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Biodieselbranche befürchtet Nachteile durch neue Auflagen

Der Streit um zusätzliche Nachhaltigkeitskriterien für Biotreibstoffe geht weiter: Das Kollegium der EU-Kommissare hielt am vergangenen Mittwoch eine Orientierungsdebatte über das Thema ab, ohne jedoch zu einer abschließenden Einigung zu gelangen.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Streit um zusätzliche Nachhaltigkeitskriterien für Biotreibstoffe geht weiter: Das Kollegium der EU-Kommissare hielt vor kurzem eine Orientierungsdebatte über das Thema ab, ohne jedoch zu einer abschließenden Einigung zu gelangen. Offenbar ist es innerhalb der Kommission mittlerweile unstrittig, dass den sogenannten indirekten Landnutzungsänderungen (iLUC), die Forschern zufolge durch die Produktion von Biodiesel und Bioethanol entstehen, Rechnung getragen werden sollte. Die Frage lautet jedoch, auf welche Weise dies am besten geschieht.


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Dem Vernehmen nach wurden drei Optionen diskutiert:


1. Einmal könnte das geforderte Einsparpotential eines Biokraftstoffs verglichen mit den Emissionen fossiler Energieträger von 35 % auf 60 % angehoben werden - schrittweise mit langen Übergangsfristen.


2. Ferner könnten kraftstoffspezifische Faktoren eingeführt werden, die vermutlich dazu führen würden, dass Biodiesel aus Raps gegenüber Ethanol aus Zuckerrohr schlechter dasteht.


3. Oder – und dies scheint die wahrscheinlichste Version – eine Kombination aus beiden Optionen.


Ciolos macht sich für Biodiesel stark


Ein Kommissionssprecher legte Wert darauf zu betonen, dass noch kein Entwurf angenommen worden sei. Die zuständigen Kommissare würden auf Grundlage der Tischrunde „so bald wie möglich“ einen Vorschlag vorlegen. Konkret dürfte das heißen: im Juni. Dem Vernehmen nach sollen in die abschließenden Verhandlungen sowohl das Agrar- als auch das Handelsressort stärker einbezogen werden.


EU-Agrarkommissar Dr. Dacian Cioloş sprach sich offenbar gegen eine ausdrückliche Benachteiligung von Biodiesel aus. Insbesondere die rapsbasierte europäische Biodieselwirtschaft fürchtet deshalb, gegenüber Ethanolherstellern aus Brasilien und anderen Drittstaaten benachteiligt zu werden. Aber auch innerhalb der Kommission gibt es offenbar Vorbehalte gegen die IFPRI-Studie. Ferner befürchtet die Behörde, mit zusätzlichen Klimaschutzauflagen für Importe eine Klage vor der Welthandelsorganisation (WTO) zu riskieren.


Die Union zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP) zeigte sich erleichtert, dass die Debatte noch nicht abgeschlossen ist. Der UFOP-Vorsitzende Dr. Klaus Kliem bezeichnete die von der Generaldirektion Klimaschutz favorisierte Einführung pauschaler iLUC-Faktoren als Fehler. Man sehe darin eine existenzielle Bedrohung für den europäischen Ölsaatenanbau und für die Betreiber von Biodieselanlagen. Ohne Zweifel bedürfe es eines gesetzlich und ordnungspolitisch soliden Fundamentes zur Weiterentwicklung der europäischen Biokraftstoffpolitik, so Kliem. Unverbindliche Zielsetzungen hätten nur wenige Mitgliedstaaten angespornt, mit Biotreibstoffen den Ausstieg aus der fossilen Kraftstoffversorgung einzuleiten. Erst mit der Einführung verbindlicher Zielvorgaben im Jahr 2009 habe die Klimaschutzpolitik in der EU den notwendigen Schwung aufgenommen. EU-weit seien Milliarden Euro in den Aufbau einer Biodieselproduktionskapazität von rund 21 Mio. t investiert worden. Dafür müsse ein langfristiger Vertrauensschutz gelten. Mit den heutigen Margen könnten diese Anlagen nicht in zehn oder 15 Jahren abgeschrieben werden. Mit der Einführung pauschaler iLUC-Faktoren dränge man die heimischen Produzenten aus dem Markt und schließe diese Lücke durch fragwürdige Abfallrohstoffe oder nur durch Bioethanol. Die heimischen Ölsaatenerzeuger würden für das Fehlverhalten in Drittstaaten bestraft, in denen der Urwald nicht nur wegen Biokraftstoffen abgeholzt werde. Die UFOP setzt auf die Förderung eines angemessenen Flächenschutzes in den betroffenen Risikoregionen durch die EU.


Keine Basis für Gesetzesänderungen


Aber auch die deutsche Ethanolbranche ist gegen neue Nachhaltigkeitskriterien. Der Bundesverband der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) weist iLUC-Werte zurück und warnt davor, gesetzliche Änderungen auf den IFPRI-Bericht zu stützen. Die bisher behaupteten Thesen und theoretischen Modellrechnungen seien keine Basis für eine Änderung der EU-Nachhaltigkeitsregelung. „So unterstellt die IFPRI-Studie fälschlich, dass weltweit 1,7 Mio. ha bis 1,8. Mio ha neue Anbaufläche unter anderem durch Regenwaldrodung erschlossen werden“, moniert BDBe-Geschäftsführer Dietrich Klein. Wenn überhaupt, könne dies nur auf die Anbaufläche beispielsweise für Palmöl wie in Indonesien zutreffen, nicht aber für europäische Rohstoffe. Europäische iLUC-Werte für Biokraftstoffe könnten den Regenwald nicht schützen.


Klein fordert vielmehr Umweltlabel und Nachhaltigkeitszertifikate nach dem Vorbild des Fair-Trade-Siegels. Staatliche Maßnahmen gegen die Rodung von Regenwald müssten zum Beispiel in Indonesien durchgesetzt werden. Das von Deutschland unterstützte Tropenwaldschutzprogramm Amazon Region Protected Area (ARPA) in Brasilien zeige, dass nur so ein wirksamer Flächenschutz möglich sei und durch die EU gefördert werden könne. Zwischen 2004 und 2010 sei die Rodung von brasilianischem Regenwald um 75 % zurückgegangen, während sich die Bioethanolproduktion verdoppelt habe.


Sogar Verschlimmerung befürchtet


Das Europäische Umweltbüro (EBB) als EU-Dachorganisation nationaler Umweltgruppen drängt dagegen auf ein „schnelles und entschiedenes“ Vorgehen der Kommission, um die derzeitige Lage zu beenden, „in der das Geld von Steuerzahlern in die Produktion von Biokraftstoffen fließt, die nicht nur nichts für den Klimaschutz tun, sondern die Dinge sogar verschlimmern“. Ende April schickte das EBB an EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso einen Brief, der von mehr als 100 Organisationen getragen wird, darunter Brot für die Welt, Misereor und Birdlife Austria. Darin heißt es, mit der Nutzung von Biokraftstoffen riskiere Europa, Landgrabbing und Abholzung voranzutreiben, die Nahrungsmittelpreise zu erhöhen, Armut und Hunger zu verschärfen sowie den Klimawandel zu beschleunigen. Ohne wirksame Maßnahmen sei es höchst unwahrscheinlich, dass in Europa verbrauchte, subventionierte Biotreibstoffe den Beitrag des EU-Verkehrssektors zum globalen Klimawandel verringerten. Auf diese Weise würden die ansonsten positiven Ergebnisse der Richtlinien zu erneuerbaren Energien und Treibstoffqualität untergraben.

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