In den Hamburger Messehallen fand am Dienstag die größte Gläubigerversammlung der deutschen Geschichte statt. Es ging um die Zukunft des insolventen Windkraftprojektierers Prokon. Insolvenzverwalter Dietmar Penzlin stellte den verärgerten Anlegern dabei unverblühmt die Situation dar:

Mehr als 400 Mio. Euro mussten abgeschrieben werden, an Vermögen hat Prokon noch etwas mehr als eine Milliarde Euro, dem stehen fast 1,6 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten gegenüber. Die Firma ist heillos überschuldet.

Penzlin schlägt als Ausweg vor, Prokon auf das Kerngeschäft mit Windparks zu konzentrieren. Für diese grundsätzliche Weichenstellung bekam er am Dienstag eine Mehrheit unter den Gläubigern. Er wurde Teilnehmern zufolge in seinem Amt bestätigt und erhielt fast einstimmig den Auftrag, seinen Sanierungsplan auszuarbeiten.

Chaotische Buchführung

Ungläubiges Kopfschütteln gab es, als der Anwalt die Managementfehler des charismatischen Firmengründers Carsten Rodbertus auflistete. Spiegel Online fasst einige Punkte zusammen:

So hatte Prokon nur ein Bankkonto, auf das alle Zahlungen einliefen - ob von Anlegern, Stromkunden oder aus Einspeisevergütungen. Definierte Prozesse für die grundlegendsten Aufgaben der Buchhaltung gab es nicht, ebenso wie eine zentrale Unternehmenssteuerung oder Budgetplanung. Controlling sei von Rodbertus nicht erwünscht gewesen. In einigen Fällen soll der Firma allein deshalb Schaden entstanden sein, weil man Sachverhalte durch die chaotische Buchhaltung nicht steuerlich geltend machen konnte. Der Jahresabschluss 2012 sei wohl ungültig und der von 2013 nicht testierbar. Die Fachleute, die sich das Unternehmen ansahen, hätten nach eigener Aussage noch nie so eine schlampige Führung gesehen, bei 1,5 Mrd. Euro könne man nicht so arbeiten, lautete deren Fazit.

Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Lübeck Ermittlungen gegen Rodbertus wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung, der Untreue und des schweren Betrugs eingeleitet. Der Firmenchef selbst sieht sich unterdessen einer Verschwörung ausgesetzt. Prokons Insolvenz sei Resultat einer beispiellosen Medienkampagne im Interesse der Finanzindustrie, die das Unternehmen nun übernehmen wollte. Dem Insolvenzverwalter wirft Rodbertus vor, Prokon aus eigener Profitgier zerschlagen zu wollen, obwohl es im Kern ein gesundes Unternehmen sei. Er will Prokon als Ganzes erhalten.

Rund 75.000 Anleger hatten in den vergangenen Jahren insgesamt etwa 1,5 Milliarden Euro in Genussrechte der Windenergiefirma Prokon investiert.

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