In einem Schreiben an den EU-Abgeordneten und designierten Parlamentspräsidenten Martin Schulz aus Würselen hat der Präsident des Rheinischen Landwirtschafts-Verbandes (RLV), Friedhelm Decker, seine Besorgnis über die beabsichtigte Neuabgrenzung benachteiligter Gebiete zum Ausdruck gebracht. Auch die Aachener EU-Abgeordnete Sabine Verheyen bat der Präsident um Unterstützung gegenüber den Plänen der Brüsseler EU-Kommission.
Seit den 70er Jahren erhalten landwirtschaftliche Betriebe in Regionen mit erschwerten natürlichen Produktionsbedingungen – diese umfassen etwa Hanglagen oder Gebiete mit geringer Bodenqualität – die sog. Ausgleichszulage, um den Fortbestand der Landbewirtschaftung und damit den Erhalt vielfach einzigartiger Landschaften sicherzustellen, erklärt Decker. Die schwierige Situation benachteiligter Gebiete belegten nicht zuletzt Zahlen des Agrarberichts 2011, die ein unverändert niedrigeres Einkommen von Betrieben in benachteiligten Regionen ausweisen.
Die Europäische Kommission beabsichtigt nun, die benachteiligten Gebiete nach acht biophysikalischen Kriterien neu festzulegen. „Testergebnisse auch aus anderen Regionen der EU zeigen jedoch, dass die Vorschläge der Kommission nicht praktikabel sind sowie zu erheblichen und nicht nachvollziehbaren Gebietsverschiebungen führen“, kritisiert der Bauernpräsident. Der Ansatz der Brüsseler Behörde lässt seiner Meinung nach insbesondere außer Betracht, dass zwischen verschiedenen Standortfaktoren eine ertragsbestimmende Wechselwirkung besteht. So habe etwa eine auch nur kurzzeitige Trockenheit sehr viel gravierendere Auswirkungen auf steinigen Oberböden in Hanglage als auf Standorten mit günstigerer Bodenbeschaffenheit.
Die Kommission betrachte dagegen ausschließlich Einzelfaktoren. „Werden die Schwellenwerte selbst mehrerer Indikatoren auch nur knapp verfehlt, wird das Gebiet nicht als benachteiligt eingestuft“, kritisiert Decker. Zielführender wäre jedoch nach Auffassung des RLV-Präsidenten eine Kombination verschiedener Benachteiligungsfaktoren wie im bestehenden Indexsystem hierzulande, ergänzt um Gebiete mit hohem Dauergrünlandanteil als prägendem Element benachteiligter Mittelgebirgsregionen. „Es kann nicht angehen, die heutige Gebietsabgrenzung zugunsten eines Systems aufzugeben, das keine plausiblen Ergebnisse liefert“, schrieb er abschließend. (ad)
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