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Bauer Willi: Fragen eines Bauern an den WWF

Der WWF eine Nicht-Regierungs-Organisation, die sich für Natur- und Artenschutz einsetzt. Frau Fleckenstein ist Leiterin des Fachbereich Landwirtschaft und Landnutzungswandel beim WWF Deutschland. Bauer Willi hat sich mit ihr unterhalten:

Lesezeit: 6 Minuten

Der WWF eine Nicht-Regierungs-Organisation, die sich für Natur- und Artenschutz einsetzt.  Frau Fleckenstein ist Leiterin des Fachbereich Landwirtschaft und Landnutzungswandel beim WWF Deutschland. Bauer Willi hat sich mit ihr unterhalten. Hier das Interview:


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Bauer Willi: Ich finde auf der Seite des WWF viele Hinweise, wie „man“ Dinge verbessern sollte. Ich bin Landwirt und muss von meinem Betriebe leben. Was soll ich als rheinischer Ackerbauer aus Sicht des WWF anders machen?


Fleckenstein: Der WWF setzt sich für den Erhalt und die Förderung der Artenvielfalt ein und die ist weltweit – auch in Deutschland – bedroht. Eine der Hauptursachen für den massiven Artenrückgang bei Pflanzen und Tieren ist die intensive Landbewirtschaftung. Ich kenne Ihren Betrieb nicht und kann daher nicht beurteilen, welche Maßnahmen sie für den Erhalt der Artenvielfalt bereits umsetzen. Wir würden uns aber sehr freuen, wenn Sie auf Ihrem Betrieb, der Artenvielfalt den Vorrang geben würden.


Bauer Willi: Sojaanbau ist ja in aller Munde. Ich lese immer wieder, auch beim WWF, dass für den Sojaanbau Regenwald abgeholzt wird. Nun wächst Soja ja nicht im Regenwald, sondern in den Subtropen. Woher kommt also diese Nachricht?


Fleckenstein: In Südamerika wurden und werden leider immer noch Regenwaldflächen in großem Umfang zerstört und in Sojafelder umgewandelt. Dies betrifft zum Beispiel den Atlantischen Regenwald in Brasilien, Paraguay und Argentinien. Häufig folgt nach der Rodung zunächst die Rinderweide und später dann das Sojafeld. Auf Satellitenbildern kann sehr genau nachgewiesen werden, in welchen ehemaligen Regenwaldgebieten heute Sojaflächen liegen. Aber Sie haben Recht, nicht nur die Regenwaldgebiete sind bedroht, sondern Lebensräume mit hoher Biodiversität, wie zum Beispiel der Cerrado in Brasilien oder der Gran Chaco in Argentinien und Paraguay. Hierfür engagieren wir uns und gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen vor Ort entwickeln wir Konzepte, wie dieser Zerstörung entgegengewirkt werden kann. Maßnahmen sind z.B. Landnutzungsplanungen, die mit den betroffenen Gemeinden durchgeführt werden. Eine andere Möglichkeit ist die Stärkung von Zertifizierungssystemen. Gemeinsam mit Produzenten, Verarbeitern, Wissenschaftlern und Nichtregierungsorganisationen unterstützt der WWF den Runden Tisch für verantwortungsvolles Soja, um eine Ausbreitung von Sojafeldern in Regenwälder und Graslandschaften zu verhindern.


Bauer Willi: Hier im Rheinland werden meines Wissens 30 ha Soja angebaut. Alternativen wären für unsere Region Erbsen, Bohnen und Lupinen. Ackerbohnen habe ich schon mehrfach angebaut, habe es aber aus vielerlei ackerbaulichen aber auch ökonomischen Gründen wieder aufgegeben. Wenn wir Bauern also wieder mehr Eiweiß aus heimischen Pflanzen anbauen sollen, wie soll das gehen?


Fleckenstein: Meines Wissens werden wieder vermehrt Leguminosen in Deutschland angebaut. Es scheint also gute Gründe für den Anbau zu geben. Ich kann Ihnen nicht sagen, warum es bei Ihnen nicht funktioniert hat, aber natürlich haben Sie Recht, Bäuerinnen und Bauern werden nur mehr heimische Eiweißpflanzen anbauen, wenn sie es wollen und können und Absatzmärkte finden. Im Rahmen der Arbeit zu Soja hat der WWF folgende Ansatzpunkte: Reduzierung des Fleischkonsum (80 % des Sojas gehen in die Fütterung), Einsatz von Alternativen von Soja in der Fütterung und wenn Soja weiter eingesetzt wird, dann bitte gentechnikfreie, nach Mindeststandards zertifizierte Soja, wie ProTerra oder RTRS non GM.

