Die Entscheidungen der Agrarminister vom Montag sind aus Sicht von Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Till Backhaus nur ein Tropfen auf den heißen Stein und stellen keine wirklichen, dauerhaften Hilfen für die Landwirte dar.
"Sie führen nur zu mehr Verwaltung und der Markt wird bloß müde über Brüssel lächeln. Wir brauchen konkretere Maßnahmen, um die Überproduktion zu stoppen. Daher werde ich den Bundesminister bitten, umgehend ein Treffen mit allen Agrarministerinnen und –ministern einzuberufen“, forderte Backhaus am Dienstag.
Zum einen wurde in Brüssel bekannt gegeben, dass es eine Soforthilfe für Landwirte in Höhe von insgesamt 500 Mio. Euro geben soll. Diese Mittel sollen nach ersten Erkenntnissen sowohl Schweine- und Milchviehhaltern als auch für die Bereiche Olivenanbau und Obst- und Gemüseanbau zur Verfügung stehen, wenn ein Mitgliedsstaat entsprechende Anträge an die EU stellt. Die Mittel sollen nicht aus der EU-Krisenreserve kommen.
„Wenn wir eine Krise in der Landwirtschaft haben, dann wohl jetzt. Was ist dann bitteschön in den Augen der EU eine Krise? 500 Mio. Euro ist Symbolpolitik, denn rechnet man dies auf die produzierte Milch von 152 Mio. Tonnen in der EU runter, blieben ganze 3,3 Euro je Tonne übrig. Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass nicht wieder ein ‚Windhundrennen‘ beginnt und die Staaten vor allem aus Osteuropa, die bereits Hilfen beantragt haben, nun das meiste Geld bekommen", so der SPD-Politiker. Deutschland habe noch keine Hilfen beantragt. Nötig seien daher klare Maßnahmen und ein viel aktiverer Bund, wenn man man die heimische Landwirtschaft unterstützen wolle.
Eine weitere Maßnahme soll die Möglichkeit der Vorauszahlungen von bis zu 70 % der Flächenprämien ab dem 16. Oktober sein. „Wir sollten lieber wie ursprünglich geplant 100 % sechs Wochen später Anfang Dezember zahlen, bevor wir jeden Antrag zweimal anfassen müssen. Andernfalls drohen uns Strafzahlungen der EU, wenn die gemessene Fläche mit der Prämie nicht übereinstimmt. Lieber einmal alles richtig machen, als zweimal halbe Sachen, die uns dann noch teuer zu stehen kommen“, empfiehlt Dr. Backhaus.
Darüber hinaus sollen Programme zur privaten Lagerhaltung von Schweinefleischprodukten sowie von Milchprodukten aufgesetzt werden. „Damit kauft man sich höchstens Zeit zu dem Preis, dass die Produkte dann zu einem späteren Augenblick wieder auf den Markt schwemmen und den Preis dann drücken. Vielmehr sollte man überlegen, ob man die aufgekauften Milchprodukte angesichts der europäischen Flüchtlingsproblematik lieber für humanitäre Zwecke verwendet“, fordert der Minister.
Habeck: "Milch verramschen wird gefördert"
Auch Schleswig-Holsteins Landwirtschaftsminister Robert Habeck hat das angekündigte Paket der EU zum Umgang mit der Milchkrise als unzureichend kritisiert. "Die EU setzt die falschen Zeichen. Sie will die Verstärkung des Exportes. Das heißt nur, dass die Milch dann auch auf dem Weltmarkt verramscht wird. Höhere Preise erzielen die Erzeuger damit nicht, stattdessen wird die Politik "wachse oder weiche" fortgesetzt", frei nach dem Motto "viel hilft viel", sagte Habeck am Dienstag.
"Die EU und der Bund erkennen immer noch nicht die Brisanz des Milchpreisverfalls an. Die vorgeschlagene Finanzhilfe bekämpft allenfalls die Symptome und ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Liquiditätshilfen sind wichtig, aber wir brauchen kurzfristig eine Reduzierung der Milchmenge, um die Märkte zu beruhigen", so der Grünen-Politiker.
Er hatte sich am Freitag mit seinen grünen Amtskollegen aus den Ländern in einem offenen Brief an Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt gewandt und vorgeschlagen, die Strafzahlungen aus dem letzten Jahr der Milchquote als Ausgleich für eine freiwillige Mengenreduzierung zu verwenden. "Der Bundeslandwirtschaftsminister hat es aber offenbar versäumt, sich für tatsächliche Verbesserungen einzusetzen. Das geht zu Lasten der Milchbauern", sagte Habeck.
Hintergrund:
500 Mio. Euro für Europas Landwirte (7.9.2015)
Grüne Agrarminister schreiben offenem Brief an Schmidt (7.9.2015)