Welche Rolle spielen Gärreste als Ursache für den chronischen Botulismus in Rinderbeständen? Eine eindeutige Antwort haben Wissenschaftler bislang noch nicht gefunden.
Der Leiter der Agrar- und Veterinär-Akademie (AVA), Dr. Ernst-Günther Hellwig, hat die Biogasindustrie nun aufgefordert, konsequent Risikosubstrate wie Hühnermist, Schlacht- und Speiseabfälle auf Sporen von Clostridium botulinum zu untersuchen. Diese relativ einfachen Analyse wären der erste Schritt, um zu überprüfen, inwieweit die Biogasanlagen mit einer möglichen Sporenanreicherung in Zusammenhang zu bringen seien, erklärte der Fachtierarzt.
Der Politik, dem Bauernverband und der Biogasindustrie wirft Hellwig sogar vor, das Problem zu verschweigen. Dass da aber etwas sei, könne keiner mehr bezweifeln. "Jetzt ist es an der Zeit, die Ursachen zu ergründen, um nicht die Gesundheit von Mensch und Tier dauerhaft zu gefährden", fordert Hellwig und warnt gleichzeitig: Wenn es einen Zusammenhang zwischen Biogassubstraten und dem Anstieg von Clostridiensporen geben sollte, kämen Schadenersatzforderungen auf die Biogasbranche zu.
In einem top agrar-Interview (Ausgabe Nr. 11/2010) erklärt dagegen Dr. Michael Lebuhn von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising, dass Fälle des chronischen Botulismus bisher sowohl in Beständen mit Biogasanlagen als auch in welchen ohne vorkomme. Daher gehe man davon aus, dass sich die krankmachenden Clostridien im Biogasprozess nicht vermehren. Vermutlich würden sie in der Anlage als Sporen überleben. Um gesicherte Aussagen zu bekommen, forderte auch Lebuhn mehr Forschung.