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Wissenschaftler nehmen Regierungsarbeit auseinander

Wissenschaftler der Universität Hohenheim haben der deutschen Regierung ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Deren Bioenergiepolitik sei ziellos und im Ansatz falsch.

Lesezeit: 4 Minuten

Wissenschaftler der Universität Hohenheim haben der deutschen Regierung ein schlechtes Zeugnis ausgestellt. Deren Bioenergiepolitik sei ziellos und im Ansatz falsch, so das Fazit der Untersuchung.


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Nach Auffassung der Autoren ist die bisherige Bewertung der Bioenergie fehlerhaft. Die Förderung orientiere sich nicht am volkswirtschaftlichen Nutzen der erneuerbaren Energien. Moniert wird außerdem eine von Beginn an wechselhafte Förderpolitik. Das Vertrauen der Investoren sei dadurch mehrfach so heftig erschüttert worden, dass in wichtigen Bereichen keine Investitionen mehr getätigt würden und Investoren nur noch dann investierten, wenn über Förderinstrumente langjährige - jahrzehntelange - Preisgarantien gewährt würden. Zudem werde mit der fast ausschließlich auf Treibhausgas-(THG)-Minderungseffekte bezogenen Förderpolitik  das eigentliche Förderziel verfehlt.


Festkosten bei Biogasanlagen hoch


Die Wissenschaftler sehen in einer wettbewerbsneutralen, auf volkswirtschaftlichen Nutzen ausgerichteten Förderpolitik das wichtigste Instrument einer Integration der Biomasse in das Energiesystem. Die Politik sollte ihrer Ansicht nach nicht den Fehler der Biokraftstoffpolitik wiederholen, indem sie die Vergütung des Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für bestehende Anlagen ändere. Der Anteil der Festkosten sei bei Biogasanlagen hoch. Eine Vergütungsabsenkung für Bestandsanlagen führe schnell zu Insolvenzen und Stilllegung der Anlagen. Das wäre Kapitalvernichtung, die mit Blick auf die Klimaschutzbeiträge dieser Branche nicht zu vertreten seien. 


Mais-Fruchtfolgen nicht per se schlecht


Ziel der Bioenergiepolitik muss laut Angaben der Hohenheimer Wissenschaftler ein gesamtheitlicher Ansatz sein, in dem auch die Bedeutung der nachwachsenden Rohstoffe für die nachhaltige Bewirtschaftung der ländlichen Räume berücksichtigt wird. Auch wenn zum Beispiel die Biogasproduktion in manchen Regionen zu Fruchtfolgen mit übermäßig hohen Maisanteilen führe, würde die Anbauvielfalt ohne Biogas und Biokraftstoffe hingegen reduziert. Sie weisen darauf hin, dass in diesem Fall Mais und Raps in den Fruchtfolgen eingeschränkt würden, so dass in den großflächigen vieharmen Regionen beispielsweise einseitige Getreidefruchtfolgen entstehen würden. Ein Verzicht auf die erste Generation Bioenergie sei somit auch aus dieser Perspektive zu betrachten.


Die Agrarökonomen stellen aber auch fest, dass die Förderung der Biogasanlagen reformbedürftig sei. Diese seien „komfortabel“ gefördert worden. Die Produktionskosten und Subventionszahlungen seien jedoch relativ hoch; die CO2-Vermeidungskosten lägen mit mehr als 300 Euro pro Tonen erheblich über den Schadenskosten oder den Vermeidungskosten anderer erneuerbarer Energien im Stromsektor.


Futtereiweißbereitstellung beachten


Zu den Biokraftstoffen führen die Studienautoren aus, dass sich diese bei begrenzten Produktionskapazitäten für die Bioenergie wegen des Futtermittelanfalls als wettbewerbsfähig erwiesen, wenn vom Außenschutz abstrahiert werde. Es werde nicht ausreichend wahrgenommen, dass insbesondere bei der Biodiesel- und Bioethanolherstellung der in Deutschland und der EU knappste Engpass, nämlich die Futtereiweißbereitstellung, reduziert werde. Beispielsweise produzierten von einem Hektar Bioethanol Mikroorganismen mehr als 3 Tonnen Proteinfutter und 2 Tonnen Benzinersatz.


Da Biokraftstoffe der ersten Generation derzeit nicht von der Industrie und den Verbrauchern im Pkw-Bereich akzeptiert würden, sollten sie in anderen Marktsegmenten verwendet werden. Die bestehende Biokraftstoffpolitik ist aus Sicht der Wissenschaftler nicht zielführend. Es könne eine Mineralölsteuerermäßigung gemäß THG-Effizienz in Erwägung gezogen werden, bei denen den fossilen Kraftstoffen ein entsprechender Malus beziehungsweise den Biokraftstoffen ein entsprechender Bonus zugewiesen werde. Die Entlastung von der Mineralölsteuer könnte den Agrarökonomen zufolge dann beim Pflanzenöl 24,6 Cent/l, bei Biodiesel 21,9 Cent/l und beim Bioethanol 25,8 Cent/l betragen, zuzüglich einer Mehrwertsteuerentlastung zwischen 4,16 Cent/l und 4,90 Cent/l. Gegebenenfalls sei zur Wahrung der Haushaltsneutralität eine korrespondierende Anhebung der Steuer auf Mineralöle einzuführen, so die Wissenschaftler. Bei den derzeitigen Marktanteilen der Biokraftstoffe bleibe diese im einstelligen Cent-Bereich je Liter.


E85 etablieren


Durch diese Steuerentlastung würde Pflanzenöl (B100) nach Einschätzung der Agrarökonomen für Lkw-Flotten hinreichend attraktiv. Für die Land- und Forstwirtschaft sollte für B100 weiterhin die Steuererstattung gelten. Die Einführung der neuen Traktorengeneration für B100 könnte durch das Marktanreizprogramm mit einer Investitionsbeihilfe – 10 000 Traktoren-Programm – gefördert werden. Das zusätzliche Absatzpotenzial von 1,7 Mio t Biodiesel würde die derzeitig existierenden inländischen Biodieselkapazitäten sogar übertreffen.


Bioethanol ist aktuell nach Angaben der Wissenschaftler steuerlich diskriminiert. Die bestehende Preisdifferenz von Superbenzin zu E10 reiche offenbar nicht aus, um das Absatzpotential auszuschöpfen. Da die Produktionspotentiale für Bioethanol größer seien als für Biodiesel, sei mittelfristig E85 für Flex-fuel-vehicles (FFVs) zu etablieren, empfehlen die Wissenschaftler. Dann müsse es nur noch Superbenzin und E85 an den Tankstellen geben. B100 sollte dann auch an Lkw-Tankstellen angeboten werden. Die Pkw-Entwicklung könnte noch viele Jahre die bewährten Modelle für reinen Otto- und Dieselkraftstoff anbieten, dazu FFVs als echte ökologische Alternative. Zu ändern wäre nach Ansicht der Agrarökonomen die Berechnung der Flottenemission. Die Fahrleistung müsste mit berücksichtigt werden, und auch für E-Automobile müsste die Emission „Well-to-Wheel“ gerechnet werden.

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