Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik vom Bundeslandwirtschaftsministerium bleibt auch in neuer personeller Zusammensetzung bei seiner Fundamentalkritik an der EU-Agrarreform. Der Vorsitzende des Gremiums, Prof. Harald Grethe, bekräftigte die Forderung nach einem schrittweisen Abbau der Direktzahlungen.
Sie seien eingeführt worden als ein Instrument des „Übergangs“ in einer Phase der Rückführung der Preisstützung. Diese Funktion hätten sie erfüllt. Gleichzeitig seien Direktzahlungen als Instrument zur zielorientierten Verfolgung von gesellschaftlichen Ansprüchen an die Landwirtschaft nicht geeignet. Grethe: „Alle Versuche, sie durch eher kosmetische Maßnahmen wie ‚Cross Compliance’, ‚Greening’ oder ‚Deckelung’ zumindest zielorientierter scheinen zu lassen, sind somit höchst problematisch.“ Darüber hinaus habe der Beirat gefordert, die Zweite Säule zu entschlacken und konsequent an der Bereitstellung öffentlicher Güter, in erster Linie dem Umweltschutz, zu orientieren.
Schließlich bedürfe die Finanzierungs- und Gestaltungsverantwortung im Mehrebenensystem von EU, Bund und Ländern einer Reform. Vor allem für die Zweite Säule sollten aus wissenschaftlicher Sicht die Länder eine größere und die EU eine geringere Rolle spielen.
Biokraftstoffförderung verfehlt
In seinem Gutachten zur Bioenergie stellt der Beirat laut Grethe zudem fest, dass die politische Förderung der Biokraftstoffe Biodiesel und Bioethanol sowohl in Deutschland als auch in der EU verfehlt sei und abgebaut werden sollte. Zu sehr ähnlichen Schlussfolgerungen seien in den letzten Jahren verschiedene wissenschaftliche Gutachten gekommen, beispielsweise im Juni dieses Jahres die Stellungnahme der Leopoldina zur Bioenergie.
Ein Festhalten an der bisherigen Biokraftstoffpolitik wertet der Wissenschaftler angesichts der eindeutigen Sachlage und der gerade aktuell wieder zunehmenden Anspannung der Weltagrarmärkte als „besonders skandalös“. „Wissenschaftlich ist dies unstrittig“, so der Leiter des Fachgebiets Agrar- und Ernährungspolitik der Universität Hohenheim. Wenn auch die sogenannten indirekten Landnutzungseffekte einbezogen würden, sei kaum eine CO2-Minderung durch Biokraftstoffe gegeben. In jedem Fall seien die CO2-Vermeidungskosten um ein Vielfaches höher als bei verschiedenen anderen erneuerbaren Energien und Energieeinsparmaßnahmen.
Für Grethe ist dies ein Beleg dafür, „dass die politische Meinungsbildung nicht in erster Linie auf Basis von Stellungnahmen wissenschaftlicher Beiräte erfolgt, sondern häufig von Interessen einzelner gesellschaftlicher Gruppen getrieben wird.“ (AgE)