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Berliner Zeitung wirft Milchbauern Ausbeutung ihrer Tiere vor

Die Berliner Zeitung hat ihre Leser am Mittwoch darüber informiert, dass sie Milch von „Wegwerfkühen“ trinken. Denn die Milch stamme von „Turbokühen“, die nur Kraftfutter erhalten und durch kurze Befruchtungszyklen und Medikamente immer mehr Milch geben, bis sie nach nur fünf Jahren „ausgepowert“ geschlachtet würden.

Lesezeit: 4 Minuten

Die Berliner Zeitung hat ihre Leser am Mittwoch darüber informiert, dass sie Milch von „Wegwerfkühen“ trinken. Denn die Milch stamme von „Turbokühen“, die nur Kraftfutter erhalten und durch kurze Befruchtungszyklen und Medikamente immer mehr Milch geben, bis sie nach nur fünf Jahren „ausgepowert“ geschlachtet würden.


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Zucht, Fütterung und Haltung haben es laut der Zeitung ermöglicht, dass deutsche Kühe heute im Schnitt knapp 8 000 Liter Milch pro Jahr geben. Inzwischen wurden maximal sogar schon mehr als 20.000 Liter in einem Jahr gemolken, und manche Experten würden davon ausgehen, dass sogar 25 000 Liter physiologisch möglich wären. Die Berliner Zeitung verweist in diesem Zusammenhang auf Meldungen in Lokalzeitungen, wenn wieder eine Kuh die 100.000 Liter-Marke geknackt hat.


"Nach fünf Jahren ausgepowert"


Tatsächlich aber sprechen die Fakten auf den verbliebenen 75 000 deutschen Milchhöfen nach Ansicht der Zeitung eine ganz andere Sprache: Nicht 100.000 Liter seien das Maß der Dinge, sondern die deutsche Durchschnittskuh. Sie kommt in ihrem Leben auf 25.000 Liter. Und nicht 15 Jahre wird sie alt, sondern im Durchschnitt etwa fünf Jahre. Sie wäre dann eigentlich gerade erwachsen, aber muss zum Schlachter, weil sie als ausgepowert gilt und zum Beispiel die Tierarztkosten zu hoch geworden sind.


Spätestens nach dem dritten Kalb seien viele Kühe ökonomisch gesehen am Ende mit ihren Kräften, heißt es in dem Artikel weiter. Zwar gebe es auch Hochleistungs-Kühe, die acht und mehr Laktationen aufweisen und dann um die zehn Jahre alt sind. Doch das sei heute die Ausnahme.


Krankheiten treten immer früher auf


Der wohl wesentliche Grund für den vorzeitigen Abgang sieht die Zeitung in einer einseitigen Züchtung auf hohe Milchleistung. In einem wissenschaftlichen Report der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA über die Gesundheit und das Tierwohl von Milchkühen hätten Experten schon im Oktober 2009 deutlich gemacht, dass die Zeche für Zucht auf hohe Leistung die Kuh zu zahlen hat: Lahmheiten, Klauenerkrankungen, bakterielle Euterentzündungen wie Mastitis, Stoffwechselerkrankungen und schließlich frühzeitige Unfruchtbarkeit.


Allein aus dem letzten Grund würden vorzeitig mehr als ein Fünftel aller Kühe aus der Herde ausscheiden. Das verwundert, denn die eigentliche Höchstleistung, so Bio-Milchbauer und Grünen-Europaabgeordneter Martin Häusling, würden Kühe erst im höheren Alter erreichen – aber nicht schon beim zweiten Kalb.


Die EFSA-Experten hätten deshalb in ihrem Report dazu geraten, bei der genetischen Auswahl von Milchkühen deren Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten wie Lahmen und Mastitis im Auge zu behalten und damit Aspekte wie Fortpflanzungsfähigkeit, Gesundheit und Lebensdauer in den Fokus zu stellen. Statt allein die Milchmenge zum Maßstab zu nehmen.


Bei der AbL erfuhr die Berliner Zeitung zudem, dass die Bauern die Probleme kennen, nur „gewohnte Erfolgsmerkmale haben einen starken Einfluss auf die Wahl des geeigneten Samens, viele würden deshalb weiter auf die starken Milchvererber zurückgreifen“, heißt es dort.


Falsche Haltung, falsches Futter, Nutzung letzter Energiereserven


Zucht ist das eine Kriterium für hohe Milchleistung, das Kraftfutter wie Soja, Palmöl- oder Kokoskuchen aus Übersee sowie Getreide aus heimischem Anbau das andere. So sieht Josef Jacobi (Upländer Bauernmolkerei) in der Fütterung, aber auch in der falschen Haltung mit Spaltenböden und fehlendem Weidegang ein weiteres Indiz für viele Probleme der modernen Kuh. Denn das Futter sei einseitig und allein auf Leistung abgestellt, und zwar durch hohe Eiweißfuttergaben.


Die Zeitung bezieht sich schließlich auf das Buch „Die Wegwerfkuh“ von Tanja Busse, die darin einen Rückblick auf die wilden Vorfahren der heutigen Rinder anstellt. Die Ur-Kuh habe alle Energiereserven für das Kalb mobilisiert, und zwar auch dann, wenn es gerade wenig zu fressen gab. Sie weise dann eine negative Energiebilanz auf, zehrt von den eigenen Reserven. Das sei auch bei der heutigen Kuh so.


Mit Hormonen die Natur aushebeln


Doch weil das Tier irgendwann nach 300 Tagen die Milchproduktion einstellen würde, müsse sie angesichts einer Tragzeit von neun Monaten bereits sechs bis acht Wochen nach der Geburt erneut besamt werden. Das geschehe in einer Zeit, in der ihr Organismus unter Hochdruck arbeite und sie möglicherweise noch gar nicht wieder richtig fruchtbar ist. Landwirte und Tierärzte würden dann mit Hormonen nachhelfen. Helfen auch die nichts, komme das Tier zum Schlachthof.


Als Lösung verweist die Berliner Zeitung abschließend auf Milchviehhalter, die kein Kraftfutter verfüttern und eine Minderleistung von 3000 Litern im Jahr akzeptieren. Die Argumentation dieser Bauern sei eindeutig: Sie sehen nicht ein, weshalb sie den Gras- und Heufresser Kuh mit Getreide vollstopfen sollten – das Rind also zur Sau machen. Wissenschaftler könnten belegen, dass diese Rechnung aufgeht. Geringere Betriebsausgaben dank niedrigerer Futterkosten und weniger Tierarztbesuchen, gepaart mit einem höheren Lebensalter glichen den geringeren Milchertrag mehr als aus.

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