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Gerichtsprozess

Einzelfall: Jäger muss Wildschaden in gewerblichen Biogas-Mais nicht ersetzen

Vor dem Amtsgericht Plettenberg (NRW) hat ein Landwirt seinen Prozess gegen einen Jagdpächter verloren.

Lesezeit: 4 Minuten

Vor dem Amtsgericht Plettenberg (NRW) hat ein Landwirt seinen Prozess gegen einen Jagdpächter verloren. Der Jäger muss einen Schwarzwildschaden im Mais nicht ersetzen, weil die Pflanzen in einer Biogasanlage gewerblich genutzt werden. Aber Vorsicht: Das war eine Einzelfallentscheidung und gilt nicht generell!


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Bei dem Streit ging es um einen Schwarzwildschaden von 365,70 Euro, berichtet der Nordbayerische Kurier. Das Gericht wies die Klage im Dezember 2014 ab (Az. 1 C 425/13). Eine Berufung ist nicht möglich, da der Streitwert unter 600 Euro liegt.


Nach Ansicht der Richterin hatte der Kläger nicht nachgewiesen, in welchem Umfang er den Mais auch an seine Tiere verfüttert, also rein landwirtschaftlich nutzt. Der Kläger betreibe mit einem Berufskollegen eine Biogasanlage als Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Er nutze den Mais primär gewerblich.


Laut dem Jagdvertrag sei der Beklagte nur zum Wildschadenersatz auf landwirtschaftlich genutzten Flächen verpflichtet. Entscheidend sei, was sich Jagdpächter und Verpächter des Eigenjagdbezirks unter dem Begriff „landwirtschaftlich genutzte Fläche“ bei Vertragsabschluss vorgestellt hätten. Dem Pachtvertrag könne man dazu nichts entnehmen. Die Biogasanlage erzeuge Strom, der gegen Entgelt ins öffentliche Netz eingespeist werde.


Damit falle der Maisanbau nicht mehr unter den Begriff Landwirtschaft, urteilte die Richterin. Eine solche Einordnung erfolge auch im Steuerrecht. Danach liege ein landwirtschaftlicher Betrieb nicht mehr vor, wenn ein Landwirt nahezu seine gesamte Maisernte in einer Biogasanlage verwerte.


„Ein Urteil ohne besondere Bedeutung“


„Das Urteil hat keine grundsätzliche Bedeutung für den Anbau von Mais“, stellt unterdessen der Geschäftsführer des Verbandes der Jagdgenossenschaften und Eigenjagden (VJE), Rechtsanwalt Jürgen Reh, klar. Nach § 29 I BJagdG bestehe eine umfassende Haftung der Jagdgenossenschaften für Schäden an Grundstück und dem Aufwuchs und zwar davon, ob eine gewerbliche oder eine landwirtschaftliche Nutzung erfolge. Die Jagdgenossenschaft hafte also immer vollständig. Werde eine vollständige Übernahme im Pachtvertrag durch den Jagdpächter vereinbart, so hafte dieser für alle erstattungspflichtigen Wildschäden.

 

Wenn allerdings im Jagdpachtvertrag nur eine eingeschränkte Übernahme vereinbart sei – und das sei auch dann der Fall, wenn die Übernahme etwa nur auf land- und forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke beschränkt sei – könne überhaupt der Fall eintreten, dass sich ein Pächter darauf berufen könne, dass ein Grundstück nicht landwirtschaftlich genutzt werde. Dann hafte aber immer noch die Jagdgenossenschaft.

 

Weiterhin erfolge der Maisanbau laut Reh in aller Regel durch Landwirte und nicht durch Gewerbebetriebe. Dies bedeute, dass der Geschädigte auch dann einen Anspruch gegen den Jagdpächter habe, wenn eine Übernahme auf landwirtschaftlich genutzte Flächen vereinbart worden sei.

 

Auch könne man durch eine Auslegung des jeweiligen Jagdpachtvertrags in aller Regel zu dem Ergebnis kommen, dass Verpächter und Jagdpächter mit dieser Formulierung keine Haftungsabgrenzung nach steuerrechtlichen Kriterien vereinbart haben. Vielmehr könne das gemeinsame Vertragsverständnis regelmäßig dahin gehend gedeutet werden, dass mit der Haftungsbegrenzung auf landwirtschaftlich genutzte Grundstücke unübersehbare landwirtschaftsuntypische Risiken ausgeschlossen werden sollten. Bei dieser Haftungsbegrenzung sei es z.B. gewiss nicht der Wille des Jagdpächters, auch in Haftung für Schäden an baulichen Anlagen oder Einrichtungen zu übernehmen, die nicht im Zusammenhang mit der Landwirtschaft stünden. Aber auch für sonstige wirtschaftliche Grundstücksnutzungen – etwa Anlagen zur Freizeitnutzung – wolle ein Jagdpächter bei diesem Haftungsausschluss in der Regel nicht haften.

 

Wenn ein Jagdpächter keine Haftung für Mais übernehmen wolle, der für Biogasanlagen gedacht sei, werde dies üblicherweise ausdrücklich so in den Pachtvertrag hineingeschrieben. Ggf hätte auch das Amtsgericht Plettenberg durch eine umfassende Auslegung zu dem Ergebnis kommen können, dass eine Haftungsübernahme unabhängig davon vereinbart war, ob es sich nun um landwirtschaftlichen oder gewerblichen Maisanbau gehandelt hat. Augenscheinlich sei es aber so gewesen, dass der Kläger – trotz gerichtlicher Aufforderung – nicht weiter im Prozess vorgetragen habe, so dass es zu der ablehnenden Entscheidung im schriftlichen Verfahren gekommen sei.

 

Nicht nur Jagdpächter neigten im Moment zur Überbewertung der Entscheidung, sondern auch Jagdgenossenschaftsvertreter. Letztere gingen zum Teil rechtswidrig davon aus, dass für Bioenergiemais jetzt nicht mehr gezahlt werden müsse. Dies sei natürlich falsch, so Reh. Auch weiterhin müsse sorgfältig darauf geachtet werden, dass Jagdpächter den Wildschaden voll übernehmen und zwar uneingeschränkt für alle Grundstücksschäden und den Aufwuchs, stellt der Rechtsanwalt klar.

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