Die Diskussion um den Fleischkonsum wird einseitig und fachlich falsch diskutiert, so der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Michael Horper.
Kritisch sieht er den vom WWF genannten Pro-Kopf-Verbrauch in Höhe von 88,3 Kilogramm Fleisch im Jahr: „Hier wird bereits der Verbraucher getäuscht, da in dieser Zahl auch die industrielle Verwertung einschließlich Knochen und Verluste enthalten sind. Der tatsächliche Fleisch- und Wurst-Verbrauch beträgt nach Feststellung der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung lediglich 60,3 Kilogramm, also 32 Prozent weniger.“
In der gesamten Diskussion um den Fleischverzehr werde völlig außer Acht gelassen, dass 70 Prozent der weltweit landwirtschaftlich genutzten Fläche Grünland sei, so Horper weiter. Die Fleisch- und Milchviehbetriebe dieser Welt seien auf dieses Grünland angewiesen. Neben den bekannten riesigen Grünlandflächen der Pampa in Südamerika, der Savannen in Afrika oder Taiga in Asien könnten auch viele Dauergrünlandflächen der Hoch- und Mittelgebirge Europas und Deutschlands nicht ackerbaulich genutzt werden. Ein Wegfall der Tierhaltung schade den Grünlandflächen. Dieses würde gerade in Mitteleuropa verbuschen und sich zu Wald entwickeln, mit all den negativen Konsequenzen für die Artenvielfalt.
Nur in einem sehr kleinen Bereich der gemäßigten Zonen sei die Umwandlung von Acker in Grünlandflächen und umgekehrt möglich. Dort aber die Tierhaltung und somit auch das Grünland gezielt zurückdrängen zu wollen, sei absolut indiskutabel. Ein in die Diskussion geworfener „Gülle-Euro“ würde nur die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage der europäischen Bauernfamilien weiter verschärfen, so Horper.
Die Not der Betriebe würde sich vergrößern. Ein solcher Vorschlag sei ignorant und menschenverachtend. Die Landwirtschaft arbeite zurzeit hart daran, die organischen Wirtschaftsdünger besser zu verteilen und somit die Bodenstrukturen und Humusgehalte auf den Ackerflächen weiter zu verbessern. Dies sei sowohl im Sinne der Landwirtschaft, als auch des Naturschutzes.
Der Vorschlag zum Gülle-Euro verhindere die gewünschte Kreislaufwirtschaft. Er verteuere die Produktion und vernichte viele bäuerliche Betriebe. „Ich werde das Gefühl nicht los, dass mit dieser völlig kontraproduktiven Forderung diverse Umweltorganisationen nur wieder einmal mehr Aufmerksamkeit erzielen wollen. Sie sind schließlich wirtschaftlich denkende und arbeitende Organisationen mit einer gehörigen Portion Eigeninteresse“, so Horper.
Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau weist abermals darauf hin, dass mit der Wortwahl, z. B. Massentierhaltung, Polemik betrieben wird. Viele Tiere einer Herde können durchaus tierfreundlich gehalten werden. Gerade in den letzten 30 Jahren hat sich die Tierhaltung trotz höherer Tierbestände wesentlich verbessert. Wellnessbereiche gehören beim Stallbau bereits zum Standard.
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