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Flächendeckende Kritik am Entwurf zum Fracking-Gesetz

Die Bundesregierung hat gestern den Entwurf für ein Fracking-Gesetz beschlossen, das die Erdgasgewinnung aus tiefen Gesteinsschichten regeln soll. Die Regierung will damit das Fracking einschränken, Kritiker sehen genau das Gegenteil erreicht.

Lesezeit: 5 Minuten

Die Bundesregierung hat gestern einen Gesetzesentwurf verabschiedet, mit dem sie das so genannte Fracking regeln will. Fracking ist eine Methode, um Erdgas aus tiefen Gesteinsschichten zu fördern. Dabei werden durch Einpressen einer Flüssigkeit (Wasser und Chemikalien) und dem damit einhergehenden Druckanstieg kontrolliert kleine Risse in dem Gestein erzeugt, aus denen das Gas austritt und durch die Bohrleitungen an die Oberfläche gelangt. Mit dem gestern beschlossenen Gesetzespaket will die Bundesregierung Trinkwasser, Gesundheit und Natur in bestimmten Regionen schützen und Fracking-Maßnahmen in Schiefer-, Ton-, Mergel- oder Kohleflözgestein weitgehend einschränken.


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So soll so genanntes unkonventionelles Fracking in Schiefer-, Ton-, Mergel- und Kohleflözgestein oberhalb von 3.000 Metern durch das Wasserhaushaltsgesetz grundsätzlich verboten werden. Allerdings sollen wissenschaftlich begleitete Erprobungsmaßnahmen möglich sein. Ab 2018 soll eine unabhängige Expertenkommission bestehend aus sechs Sachverständigen anerkannter Forschungseinrichtungen und Behörden überprüfen, ob kommerzielle Bohrungen genehmigt werden können. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Expertenkommission mehrheitlich die grundsätzliche Unbedenklichkeit hinsichtlich der Umweltauswirkungen bestätigt. Ob eine solche Genehmigung letztlich erteilt wird, soll nach wie vor in der Verantwortung der zuständigen Bergbau- und Wasserbehörden der Länder liegen. Die Anwendung der Fracking-Technologie bei der konventionellen Gasförderung in Sandgestein soll weiterhin erlaubt sein. Das Gesetz wird als Nächstes im Bundestag beraten, der Bundesrat muss nicht zustimmen.


Regierungsentwurf ist "Fracking-Ermöglichungsgesetz"


Mit dem Gesetzesentwurf will die Bundesregierung Fracking nach eigenen Angaben "weitgehend einschränken". Kritiker halten dagegen, dass genau das Gegenteil bewirkt wird. So bezeichnet z.B. der stellvetretende Fraktionsvorsitzende der Grünen Bundestagsfraktion Oliver Krischer den Entwurf als "Fracking-Ermöglichungsgesetz". „Den Gesetzentwurf der Bundesregierung als Fracking-Verbot zu bezeichnen, gleicht einem Etikettenschwindel. Der Entwurf enthält zahlreiche Schlupflöcher, die den Einsatz der Risikotechnologie in Deutschland erlauben“, erklärt auch Thüringens Umweltministerin Anja Siegesmund. Siegesmund verweist in diesem Zusammenhang auf die ungeklärten Fragen der Endlagerung von Fracking-Abwässern und der nicht auszuschließenden Gefährdung des Trinkwassers durch den Einsatz toxischer Chemikalien. Weiterhin könne die Risikotechnologie Fracking keinen relevanten Beitrag zum Klimaschutz und der Versorgungssicherheit leisten. „Statt die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen durch ein solches Gesetz künstlich zu verlängern, ist es geboten, Investitionen in den Ausbau erneuerbarer Energien und Energieeffizienz zu fördern“, fordert die Ministerin. Thüringen werde sich daher im Bundesrat für ein Verbot einsetzen und wenn nötig eigene Initiativen einbringen, um das Gesetz zu verhindern.


