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Atomkraft: Bundesländer formieren sich gegen Merkel

Der Widerstand gegen die geplante Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke nimmt deutlich zu. Neun Bundesländer \- darunter auch CDU-geführte \- haben ihrem Unmut an den Plänen der Bundesregierung heute in einem gemeinsamen Positionspapier Luft gemacht. Darin heißt es unter anderem: Deutschland steht vor einer Richtungsfrage.

Lesezeit: 8 Minuten

Der Widerstand gegen die geplante Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke nimmt deutlich zu. Neun Bundesländer \- darunter auch CDU-geführte \- haben ihrem Unmut an den Plänen der Bundesregierung heute in einem gemeinsamen Positionspapier Luft gemacht. Darin heißt es unter anderem:


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Deutschland steht vor einer Richtungsfrage. Wollen wir die Zukunftschancen mit Erneuerbarer Energien, mehr Energieeffizienz, modernste Kraftwerkstechnik nutzen oder wollen wir zurück in die Vergangenheit mit einer Risikotechnologie.


Wenn Deutschland den Atomausstieg rückgängig macht, werden Investitionen in Innovation und Technologieentwicklung behindert und zukünftige handfeste Wirtschaftsperspektiven gefährdet. Deshalb lohnt eine kritische und kämpferische Auseinandersetzung mit dem "angekündigten" Energiekonzept:


1. Ein Laufzeitverlängerungskonzept Das Energiekonzept der Bundesregierung ist um die politisch gewollte Laufzeitverlängerung herum gebaut. Aus den Diskussionen im Vorfeld und durch die Rahmenvorgaben der Bundesregierung für die zu untersuchenden Energieszenarien wurde bereits deutlich, dass sich nicht die Atomenergie in ein Energiekonzept einfügen soll, das an einem optimalem Ausbau der Erneuerbaren Energien ausgerichtet ist sondern umgekehrt sich Verfahren wie Inhalt an Atomenergie und Anlagenlaufzeit richten. Es ist ein Laufzeitverlängerungskonzept im Interesse der vier großen Energieversorger Eon, RWE, Vattenfall und EnBW. Mit Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken kündigt die Bundesregierung den gesellschaftlichen Konsens zum Atomausstieg. Aber gerade der Energiesektor braucht kalkulierbare, stabile und langfristige Rahmenbedingungen.


2. Die Richtungsfrage: Zukunft oder Vergangenheit Wir brauchen keine so genannte Brückentechnologie, denn eine Brücke existiert bereits im Dreiklang zwischen Erneuerbaren Energien, hocheffizienten konventionellen Kraftwerken und der Steigerung der Energieeffizienz. Sämtliche aktuellen Studien gehen von einer erheblichen Zunahme der Energieerzeugung aus Erneuerbaren Energien aus. Die Bundesregierung selbst hat zuletzt im Sommer 2010 für die Umsetzung von Art. 4 der Richtlinie 2009/28 EG einen "Nationalen Aktionsplan für erneuerbare Energie" nach Brüssel gemeldet, der von einem Anteil von 38,6 % Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung im Jahr 2020 ausgeht. Der prognostizierte Zubau in der regenerativen Stromerzeugung wird bis zum Jahr 2020 die von den deutschen Atomkraftwerken produzierte Strommenge ersetzen können.
Dies erfordert flexible dezentrale und hocheffiziente Kraftwerke als Ergänzung, massive Investitionen in moderne Speichertechnologien und intelligente Netze.



3. Ein verfassungswidriges Verfahren Jede Laufzeitverlängerung ohne vorherige Zustimmung der Länder verletzt die vom Grundgesetz geschützte Verwaltungs- und Organisationshoheit der Länder und ist verfassungswidrig. Dies wird u.a. auch in zwei von Bundesumweltminister Röttgen beauftragten Rechtsgutachten bestätigt. 
Ein neues Gutachten thematisiert zudem, das eine Laufzeitverlängerung auch die Haftung der jeweiligen Bundesländer nach dem AtomG verlängert und schon deshalb zustimmungspflichtig ist.
Gegen ein Laufzeitverlängerungsgesetz, das ohne Zustimmung des Bundesrates verabschiedet werden sollte, werden Länder deshalb das Bundesverfassungsgericht anrufen. Es darf nicht sein, dass die Verfassung zum Spielball der Bundesregierung wird, nur weil ihr die notwendigen Mehrheiten im Bundesrat abhanden gekommen sind. 
Das Energiekonzept der Bundesrepublik wird seit fast einem Jahr unter größter Geheimhaltung hinter verschlossenen Türen des Bundeswirtschafts- und Bundesumweltministeriums erarbeitet. Weder die Länder noch die Verbände waren an den Rahmenvorgaben angemessen beteiligt. Hinzu kommt: Die Annahmen für die Szenarien sind bewusst so getroffen, dass nur ein Laufverlängerungsszenario in Frage kommen kann. Das ist ein Verfahren ohne Beteiligung der überaus kritischen Öffentlichkeit.



