Seit Ende August beraten die Ministerien über den Entwurf von Bundesagrarminister Christian Schmidt für eine schärfere Düngeverordnung. Nun soll es zumindest zwischen den maßgeblichen Ressorts Umwelt und Agrar eine Einigung über „die von der EU-Kommission angesprochenen Problemfelder“ geben, heißt es laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung aus Regierungskreisen.
Agrarminister Schmidt musste dabei die Interessen der Bauern gegen die ambitionierten Verschärfungen von Umweltministerin Barbara Hendricks verteidigen. Diese hat sich nun offenbar mit ihrer Forderung durchgesetzt, dass Hoftorbilanzen eingeführt werden, um die Stickstoffmengen in der Landwirtschaft besser zu erfassen. „Die Hoftorbilanz soll zunächst für größere Betriebe mit hohem Viehbesatz zum 1.1.2018 verpflichtend eingeführt werden“, heißt es.
Konkret bedeutet das: Gemessen werden künftig die Stickstoffmengen, die in einen Agrarbetrieb über Dünger oder das Tierfutter hineingelangen. Erfasst wird ebenfalls, was den Hof in Form landwirtschaftlicher Produkte wieder verlässt. Die Differenz, so die Annahme, muss auf dem Acker verblieben sein – und für diesen Stickstoffüberschuss muss ein Grenzwert eingehalten werden.
Die Hoffnung ist, dass auf diese Weise die Umweltverträglichkeit des Stickstoff-Managements der Höfe besser kontrolliert werden kann. In Schmidts Entwurf war eine solche Bilanz nicht vorgesehen. Er hatte lediglich genau Vorgaben zum Nährstoffbedarf der einzelnen Pflanzen vorgesehen und eine Stickstoffobergrenze von 170 kg je Hektar festgelegt. Nun aber sei die Hoftorbilanz „fest vereinbart“, wie es laut der FAZ aus Regierungskreisen heißt.
Hendricks erfüllt damit den Wunsch der Grünen und des Sachverständigenrates für Umweltfragen der Bundesregierung. Das Bundesagrarministerium war stets gegen Hoftorbilanzen. Ebenso der Bauernverband, der die Neuregelung der Düngeverordnung ohnehin für überflüssig hält. Laut Verbandspräsident Rukwied habe sich die bisherige Verordnung bewährt.
Und sonst?
In Schmidts Entwurf ist nun außerdem eine Verlängerung der Sperrfristen für die Ausbringung von Wirtschaftsdüngern vorgesehen. Geplant war ebenfalls, dass künftig alle Gärreste aus Biogasanlagen bei der Stickstoffobergrenze von 170 kg mitzählen. Auch größere Lagerkapazitäten für Gülle sind vorgesehen. Nun kommt Deutschland Brüssel auch noch entgegen bei Flächen, die eine bestimmte Neigung haben. Hier sollen strengere Regeln gelten, damit die Gülle nicht weggeschwemmt werden kann und im nächsten Gewässer landet. Ein Totalverbot der Düngung ab 15 % Hangneigung will Deutschland allerdings aus Rücksicht auf den Weinbau und die Bergweiden nicht einführen.
Die Bundesregierung führe insgesamt ein „Obergrenzen-System der Stickstoffdüngung“ ein, heißt es in der 28 Seiten langen Stellungnahme, die am 10. September nach Brüssel geschickt wurde.
Hintergrund für die Neuregelung
Hintergrund ist die Aufforderung der EU-Kommission, die EG-Nitratrichtlinie einzuhalten. Vor allem in Regionen mit intensiver Landwirtschaft würden die Nitratkonzentrationen in den Gewässern die Grenze von 50 mg je Liter teilweise deutlich überschreiten, so die Beamten aus Brüssel. Ihrer Ansicht nach bemüht sich die Bundesregierung nicht um Verbesserungen. Nach mehrmaliger Androhung eines Vertragsverletzungsverfahrens müssen die Bauern nun in den sauren Apfel beißen.
Das Thünen-Institut rechnet damit, dass die neuen Düngeregeln hierzulande den Stickstoffüberschuss um 15 bis 20 % verringern können. In Kraft treten soll die neue Verordnung Anfang nächsten Jahres.
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