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Luftreinhaltung: Europaparlament klammert Methanemissionen aus

Das Europaparlament plädiert für beträchtliche Verringerungen der landwirtschaftlichen Ammoniakemissionen, ist jedoch gegen eine Pflicht zur Reduzierung des Methanausstoßes von Wiederkäuern. In diesem Sinne stimmte das Plenum über die Neufassung der NEC-Richtlinie ab. Die einen freuts, die anderen sind entsetzt...

Lesezeit: 7 Minuten

Das Europaparlament plädiert für beträchtliche Verringerungen der landwirtschaftlichen Ammoniakemissionen, ist jedoch gegen eine Pflicht zur Reduzierung des Methanausstoßes von Wiederkäuern. In diesem Sinne stimmte das Plenum am Mittwoch in Straßburg über die Neufassung der Richtlinie über nationale Emissionshöchstmengen für bestimmte Luftschadstoffe (NEC-Richtlinie) ab.


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Bei Ammoniak folgten die Abgeordneten der EU-Kommission und fordern mehrheitlich, den Ausstoß im Vergleich zu 2005 bis 2030 EU-weit um 27 % und in Deutschland um 39 % zu senken. Der Vorlage des Umweltausschusses, die Anforderungen weiter zu verschärfen und sogar Ziele von minus 30 % beziehungsweise minus 46 % vorzusehen, wurden nicht übernommen.


Die Berichterstatterin Julie Girling von den britischen Konservativen erhielt das Mandat, die Schlussverhandlungen mit dem Rat und der Europäischen Kommission aufzunehmen, um noch in Erster Lesung zu einer Einigung gelangen. Die Mitgliedstaaten haben bislang noch keine gemeinsame Positionierung erreicht, sich jedoch bereits vorab für die Herausnahme von Methan ausgesprochen. (AgE)


„Ein Galgen für die bäuerlichen Familienbetriebe“


"Hätten sich die grünen Fachidioten durchgesetzt", so der Europaabgeordnete Arne Gericke (Familien-Partei), "hätten wir in Deutschland jede zweite Kuh schlachten müssen - oder aber das Weide-Vieh zurück in den Stall pressen, um das Methan dann in teuren Filteranlagen zu erfassen. Das ist komplett lebensfremd - und ein Galgen für die bäuerlichen Familienbetriebe".

 

Gemeinsam mit polnischen Fraktionskollegen hat Gericke deshalb in letzter Minute acht Änderungsanträge zur Streichung des Methans eingebracht - und eine breite Mehrheit im Plenum dafür erhalten.

 

Gericke ist zufrieden: "Mein Vorschlag hat eine Mehrheit gefunden. Er korrigiert einen groben Fehler im Richtlinienentwurf über die Verringerung der nationalen Emissionen bestimmter Luftschadstoffe und bewahrt unsere bäuerliche Landwirtschaft vor existenzbedrohenden Folgen". Es sei, so Gericke, "ja schon fast wieder tragisch-witzig, dass es ausgerechnet Umweltschützer und Grüne sind, die unseren Landwirten, den bäuerlichen Familienbetrieben einen solchen Unsinn verordnen und die Kühe zurück in den Stall pressen wollten".


Jahr befürchtet Produktionsverlagerung ins Ausland


„Für die deutsche Landwirtschaft bedeutet das Abstimmungsergebnis, dass mit erheblichen Produktionsverlagerungen in Drittländer außerhalb der EU zu rechnen ist“, so kommentierte der sächsische Europaabgeordnete Dr. Peter Jahr (CDU) die Abstimmung des Europäischen Parlaments über neue Luftqualitätsziele bis zum Jahr 2030.


Gegen die Stimmen der EVP, der auch Peter Jahr angehört, wurden seiner Meinung nach überambitionierte Ziele angenommen, die die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Landwirtschaft gefährden würden. Speziell das für Deutschland beschlossene Ziel einer weiteren Senkung der Ammoniakemissionen um 39 % bis zum Jahr 2030 wäre allein durch technische Maßnahmen nicht zu erreichen.


„Zumindest im Hinblick auf die künftige Regulierung des Luftschadstoffs Methan ist positiv zu vermerken, dass die „Emissionen“ von Tieren nicht erfasst werden sollen. Schließlich können wir Kühen und Rindern nicht per Gesetz vorschreiben ihre Verdauung einzustellen, um kein Methan zu erzeugen“, führt Jahr aus. Zudem gibt es laut dem Europaabgeordneten klare Zielkonflikte mit Tierwohl-Aspekten, da die Tiere weniger an der offenen Luft, sondern in geschlossenen Ställen mit Filteranlagen gehalten werden würden.


„Um die Luftqualität weiter zu verbessern, müssen wir uns auf die Bereiche konzentrieren, in denen Emissionsminderungen auch tatsächlich technisch machbar sind. Im Hinblick auf die nun anstehenden Verhandlungen zwischen dem Parlament und den Mitgliedstaaten sehe ich noch  viel Nachbesserungsbedarf“, erklärte Jahr abschließend.


Kniefall vor der industriellen Massentierhaltung


Gemischte Reaktionen kommen vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). "Trotz dieser Industriekampagnen hat sich das EU-Parlament klar auf die Seite der Bürger gestellt und zum Umweltschutz verpflichtet. Kurz vor der wichtigsten Klimakonferenz im Dezember in Paris ist das auch als ein deutliches Bekenntnis für Klimaschutz zu werten", lobt BUND-Präsident Hubert Weiger den Beschluss.


