Als „gefährliche Panikmache“ kritisiert die deutsche Geflügelwirtschaft die vom nordrhein-westfälischen Agrarminister Johannes Remmel verbreitete Warnung vor multiresistenten Keimen aus der Tierhaltung. Remmel hatte in seiner Interpretation der in dieser Woche veröffentlichten Antibiotika-Studie behauptet, der Einsatz von Antibiotika in der Tierzucht forciere die Ausbreitung multiresistenter Keime und damit eine gesundheitliche Bedrohung für Menschen.
„Es ist nicht in Ordnung, auf diese Weise diffuse Ängste bei den Verbrauchern zu schüren“, zeigt sich ZDG-Verbandspräsident Leo Graf von Drechsel von dieser verkürzten Darstellung empört. Eine derart pauschale Bewertung greife deutlich zu kurz und werde der Brisanz des Themas nicht gerecht. Er verweist auf eine Analyse des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), wonach Infektionen des Menschen mit nutztierassoziierten MRSA (multiresistenten Keime) lediglich „eine sehr untergeordnete Rolle“ spielen.
Als „sehr gering“ wird der BfR-Studie zufolge die Bedeutung kontaminierten Fleisches als Quelle humaner Besiedlung mit MRSA eingeschätzt. „Es ist kein einziger derartiger Fall bekannt, die in drei Jahren bilanzierten 21 Erkrankungen sind allesamt nicht mit Infektionen über Nahrungsmittel in Verbindung zu bringen“, so Graf Drechsel, Er schlussfolgert: „Dem Verbraucher zu suggerieren, es drohe eine gesundheitliche Gefahr durch den Verzehr von Geflügelfleisch, ist offenbar dem durchsichtigen Versuch geschuldet, eine wichtige gesellschaftliche Diskussion für politische Ideologien zu missbrauchen.“
Gerade im europäischen Vergleich brauche sich die deutsche Geflügelwirtschaft nicht zu verstecken, so der Verbandsvertreter weiter. Einer Studie der „British Society for Antimicrobial Chemotherapy“ zufolge liege Deutschland bei der Menge der in der Tierhaltung verabreichten Antibiotika deutlich unter Ländern wie den Niederlanden oder Frankreich und sogar unter der Schweiz. (ad)
Hintergründe:
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