Bei der Energiewende sind Bevölkerung und Unternehmen weiter als die Politik. Zu diesem Schluss kommt zumindest der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, nach Auswertung des „Deutschen Energie-Kompasses 2012“, den das Befragungsinstitut TNS Infratest im Auftrag der IG BCE erstellt hat.
Bei der Ergebnispräsentation am vergangenen Donnerstag in Berlin berichtete Vassiliadis, die Menschen wollten eine andere Energieversorgung, seien dabei aber alles andere als blauäugig. Vielmehr zeige der Energie-Kompass 2012 ein hohes Maß an Realismus. Lediglich 25 % der Bürger seien zufrieden damit, wie die Bundesregierung die Energiewende auf den Weg bringe. Noch skeptischer urteilten die Unternehmen. Gerade einmal 13 % finden laut Energie-Kompass die bisher ergriffenen Maßnahmen gut.
Einen Grund für diese kritische Bewertung sieht Vassiliadis darin, „dass die soziale Dimension der Energiewende von der Politik kaum thematisiert wird, obgleich sie für die Menschen von großer Bedeutung ist.“ Im Einzelnen werden regenerative Energien umso besser bewertet, je größer die Effizienz und Wirtschaftlichkeit sind. Wasserkraft liegt demnach an der Spitze, gefolgt von der Windenergie, der Sonnenenergie, Erdwärme und Biomasse. Insgesamt wollen 84 % der Bevölkerung in den kommenden 20 Jahren aus der Kernenergie aussteigen, aber nur 14 % wollen dabei ganz auf Kohle verzichten. Die Befragten favorisieren zudem eine Erneuerung des Kraftwerkbestandes. Das hat Vorrang vor der Modernisierung alter Kraftwerke.
Der IG BCE-Vorsitzende forderte die Bundesregierung auf, aus der Energiewende ein Modernisierungs- und Gemeinschaftsprojekt zu machen. „An den Menschen und an den Unternehmen wird die Energiewende nicht scheitern“, sagte Vassiliadis. Aber sie müsse so gestaltet werden, dass sie Wettbewerbsfähigkeit und Planungssicherheit für die Unternehmen ermögliche und mit der Schaffung und Sicherung guter Arbeitsbedingungen einhergehe. Da bleibe für die Politik noch viel zu tun.