Negativ bewertete er aber, dass die EU-Parlamentarier die Chance vergeben hätten, stärkere Reduktionsziele für die Mehrzahl der Luftschadstoffe festzulegen. Dies hatte zuvor der Umweltausschuss vorgeschlagen. "Diese Entscheidung des Parlaments ist nicht nachvollziehbar, weil Luftverschmutzung die gravierendste Umweltursache für Todesfälle in Europa ist", sagte Weiger.

 

"Auch dass bei dem Reduktionsziel für Methan die direkten Emissionen von Wiederkäuern ausgenommen wurden, ist nicht akzeptabel. Dies ist ein Kniefall vor der industriellen Massentierhaltung, die zu den größten Verursachern von klimaschädlichen Treibhausgasen in der Landwirtschaft zählt", kritisierte Weiger. Methan entstehe zu einem großen Teil in der Massentierhaltung, ist Vorläuferstoff für bodennahes Ozon und wirkt besonders klimaschädlich.


Deß begrüßt Methanausschluss


Für Albert Deß, den agrarpolitischen Sprecher der EVP-Fraktion, ist es eine gute Entscheidung, Methan im Zusammenhang mit der Rinderhaltung ganz aus der Richtlinie zu streichen. Seiner Meinung nach wäre es sonst zu einer massiven Beeinträchtigung der europäischen Rinderproduktion gekommen.

 

"Bei Ammoniak erwarten wir, dass die Kommission in den Verhandlungen mit dem Rat und dem EP, eine verbesserte Lastenverteilung vorschlägt. Es kann nicht sein, das Deutschland 39 % bis 2030 reduzieren muss, wo andere Mitgliedstaaten viel weniger reduzieren müssen", so Deß weiter. Dabei müssten Kriterien wie Verhältnismäßigkeit und auch die Ausgewogenheit zwischen den Mitgliedsstaaten beachtet werden.

 

Der Agrarausschuss hatte bereits im Vorfeld beschlossen, dass Methan nichts in der NEC-Richtlinie zu suchen hat. Diesem Vorschlag ist das Parlament nun gefolgt. Die im Kommissionsvorschlag genannten Obergrenzen bei Ammoniak und Methan hätten die die Tierproduktion in Europa gefährdet. „Wir dürfen nicht zulassen, dass durch überzogene EU-Vorschriften die Tierproduktion in andere Agrarregionen verlagert wird, in denen unsere hohen Tierschutz- und Umweltstandards nicht gelten“, so Albert Deß abschließend.


Häusling lobt Beschluss und schimpft auf Agrar-Lobby


Auch Martin Häusling, Agrar-Sprecher der Grünen im Europaparlament, begrüßt den Beschluss, allerdings aus einer anderen Sicht.So seien die Verschärfungen eine gute Nachricht für die Gesundheit der EU-Bürger. Schließlich würden jedes Jahr bis zu 450 000 Menschen an Luftverschmutzung sterben. Häusling rief die EU-Mitgliedsstaaten auf, nun diesem Votum zu folgen und schnellstmöglich die Grenzwerte zu verabschieden.


Der Grünen-Politiker gibt der Agrarbranche jedoch noch einen Seitenhieb mit: "Die Landwirtschaftslobby hatte starken Druck auf die Parlamentarier ausgeübt, Methan und Ammoniak von der Liste der zu reduzierenden Schadstoffe zu streichen; teilweise mit haarsträubenden Argumenten, etwa dass eine Reduzierung dieses Stoffes, dazu führen würde, dass Kühe in Bayern geschlachtet werden und die Produktion zurück gefahren werden müsse", kritisiert Häusling.


Eine Mehrheit der Abgeordneten habe deshalb dafür gestimmt, Wiederkäuer von der Methan-Regel auszunehmen. Die Gesetzgebung wird seiner Meinung nach dadurch geschwächt, obwohl Landwirte genug Möglichkeiten hätten zum Beispiel durch andere Futter- oder Düngemittel den Ausstoß des Schadstoffes zu reduzieren.


Unklar, wie Kühe jetzt berücksicht werden


Nicht zufrieden mit dem Ergebnis ist Ulrike Müller von den Freien Wählern in Bayern. Kühe würden aus der Pflicht zur Verringerung des Methanausstoßes herausgenommen. Zugleich votierte das Europaparlament in Straßburg für eine deftige Reduktion von Ammoniakemissionen in der Landwirtschaft.

 

„Bei der Berücksichtigung von Methan konnte auf den ersten Blick ein Teilerfolg erreicht werden“, erläutert die Abgeordnete. Zwar sei bei Methan für eine Ausnahme der Wiederkäuer plädiert worden. „Wie Kühe in der jetzt vorliegenden Richtlinie berücksichtigt werden, ist für mich allerdings noch völlig unklar“, stellt Ulrike Müller fest.

 

Außerdem problematisch seien die nicht nachvollziehbaren nationalen Ammoniak-Reduzierungswerte, kritisiert sie weiter. Es sei positiv, dass nicht die hohen Reduktionsziele des Umweltausschusses übernommen worden sind. „Allerdings fürchte ich, dass wir die von der Kommission für Deutschland geforderten 39 % nicht umsetzen können. Die familiengeführten Betriebe würden bei dem immensen technischen Aufwand in existenzielle Nöte geraten“, macht sie deutlich.

 

„Dass sich auch die Landwirtschaft an einer Verbesserung des Klimas und einer Verringerung der Luftschadstoffe beteiligen muss, ist unbestritten“, führt Müller an, betont aber: „Hier muss in erster Linie die Bedeutung der Landwirtschaft als Lebensmittelversorger gesehen werden. Dafür sind Maßnahmen nach Augenmaß gefordert.“


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