4. Sicherheit wird zur Verhandlungsmasse Das so genannte Energiekonzept der Bundesregierung schweigt sich zu den notwendigen Sicherheitsfragen für die deutschen Atomkraftwerke aus. Vorhandene Standards wie sie im neuen kerntechnischen Regelwerk vorhanden sind, die auch unabhängig von einer Laufzeitverlängerung notwendig wären, sind nicht klar definiert oder deren Umsetzung verbindlich geregelt. Allgemeine Lippenbekenntnisse zur Sicherheit der deutschen Atomkraftwerke reichen nicht aus. Und es gibt einen offenen Konflikt in der Bundesregierung hinsichtlich der Sicherheitsfragen und deren Finanzierung. Das BMWi geht von deutlich geringeren finanziellen Aufwendungen für die Nachrüstung der Atomkraftwerke aus, als der Bundesumweltminister. Der Bundeswirtschaftsminister scheint sich dabei nicht an den Sicherheitserfordernissen zu orientieren, sondern offenbar an den hohen Renditen aus abgeschriebenen Kraftwerken, die durch den Aufwand für technische Sicherheitsnachrüstungen nicht gefährdet werden dürfen. So wird die Sicherheit zum Spielball von wirtschaftlichen Interessen.


5. Wettbewerbsverzerrung \- teuer für Industrie und Verbraucher Eine Laufzeitverlängerung behindert den notwendigen Wettbewerb auf dem Energiemarkt. Fehlender Wettbewerb ist immer teuer für Unternehmen wie Privathaushalte. Bereits heute werden günstige Stromgestehungskosten mangels Wettbewerb nicht an die Endkunden weitergegeben. Der Atomkonsens mit dem Atomausstiegsbeschluss ist insbesondere für viele kommunale Stadtwerke und Stadtwerkeverbünde Grundlage für weitreichende Investitionsentscheidungen in Spitzen- und Mittellastkraftwerke geworden. Denn diese schnell regelbaren Kraftwerke werden mit dem Zubau der Erneuerbaren Energien bei gleichzeitigem Ausstieg aus der Atomenergie dringend benötigt. Mit mehr als 13000 Megawatt installierter Leistung erzeugen die Stadtwerke zu 71 % Energie aus Kraft-Wärme-Kopplung hocheffizient und klimafreundlich. Die jetzt geplante Laufzeitverlängerung verhindert Wettbewerb auf dem deutschen Energiemarkt und gefährdet Investitionen den Stadtwerken. Investitionen von mehr als 12 Mrd. € sind vor dem Hintergrund des gesetzlich festgeschriebenen Ausstiegs aus der Atomenergie getroffen worden. Mit der Entscheidung der Bundesregierung wird den Stadtwerken die Geschäftsgrundlage für ihre Investitionen entzogen und der Markteintritt erschwert. Ihre neuen Kraftwerke müssen dann mit abgeschriebenen Großkraftwerken konkurrieren. Statt mehr Wettbewerb auf dem Energiemarkt zu befördern, wird die marktbeherrschende Stellung von vier Konzernen zementiert. Hierdurch wird die Schere zwischen Unternehmensgewinnen und Einkommensentwicklung zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer weiter geöffnet.


