für die nationalen Fördersysteme zu setzen. „Mit einem Flickenteppich aus Einzelfallgenehmigungen werden wir nicht zur Nummer Eins im internationalen Rennen um die Arbeitsplätze von morgen“, so Gabriel.


Deutliche Kritik an den Vorschlägen


„Die Europäische Union greift mit ihren Vorgaben zu sehr in die Gestaltungsmöglichkeiten der Mitgliedstaaten zur Umsetzung der Energiewende ein. Sie verhindert damit Flexibilität und nimmt den Mitgliedsstaaten Gestaltungsfreiheit“, kritisiert Rainer Hinrichs-Rahlwes, Europaexperte im Vorstand des Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE). Der eingeschränkte Einspeisevorrang verlangsame die Energiewende und verunsichere Investoren. Der BEE plädiert daher an das Europäische Parlament sowie den Europäischen Rat, im weiteren Verfahren an dem Einspeisevorrang und anderen wichtigen Regelungen nachzubessern.


Die Öffnung der Märkte verzerre zudem den Wettbewerb, weil die Bedingungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten zu unterschiedlich seien. „Das hat jüngst auch die erste grenzüberschreitende Ausschreibung zwischen Dänemark und Deutschland gezeigt“, kommentiert Rahlwes. Dabei hatten dänische Investoren alle Zuschläge erhalten, weil sie auf Solaranlagen auf Ackerflächen errichten dürfen und so günstiger produzieren können als deutsche Investoren.


Mehr Klarheit wünscht sich der BEE auch hinsichtlich des Anteils von mindestens 27 Prozent Erneuerbaren Energien am europäischen Endenergieverbrauch. „27 Prozent Erneuerbare Energien als Minimalanforderung sind nicht ambitioniert. Darüber hinaus fehlen immer noch Maßnahmen, wenn Mitgliedstaaten die Vorgaben nicht erfüllen.“


Im Wärme- und Kältemarkt sei der Ausbaupfad ebenfalls viel zu schwach angesetzt. Zwar sei es richtig, Energiehändler zu verpflichten, verbindlich erneuerbare Energien zu vertreiben. Um die Energieversorgung spätestens bis 2050 zu dekarbonisieren, bedürfe es jedoch viel mehr Dynamik und mehr als ein Prozent, wie jetzt vorgeschlagen, so Hinrichs-Rahlwes. „Wir benötigen schnell mehr erneuerbare Wärme.“


Auch Grünen-Fraktionsvorsitzender Anton Hofreiter kritisiert die Pläne zum Einspeisevorrang: „Das Paket schreibt das Pariser Klimaabkommen in den Wind und dreht die Uhr der Energiewende zurück. Dieser Entwurf will die Stromversorgung einer Hand voll Großkonzerne überlassen, anstatt einer Energiewende von unten den Rücken zu stärken.“ Wenn der Einspeisevorrang für Erneuerbare wegfalle und ausgerechnet für gefährliche Atomkraftwerke und dreckige Kohlekraftwerke ein Rettungsschirm gespannt werde, werfe die Kommission die Energiewende auch in Deutschland weiter zurück.


Die Forderung nach mehr Marktorientierung der erneuerbaren Energien kommentiert die SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Nina Scheer so: „Diese Sichtweise missachtet, dass wir keinen funktionierenden Markt haben, solange es keinen reellen Emissionspreis gibt.“ So spiegele der Preis für Emissionszertifikate die mit CO2-Emissionen einhergehende volkswirtschaftliche Belastung von Gesundheit und Umwelt nur unzureichend wider und verfehle damit seine Lenkungswirkung. Mit einer reellen Emissionsbepreisung entfiele auch der Förderbedarf für erneuerbare Energien. Scheer: „Solange dies nicht gewährleistet ist, ist auch die Einschränkung des Vorrangs erneuerbarer Energien unverantwortlich und ein Rückschritt.“

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.