BMW möchte in Niedertraubling (Landkreis Regensburg) ein neues Logistiklager bauen, das 2000 Arbeitsplätze bringen würde. Dazu muss der Autobauer aber 50 ha Land vom Fürstenhaus Thurn und Taxis kaufen. Das Problem: Die Fläche hat die Familie von Berthold Bauer seit 1860 gepachtet und vermehrt darauf Saatgut. Zwar ist der Pachtvertrag jährlich kündbar, aber er läuft nun schon seit fünf Generationen, berichtet die WELT. Berthold Bauer stellte sich quer und verweigerte das Pachtende.
Nun sollte es am Montag vor dem Regenburger Amtsgericht zu einem wohl noch nie da gewesenen Prozess kommen. Den Beteiligten wurde dann aber wohl offenbar klar, dass der Richter sicher auf eine Frist geurteilt hätte, die Jahre hätte dauern können. Für den BMW-Standort wäre das zu spät gewesen.
Das war den Politikern, die seit Wochen im Hintergrund auf die beiden Klageparteien einreden, dann doch zu heiß, so die Zeitung weiter. Sie drängten auf Absetzung des Prozesstermins, beknieten sowohl den Saatzüchter als auch Thurn und Taxis, nochmals einen Kompromiss zu suchen.
"Entweder hier oder wir gehen nach Tschechien"
Laut der WELT stehen die Politiker unter massivem Druck. So habe Ministerpräsident Horst Seehofer BMW-Chef Norbert Reithofer bereits im November 2014 gebeten, das weltweite Logistikzentrum unbedingt im Kreis Regensburg anzusiedeln. Der Hersteller sagte daraufhin zu. Sollte das jedoch in Niedertraubling nicht möglich sein, werde ein neuer Standort in Tschechien gebaut. Laut der Zeitung wäre die Blamage für Bayern und Seehofer so groß, dass der wiederum seinen Staatskanzleichef Marcel Huber mit den Verhandlungen betraute. Und auch Regenburgs Oberbürgermeister Joachim Wolbergs stellt klar, dass man neben den enormen Einnahmen durch die Gewerbesteuer die 2000 Jobs dringend benötige.
Landwirt will mehr als das doppelte an Fläche
Der widerspenstige Landwirt kontert dagegen, dass die Saatzucht auf den drei angebotenen Alternativstandorten nicht sofort möglich sei, da er ganz spezielle Böden dafür benötige. Sein Gegenvorschlag: Für die bisher genutzte Fläche von 50 ha solle ihm BMW 135 ha woanders geben – nur so könne er seinen Betrieb retten.
Das Fürstenhaus Thurn und Taxis hätte mit Gut Harthof im Landkreis Straubing-Bogen zwar noch einen anderen Betrieb, der gerade frei wäre. Hier sollten einst großzügig Photovoltaikanlagen entstehen, was sich dann aber nicht mehr lohnte. Doch das Fürstenhaus hat sich entschlossen, selbst weiter in der Landwirtschaft tätig zu sein.
Pokert Bauer auch diese Woche, statt sich mit Thurn und Taxis zu einigen, wird die Luft nach Aussage von Insidern dünn für die BMW-Ansiedlung. Aber auch für den Saatzüchter wird es eng. "Der will sich den Acker nicht vergolden, sondern verdiamanten lassen", schimpft ein an den Verhandlungen Beteiligter.
Klar ist laut der WELT: Die Kündigung des Pachtvertrags gilt so oder so. Und wenn der Bauer BMW im Freistaat verhindert, dürfte er in Bayern wohl keinen Zentimeter Boden mehr zur Pacht angeboten bekommen.
Anmerkung der Redaktion:
Der betroffene Landwirt Berthold Bauer hat sich bei top agrar gemeldet und beklagt, der Sachverhalt sei im Artikel der WELT völlig falsch dargestellt. Aufgrund eines Stillschweige-Abkommens mit dem Landkreis Regensburg könne er allerdings die Dinge vorerst nicht richtig stellen.