Die Akzeptanz in der Bevölkerung für die Anwendung der Gentechnik in der Landwirtschaft leidet auch unter Wissensmangel. Wie der Präsident des Verbandes Biologie, Biowissenschaften & Biomedizin (VBIO), Prof. Wolfgang Nellen, kürzlich bei einem Symposium in Hannover feststellte, sind die Voraussetzungen für die gentechnische Forschung in Deutschland „angesichts des erodierenden biologischen Grundwissens in der Gesellschaft alles andere als günstig".
Zur rationalen Gentechnikdebatte gehöre auch die Diskussion zur öffentlichen Wertschätzung der Wissenschaft, zur Regulationsbürokratie, zu Lehre, Ausbildung und Information, betonte Nellen. Er verwies auf den offenen Brief des VBIO an politische Entscheidungsträger von Mitte Juni. Darin hatte der Verband beklagt, dass ein Hauptargument gegen die Grüne Gentechnik darin bestehe, dass es sich um eine „Hochrisiko-Technologie“ handle, der Nachweis von Risiken jedoch seit fast zwei Jahrzehnten ausgeblieben sei. Der Verband wirft insbesondere Grünen-Politikern vor, Forschungsergebnisse zu ignorieren und bewusst oder unbewusst falsche Argumentationsketten zu konstruieren.
Niedersachsens Umweltminister Dr. Stefan Birkner forderte ebenfalls einen sachlicheren Umgang mit dem Thema Gentechnik. Ob bei der Herstellung von Medizin, Waschmitteln oder Lebensmitteln - die Gentechnik betreffe in Niedersachsen Forschung, Unternehmen, Landwirtschaft und Verbraucher in vielfältiger Weise, so Birkner.
Dr. Henning von der Ohe von der KWS Saat AG wies darauf hin, dass Landwirte dieses Jahr weltweit auf gut 160 Mio. ha die Vorteile der Grünen Gentechnik genutzt hätten. Die Landwirtschaft in der EU, die diese neuen Produkte bisher so gut wie nicht einsetzen dürfe, gerate immer stärker unter Wettbewerbsdruck. Zudem blieben Chancen der Forschung ungenutzt, die angesichts einer weiter steigenden Weltbevölkerung, höherer Nahrungsmittelpreise und zunehmender Auswirkungen des Klimawandels eigentlich uneingeschränkt ergriffen werden müssten, monierte von der Ohe. (AgE)