6. Keine Lösung des Infrastrukturproblems Die Achillesverse für den Ausbau der Erneuerbaren Energien ist das Stromnetz. Optimierung, Verstärkung und Ausbau des Übertragungs- und Verteilnetzes sind unverzüglich notwendig. Die schon heute feststellbare massive Verzögerung bei der Realisierung neuer Stromleitungen behindert sowohl den Ausbau der Erneuerbaren Energien als auch den Stromaustausch mit dem europäischen Ausland. Wirksame Anreizsysteme für neue Netztechniken, wie beispielsweise intelligente Netze, sogenannte Smart Grids sind bisher ebenso wenig erkennbar wie für Speichertechnologien oder der Aufbau virtueller Kraftwerke. Erst wenn die Fragen des Netzausbaus und der Netzintegration beantwortet sind, kann ein Energiekonzept in sich stimmig sein. Notwendig ist ein konkretes Konzept für den Netzausbau zur Integration neuer Kraftwerkskapazitäten und den dafür notwendigen Finanzierungsbedarf in den nächsten Jahren. Mangelnder Netzausbau darf den Umbau unserer Energieversorgung nicht verhindern. Wer dazu nichts sagt, hat auch kein Konzept für die Zukunft.


7. Ungelöste Endlagerfrage Wer über die Lösung der Endlagerfrage nicht reden will, sollte über Laufzeitverlängerungen schweigen. Statt Klarheit über das weitere Verfahren für eine sichere Endlagerung hochradioaktiver Abfälle in Deutschland zu schaffen und über die Kosten für die dafür notwenigen Sicherheitsstandards- und Sicherheitsanforderungen etwas zu sagen, will die Bundesregierung statt dessen eine Laufzeitverlängerung beschließen, die zu mehr radioaktiven Abfällen führen wird. Eine solche Politik ist unverantwortlich, denn sie beantwortet eine der zentralen Sicherheitsfragen nicht.



8. Energieeffizienz und Energieeinsparung kommen zu kurz Die Bundesregierung strebt zwar eine Verdopplung der Energieeffizienz bis zum Jahr 2020 gegenüber 1990 und will den nationalen Stromverbrauch bis 2020 gegenüber 2005 um 11 Prozent senken, hat aber mit dem gerade verabschiedeten Energieeffizienzgeseetz noch nicht einmal eine 1:1 Umsetzung der EU-Richtlinie über Energieeffizienz und Energiedienstleistungen vorgenommen. Damit kann der stetig steigende Stromverbrauch nicht gesenkt werden. Klimapolitische Glaubwürdigkeit wird anders buchstabiert.


9. Laufzeitverlängerung blockiert Innovation, neue Technologien und Zukunftsinvestitionen Eine Laufzeitverlängerung würde zu einem Innovations- und Investitionsattentismus auf dem Energiemarkt führen. Investitionen in innovative Kraftwerke, die für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft und Gesellschaft dringend notwendig sind, werden verhindert. Umwelttechnologien, erneuerbare Energien und Effizienztechnologien sind die Leitmärkte der Zukunft. Sie verzeichneten in den letzten Jahren ein überdurchschnittliches Wachstum - sowohl in der Nachfrage in Deutschland als auch im Export.
Wenn Deutschland den Atomausstieg rückgängig macht, werden Investitionen in Innovation und Technologieentwicklung behindert und zukünftiges Wirtschaftswachstum gefährdet.


10. Keine Lösung für die Wärmeversorgung Das Energiekonzept der Bundesregierung müsste eigentlich eine Antwort darauf geben wie der Energieverbrauch im Wärmesektor effizienter und ökologischer werden kann. Hier fehlt es bisher insbesondere an einer überzeugenden Strategie für die energetische Sanierung der Bestandsbebauung und an besseren Anreizen zum Einsatz von erneuerbaren Energien Anlagen im Wärmebereich. Die aktuell massiven Kürzungen und Streichungen im KfW- Förderprogramm führen darüber hinaus zu massivem Vertrauensverlust.



Unterzeichnet wurde das Papier von:



Johannes Remmel, Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen


Margit Conrad, Staatsministerin für Umwelt, Forsten und Verbraucherschutz des Landes Rheinland-Pfalz


Katrin Lompscher, Senatorin für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Berlin, 



Reinhard Loske, Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa der Freien Hansestadt Bremen 



Simone Peter, Ministerin für Umwelt, Energie und Verkehr des Saarlandes


Anita Tack, Ministerin für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg


Till Backhaus, Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern 



Matthias Machnig, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Technologie des Landes Thüringen


Anja Hajduk, Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt der Freien und Hansestadt Hamburg

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