Auch die SPD-geführte Landesregierung Schleswig-Holsteins hat sich klar gegen Fracking ausgesprochen. „Gerade aus der Perspektive eines in der Energiewende so weit fortgeschrittenen Bundeslandes wie Schleswig-Holstein wird neben den Umwelt- und Gesundheitsaspekten auch die grundsätzliche Frage klar beantwortet: Ein Land, das sich klar zu Erneuerbaren Energien bekennt, muss keine neuen Technologien sowie hiermit verbundene Risiken und Eingriffe für fossile Energieressourcengewinnung zulassen“, findet Dr. Nina Scheer, SPD-Bundestagsabgeordnete und Mitglied des SPD-Landesvorstandes Schleswig-Holstein, klare Worte gegen den Entwurf. „Wir brauchen keine Risikotechnologie zur Förderung fossiler Energieträger, sondern wirksame Instrumente zur Reduzierung des Energieverbrauchs. Die Entscheidung ist weder unter umweltpolitischen Gesichtspunkten nachvollziehbar noch energiepolitisch das richtige Signal", bekräftigt  auch Sascha Müller-Kraenner, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe.


"Fatales Signal für Klimaschutz und Energiewende"


Fracking bedrohe die Grundwasservorräte, die Böden und schade dem Klima. Es sei eine Fossil-Technologie von gestern und konterkariere die Energiewende, kritisiert auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).  „Der von der Bundesregierung geplante Rechtsrahmen zu Fracking stellt die privatwirtschaftlichen Interessen der Erdgasindustrie über den vorsorgenden Umweltschutz“, ergänzt Franziska Buch, Energiereferentin am Umweltinstitut München. Viel Kritik entzündet sich an dem Beschluss, dass künftig eine Expertenkommission über Probebohrungen zum Fracking oberhalb von 3000 m entscheiden soll. Damit würde sich der Bundestag entmachten.


Mit dem Entwurf sende die Bundesregierung aus Sicht des Deutschen Naturschutzrings (DNR) aber auch im Vorfeld der entscheidenden UN-Klimakonferenz im Dezember in Paris ein fatales Signal: Statt konsequenten Klimaschutz zu betreiben, setze sie weiterhin auf klimaschädliche fossile Energieträger. „Um die Klimaziele zu erreichen, muss ein Großteil der fossilen Ressourcen in der Erde bleiben“, so der DNR. Schon der Sachverständigenrat für Umweltfragen (SRU) habe festgestellt, dass Fracking als Brückentechnologie absolut ungeeignet sei. Auch seien die Folgekosten für die gesamte Volkswirtschaft nicht abschätzbar.

 

Potenziale viel zu gering


Zu den wenigen Fürsprechern des Entwurfs gehört der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI). „Um uns nicht von Importen abhängig zu machen, sind wir weiterhin auf die Nutzung von heimischem Erdgas angewiesen. Langfristig wird dies ohne das Schiefergas nicht gelingen“, teilt der Verband mit.

Dem widerspricht Energieexpertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) aus Berlin. Denn erste Schätzungen in Deutschland gingen davon aus, dass die Potenziale des unkonventionellen, per Fracking gewonnenen Gases sehr gering seien. Maximal zehn Jahre könnte der Gasbedarf in Deutschland überhaupt mit Fracking-Gas gedeckt werden, wenn man alle Gasquellen mittels Fracking erschließen würde. „Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese erschlossen werden, vor allem aus Umwelt– und aus Kostengründen“, urteilt Kemfert. Das Fracking-Verfahren sei deutlich teurer als die herkömmliche Förderung. Zudem sei mit massiven Bürgerprotesten zu rechnen.


Auch in Polen habe man auf große Mengen unkonventionellen Gases gehofft und nach den ersten Probebohrungen festgestellt, dass die potentiell zu erschließenden Quellen viel zu gering sind; die Fracking-Unternehmen hätten sich bereits weitgehend aus dem Land zurückgezogen. Kemfert abschließend: „Zudem gibt es ausreichend Gas auf den Märkten, Deutschland ist sehr gut mit den Gas-Lieferländern verbunden und benötigt auch zukünftig kein aus heimischen Quellen gefracktes Gas.“

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