Darüber hinaus haben wir – gemeinsam mit dem Verband zur Förderung von Oel- und Proteinpflanzen (UFOP) und anderen – ein Dialogforum für nachhaltigere Eiweißfuttermittel initiiert. Ziel des Forums sind die Diskussion und Erarbeitung von Lösungsstrategien und die Entwicklung eines Maßnahmenkatalogs zum Einsatz von nachhaltigeren Eiweißfuttermitteln in Deutschland gemeinsam mit den Akteuren der Wertschöpfungskette, wie Lebensmittelwirtschaft (Molkereien, Einzelhandel, Fleischerzeuger) und Futtermittelhandel, zivilgesellschaftliche Akteure wie Verbände, Forschung und Wissenschaft, Umwelt-NGOs und Vertreter aus Bundes- und Landesministerien. Sie sind herzlich eingeladen mitzuarbeiten.


Bauer Willi: Gentechnik ist in der Gesellschaft akzeptiert. Nur grüne Gentechnik steht in der Kritik. Es gibt Kartoffeln, die von einem staatlichen Institut durch Einfügen von Resistenzgenen aus der Wildkartoffeln widerstandsfähig gegen Kraut- und Knollenfäule gemacht wurden und nicht mehr gespritzt werden müssen. Es handelt sich um eine Übertragung von einer Kartoffel in eine andere. Mehrere Tausend Tonnen Fungizide würden eingespart. Diese Kartoffeln dürfen aber nicht vermarktet werden. Wie steht der WWF dazu? Gibt es aus Ihrer Sicht Anwendungen von grüner Technik, die Sie akzeptieren?


Fleckenstein: Der Einsatz gentechnisch veränderter Organismen wird vom WWF weltweit weder befördert noch unterstützt. Der WWF setzt sich stattdessen für den Erhalt von gentechnikfreien Optionen für alle Agrargüter ein und fordert die Anwendung des Vorsorgeprinzips, wo immer auf der Welt gentechnisch veränderte Organismen eingeführt werden sollen. Aus diesem Prinzip heraus lehnt der WWF Deutschland gentechnisch veränderte Organismen in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei ab, solange Schäden für Natur und Mensch nicht ausgeschlossen werden können.

Weltweit sind von 1986 bis 1995 56 gentechnisch veränderte Kulturen im Anbau getestet worden, davon sind bislang 9 Kulturen kommerzialisiert (die obengenannte Kartoffel ist noch nicht mitgezählt). Dabei haben 57 % der GMO Pflanzen eine gentechnisch veränderte Herbizidresistenz und 15 % eine Schädlingsresistenz und 28 % beinhalten beide Resistenzen. Insbesondere die weitreichenden Folgen der Herbizidresistenz bei Problemunkräutern sind in den USA bekannt und dokumentiert. Aber Resistenzen stellen sich auch vermehrt in Argentinien und Brasilien ein. Dies führt dazu, dass Landwirte mittlerweile wieder auf gentechnikfreie Sorten umstellen und über entsprechende Bodenbearbeitung entgegen wirken.


Bauer Willi: Auf der Homepage des WWF tauchen immer wieder die Begriffe „Pestizide“ (es sind Pflanzenschutzmittel), „verseuchtes Grundwasser“ (eine Seuche ist laut Wikipedia eine ansteckende Infektionskrankheit) und „Monokulturen“ auf (ich baue 4 Kulturen in einer Fruchtfolge an). Ich und meine Berufskollegen fühlen uns durch diese Schlagworte angegriffen. Ich habe Landwirtschaft studiert, kenne mich also mit Landwirtschaft aus. Ich habe viele Gesetze, Regelungen und Vorschriften einzuhalten, werde vom Staat überwacht und kontrolliert. Doch auch darüber hinaus unternehme ich vieles, um die Artenvielfalt nicht nur zu erhalten sondern auch zu fördern. Was mache ich falsch? Wenn ich nichts falsch mache, warum berichten Sie nicht darüber?


Fleckenstein: Wir berichten über viele gute Beispiele in der Landwirtschaft. Jedes Jahr vergibt der WWF z.B. den Ostseepreis. In diesem Rahmen werden Bäuerinnen und Bauern in allen Ostseeanrainerstaaten ausgezeichnet, die sich aktiv für eine umweltverträgliche Bewirtschaftung einsetzten. Uns geht es mehr darum, gute Projekte zu initiieren und umzusetzen, denn über die Landwirtschaft zu klagen.

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