Veganer fahren derzeit offenbar eine Anti-Milch-Kampagne. In Werbebotschaften ist zu lesen, Milch verursache Cellulite, Konzentrationsprobleme, Übergewicht und steigere das Herzinfarkrisiko. Es wird suggeriert, dass der Verzicht auf Milchprodukte quasi alle körperlichen Probleme löst, unter denen viele in unserer Gesellschaft leiden, berichtet Spiegel Online.
Aber die Kampagne funktioniert anscheinend: Immer häufiger würden beispielsweise Kunden in Cafes einen veganen Latte macchiato bestellen oder im Restaurant verängstigt nach versteckter Sahne in Soßen und Desserts fragen. Viele Gastronomen nehmen das Wort „vegan“ mit in ihre Speisekarten auf.
Dabei sind die Vorwürfe gegenüber Milch aus ernährungsphysiologisch Unfug und von bemerkenswerter Schlichtheit, so der Spiegel weiter. Wissenschaftliche Studien sprechen dafür, dass sich Milch nicht auf das Gewicht auswirkt und sogar in einem geringen Maß vor Übergewicht schützt. Dasselbe gilt für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. "Milch ist weiterhin ein gutes Lebensmittel, um Kalzium aufzunehmen und die Knochen zu stärken", sagt Gerhard Rechkemmer, Präsident des Max Rubner-Instituts.
Rechkemmer: Milch hat positive Wirkungen
Ihn ärgert, dass aus alternativ-medizinischen Kreisen Falschinformationen gestreut werden, für die es keine wissenschaftliche Grundlage gibt. Aus heutiger Sicht sei die Konzentration der Hormone in der Kuhmilch zu gering, um sich auf den Körper des Menschen gesundheitsschädlich auszuwirken. Und logisch sei auch, dass wenn man über den Milchkonsum mehr Kalorien aufnimmt, als an Energie verbraucht, das als Fett gespeichert wird. Das gilt aber für jedes Lebensmittel. Falsch sei außerdem, dass Milchprodukte den Körper übersäuern und so den Knochen Kalzium entziehen.
Und Rechkemmer fährt fort: „Ein vermehrter Verzehr von Milch und Milchprodukten erhöht weder das Risiko für Herzkreislauferkrankungen noch für Schlaganfälle. Stattdessen findet man bei Menschen, die viele Milchprodukte zu sich nehmen, sogar ein verringertes Risiko für Bluthochdruck und Diabetes mellitus Typ 2.“ Bei Akne gebe es einen Zusammenhang, wobei das nur für Menschen gilt, die genetisch hinsichtlich Akne vorbelastet sind. „Bei diesen Personen kann es durch einen hohen Milchkonsum dazu kommen, dass sich das Krankheitsbild verstärkt“, so der Fachmann.
Häufig diskutiert wird auch der Zusammenhang von Krebs und Milch. Laut Rechkemmer verringern Milch und Milchprodukte das Risiko von Dickdarmkrebs ab 200 Milliliter Milch pro Tag, den stärksten Effekt gebe es bei 500 bis 800 Millilitern pro Tag. Auch das Brustkrebsrisiko werde durch Milchprodukte sogar verringert. Nur für den Prostatakrebs könnte das Risiko erhöht sein durch Milchkonsum. Dafür gibt es laut dem Präsidenten Hinweise, diese würden aber noch nicht als überzeugend klassifiziert.
Als Richtwert für den Konsum gibt er 250 Milliliter Trinkmilch pro Tag als Empfehlung an. Milchprodukte insgesamt seien eine wichtige Quelle für Kalzium.
Der Spiegel rät, die alten Aufkleber mit dem Slogan "Die Milch macht's" oder „Milch macht müde Männer munter“ aus den 80ern wieder rauszuholen und zu verteilen. In den aktuellen Botschaften wäre es dagegen wohl sinnvoller, das Wort "Milch" durch "Softdrinks" oder "Fast Food" zu ersetzen, dann würden viele der Slogans stimmen.