Der neue Benzinkraftstoff "E10" mit 10prozentiger Bioethanolbeimischung löst derzeit heftigen Wirbel aus. E10 sollte es eigentlich schon seit Anfang Januar an den Tankstellen anstelle des bisherigen Benzins mit 5prozentiger Beimischung geben. Allerdings kamen die Tankstellen mit der Umrüstung nicht nach. Als "Schock für Autofahrer" kommentierte Focus-Online gestern die Preissteigerungen, die auf Bioethanol als Beimischung zurückzuführen seien.
In der Tat hatten Mineralölkonzerne eine mit der Einführung von E10 verbundene Kraftstoffpreiserhöhung von bis zu 5 Cent pro Liter angekündigt. C.A.R.M.E.N. e.V., die bayerische Koordinierungsstelle für Nachwachsende Rohstoffe hält das für übertrieben. Im Oktober 2010 lagen die Großhandelspreise für Benzin bei etwa 40 Cent pro Liter, für Ethanol annähernd bei 60 Cent. Wenn dem Benzin zehn Prozent Ethanol beigemischt werden, könnte dies den Literpreis rein rechnerisch um zwei Cent anheben. Da aber bereits heute fünf Prozent Ethanol im Benzin enthalten sind, kann durch eine zusätzliche Beimischung von fünf Prozent Ethanol nur eine Preissteigerung um einen Cent begründet werden. C.A.R.M.E.N. erhebt seit 2006 die Tankstellenpreise für E85, einem Gemisch aus 85 Prozent Ethanol und 15 Prozent Benzin, das mittlerweile an über 300 Tankstellen in Deutschland erhältlich ist. Bio-Ethanol (E85) ist hier, bezogen auf den Literpreis, deutlich günstiger als Benzin, denn der Ethanol-Anteil im E85-Kraftstoff ist von der Energiesteuer befreit.
Die Tankstellen-Preisbeobachtung von fossilem Benzin und Ethanol-Kraftstoff (als E85), ergibt für Benzin starke Schwankungen, während E85 nur geringe Preisausschläge zeigt (siehe Grafik). Die Beimischung von Ethanol bewirkt also eine Preisdämpfung. Auch aktuell nähern sich die Preise wieder an, da der Erdölpreis derzeit kräftig ansteigt.
Zum Vorwurf, E10 sei nicht nur teuer, sondern auch umweltschädlich, entgegnet C.A.R.M.E.N.: "Biokraftstoffe helfen, die Freisetzung von Treibhausgasen und den Erdölverbrauch zu reduzieren. Um diesen Umweltverträglichkeitsbeitrag vor allem beim Rohstoffanbau zu garantieren, hat die Bundesregierung eine Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung erlassen, die von nachhaltigen Biokraftstoffen fordert, dass sie entlang der gesamten Herstellungs- und Lieferkette - im Vergleich zu fossilen Kraftstoffen - mindestens 35 Prozent Treibhausgase einsparen." Biokraftstoffe, die die geforderten Nachhaltigkeitsstandards nicht einhalten, könnten weder steuerlich begünstigt noch auf die zu erfüllende Biokraftstoffquote angerechnet werden.
"Die Preiserhöhungen für herkömmliche Benzinsorten sind eine durchschaubare Strategie der Mineralölwirtschaft, den klimaschonenden Ökosprit als Preistreiber zu brandmarken, um ihre Marktgewinne zu rechtfertigen", kommentiert der SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Becker die höheren Tankstellenpreise. Schuld an dem Preisanstieg seien nicht Klimaschutzmassnahmen, sondern die Marktmacht der Konzerne. Becker forderte das Wirtschaftsministerium auf, Preiskartelle zerschlagen und für einen echten und fairen Wettbewerb im Kraftstoffmarkt sorgen.
