Wie können im Jahr 2050 die dann auf der Erde lebenden 9 Mrd. Menschen von der Landwirtschaft ernährt werden, wenn gleichzeitig auf einem wachsenden Teil der Anbauflächen Energiepflanzen und Futtermittel angebaut werden? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Agrarwissenschaftler Dr. Stefan Seibert von der Uni Bonn im renommierten Wissenschaftsblatt Nature.
Um die Nahrungsmittelproduktion zu steigern und die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft zu begrenzen, spricht das Team fünf Empfehlungen aus:
Die Ausbreitung landwirtschaftlicher Flächen, besonders in den Tropen, muss gestoppt werden. Gemeint sind hier vor allem die Flächen, die durch Abholzung der Regenwälder gewonnen werden.
Durch Einsatz angepasster Sorten und besserer Anbaumethoden insbesondere in Teilen Afrikas, Lateinamerikas und Osteuropas lasse sich die Nahrungsmittelproduktion global um 60 % steigern. Dabei schließen die Autoren eine Intensivierung (chemische Dünger, Pflanzenschutz, Zucht etc.) nicht aus.
Künstliche Bewässerung und Düngemittel seien nur dort einzusetzen, wo es sich wirklich lohnt. So werde derzeit etwa ein Viertel der Anbaufläche weltweit bewässert, das sorge für 34 % der landwirtschaftlichen Produktion. Ohne Beregnung würde die Weltgetreideproduktion um etwa 20 % sinken.
Die besten Ackerböden sollen dem Anbau von Grundnahrungsmitteln vorbehalten bleiben. Auf ungünstigeren Standorten sollten Energiepflanzen angebaut werden.
Derzeit verdirbt weltweit mehr als ein Drittel der Lebensmittel, wird von Schädlingen gefressen oder landet im Abfall. Wenn man das verhindert, könnten die verfügbaren Kalorien pro Person um fast 50 % erhöht werden.
Zusammenfassend stellen die Forscher fest, dass rund um den Globus erheblicher ökonomischer um verwaltungstechnischer Anstrengungen bedarf, um jede der fünf Empfehlungen umzusetzen. Die Reform der globalen Handelspolitik sowie das Streichen preisverzerrender Zölle werde besonders wichtig sein, aber ebenso auch die Entwicklung neuer landwirtschaftlicher Praktiken. Gelinge es, bei den 16 weltweit wichtigen Ackerfrüchten die möglichen, in der Natur der Pflanzen angelegte Ertragskraft auf 95 % zu heben, könnte dies 2,3 Mrd. t Nahrungsmittel zusätzlich bringen; das entspräche einem Mehrertrag von 53 %.
Die moderne Landwirtschaft hält Seibert für hoch effizient. Einzige Schwäche sei ihre Anfälligkeit gegenüber Naturkatastrophen bzw. klimatischen Störungen, neuen Seuchen und ökonomischen Belastungen. (ad)
Zusammenfassung aus dem Wochenblatt Westfalen-Lippe (45/2011)