Vor dem Hintergrund der aktuell sehr schwierigen wirtschaftlichen Lage vieler Landwirte hat der Vizepräsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes (WLV), Wilhelm Brüggemeier, vor kostenträchtigen und überzogenen Verschärfungen im Umwelt-, Bau-, Tier- und Naturschutzrecht gewarnt.
Brüggemeier wies beim traditionellen Havichhorster Presseabend des Verbandes am vergangenen Donnerstag auf Gut Havichhorst bei Münster darauf hin, dass Experten bis weit in dieses Jahr hinein keine durchgreifende Verbesserung der schlechten Erlössituation erwarteten. Verantwortlich hierfür seien nach Einschätzung des WLV ein weltweit weiter steigendes Angebot bei Milch, Fleisch und Getreide und die zugleich anhaltend schwache Nachfrage.
Die Stimmung auf den landwirtschaftlichen Betrieben sei trotz einer mengenmäßig und qualitativ guten Ernte mehr als gedämpft, denn die schlechte Erlössituation überlagere alles, berichtete Brüggemeier. Deshalb sei es höchste Zeit, dass die Bundesregierung aktiv werde „und den Handelskonflikt mit Russland endlich aus der Welt schafft“.
Nach Angaben des WLV-Vizepräsidenten hat sich der durchschnittliche Gewinn der landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetriebe in Westfalen-Lippe im Wirtschaftsjahr 2014/15 gemäß vorläufigen Zahlen der landwirtschaftlichen Buchstellen um rund 38 % auf etwa 42 000 Euro verschlechtert.
Brüggemeier appellierte daher an die politisch Verantwortlichen in Bund und Land, nicht mit immer neuen Ansprüchen die Nutztierhalter und Grundeigentümer wirtschaftlich zu überfordern. Diese Gefahr sei vor allem mit der Novelle der Düngeverordnung und dem von der Düsseldorfer Landesregierung propagierten Umbau des Landschaftsgesetzes zu einem Landesnaturschutzgesetz sowie der Novelle des Landeswassergesetzes gegeben.
„Die aktuelle Krise verlangt nach einer Politik mit Augenmaß. Dies ist nicht die Zeit, mit teuren Extrawünschen eine Branche zu schwächen, an der in Westfalen-Lippe viele Tausend Arbeitsplätze hängen“, so der WLV-Vizepräsident.
Nicht an 2 Cent scheitern
Die aktuell größte Herausforderung für die Branche sieht der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband laut Brüggemeier darin, trotz einer schlechten Erlössituation und eines unverändert hohen Kostendrucks vom Weltmarkt den kostenträchtigen gesellschaftlichen Forderungen zum Umbau der Nutztierhaltung nachzukommen. Solche Forderungen müssen dem Vizepräsidenten zufolge wissenschaftlich begründet sein und dürfen die landwirtschaftlichen Betriebe nicht ökonomisch überfordern.
Angesichts der komplexen Herausforderung setze der WLV für 2016 auf eine Intensivierung des Dialogs mit den eigenen Mitgliedern wie auch mit gesellschaftlichen Gruppen und Kritikern, nicht zuletzt den Kirchen, erklärte Brüggemeier.
Einen wesentlichen Baustein zur wirtschaftlich verträglichen Integration gesellschaftlicher Anliegen in die heimische Nutztierhaltung werde im Ausbau der „Initiative Tierwohl“ gesehen, die Anfang 2015 als branchenübergreifendes Bündnis von Landwirtschaft, Fleischwirtschaft und Lebensmitteleinzelhandel ins Leben gerufen worden sei.
Die Landwirte erwarteten, dass sich hier Teile des deutschen Lebensmitteleinzelhandels noch stärker engagierten, damit dieses Pilotprojekt zu dem großen Erfolg werde, den es verdiene, betonte der WLV-Vizepräsident. An 2 Cent mehr pro Kilogramm Schweinefleisch dürfe die Initiative nicht scheitern.