Wegen schwerer Missstände und Tierquälerei steht ein 63-jähriger Rinderhalter in Bad Segeberg vor dem Amtsgericht. Auf seinem Hof hatte die Kieler Staatsanwaltschaft über 100 Rinder beschlagnahmen und dann notverkaufen lassen.
Am Dienstag ist der Prozess nun aber überraschend nach der Anklageverlesung geplatzt, berichtet die WELT. Zwei der drei Verteidiger hätten bislang die Akten noch nicht einsehen können. Die Verhandlung wurde daraufhin ausgesetzt. Ein neuer Termin werde von Amts wegen anberaumt.
Dem Landwirt wird zur Last gelegt, seine Tiere mangelhaft gefüttert und gepflegt zu haben. Jungrinder waren unterentwickelt und standen knietief im eigenen Mist. Auch erwachsene Tiere sollen wegen zahlreicher Krankheiten und Entzündigen erheblich gelitten und gelahmt haben. Dennoch habe der Mann keinen Tierarzt gerufen, so die Anklage. Den Angaben zufolge wurden einem Kalb auch ohne Betäubung die weit entwickelten Hörner entfernt.
Am Rande des Verfahrens bestritt der Angeklagte die Vorwürfe. Doch er räumte ein, dass er einschlägig vorbestraft ist und gegen ihn schon ein Tierhaltungsverbot verhängt wurde. Am Mittwoch stand übrigens noch ein weiterer Landwirt aus dem Kreis Segeberg wegen Tierschutz-Verstößen vor dem Amtsgericht.
Verärgerung über Staatsanwältin
Hoch her ging es unterdessen vor dem Gerichtssaal, berichten die Kieler Nachrichten. Während einer Pause wurde aufgeregt über die Tierbeschlagnahmungen in diesem Betrieb und auf anderen Höfen im Dienstbereich der Staatsanwaltschaft Kiel diskutiert. Eine Staatsanwältin aus Kiel hatte in den vergangenen Jahren zahlreiche Höfe kontrolliert und mehrmals Tiere beschlagnahmen lassen. Gegen die Frau laufen inzwischen selbst Ermittlungen, ob sie bei den Verfahren immer korrekt gehandelt hat.
Mehr dazu in folgender Meldung aus der top agrar 1/2015:
Rinderhalter zeigen Staatsanwältin an
In Schleswig-Holstein wehren sich Landwirte gegen die Staatsanwaltschaft Kiel. Diese hatte ihre Rinder beschlagnahmt und notveräußert. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Itzehoe in sechs Fällen gegen die verantwortliche Staatsanwältin. Es besteht der Verdacht, dass sie ihre Stellung für eigene Interessen missbraucht hat.
Sie beschlagnahmte unter anderem im Kreis Segeberg drei komplette Herden. Als Begründung nannten Kreisveterinäramt und Staatsanwaltschaft Verstöße gegen das Tierschutzgesetz. Dieter Scherrer, ein betroffener Landwirt, sagt: „Bemängelt wurden Kleinigkeiten, die ich hätte beheben können. Aber am nächsten Tag stand die Staatsanwältin auf dem Hof und hat meine Tiere abtransportieren lassen.“ Die Tierhalter werfen der Anwältin vor, unverhältnismäßig gehandelt zu haben und zeigen sie an. Einige Tiere seien notveräußert worden, ohne die Besitzer zu benachrichtigen, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist.
Der agrarpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Heiner Rickers begrüßt die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in den eigenen Reihen: „Die Sachlage muss möglichst schnell aufgeklärt werden.“
Zusätzliche Zweifel am Vorgehen der Kreisveterinäre gibt es, da die Tierschutzorganisation „PETA“ Segeberg zum besten Veterinäramt 2013 auslobt.