Landwirte in Nordrhein-Westfalen müssen sich weiterhin mit Negativpresse der Naturschutzorganisation NABU auseinandersetzen. Es geht immer noch um die so genannten "Abwasserpilze". Das sind verschiedene Bakterien, die im Winter an verschmutzten Gewässern auftreten und wieder verschwinden, wenn sich die Wasserqualität normalisiert.
Ursache sind laut dem NABU häufig Einleitungen von Sickerwässern und Gärsäften. Und genau das werfen die Naturschützer den Bauern vor: Sie würden gewässerschädliche Gärrestesickerwässer von Silage- und Mistlagerplätzen in die Fließgewässer laufen lassen. Die Landesregierung, Untere Wasserbehörden und Landwirtschaft seien daher jetzt gefordert, das zu stoppen.
In den vergangenen Wochen sind beim NABU NRW und beim Fischereiverband NRW zahlreiche Meldungen und Bilddokumente über massiven Befall mit Abwasserpilz in kleinen Fließgewässern aus den Kreisen Borken, Coesfeld, Gütersloh, Höxter, Soest, Steinfurt und Warendorf sowie der Stadt Münster eingegangen. Neu sei das Problem nicht, nur die Ausmaße, die es mittlerweile angenommen hat, heißt es.
Im Kreis Borken habe eine exemplarisch durchgeführte Erhebung vom 27.12.2015 bis 19.01.2016 im Gewässersystem der Bocholter Aa gezeigt, wie eklatant die Auswirkungen tatsächlich seien, schreibt der Verein weiter. Hier sei es allein in diesem Zeitraum an 10 Stellen zu fortwährenden Einleitungen gewässerschädlicher Sickerwässer und Gärsäfte gekommen. Diese hätten über weite Strecken zur Bildung von zum Teil massivem Befall mit dem Abwasserpilz geführt.
„Insgesamt 90 Biogasanlagen und ca. 2.800 landwirtschaftliche Hofstellen gibt es im Kreis Borken. Auch an Standorten von Viehbetrieben mit Silagelagerung gelangen hier Abwässer häufig ungehindert in Gräben, Vorfluter und Bäche und führen so zu einer dauerhaften Verödung der kleinen Fließgewässer“, sagte Dr. Olaf Niepagenkemper, Beauftragter des Fischereiverbandes NRW für die Bearbeitung der Wasserrahmenrichtlinie. Diese Missstände seien leider in ganz NRW und darüber hinaus zu erwarten. Schon bekannt gewordene Einzelfälle deuteten darauf hin.
Damit rückt die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie in den betroffenen Gewässern in weite Ferne. Danach sollten bis Ende 2015 alle oberirdischen Gewässer einen guten ökologischen und chemischen Zustand erreichen, bei einem gleichzeitigen Verschlechterungsverbot. „Nicht nur im Kreis Borken wurde dieses Ziel weit verfehlt. Vielmehr erscheint es bis dato wie eine leere Phrase und ehrenamtliches Engagement im Gewässerschutz ist unter den derzeitigen Umständen nicht mehr als eine sinnlose Verschwendung von Lebenszeit“, erklärte Josef Tumbrinck, Vorsitzender des NABU NRW.
Er fordert für Silolagerstätten an Biogasanlagen und anderen landwirtschaftlichen Betrieben Sonderprüfungen, die auch die in der Nähe der Betriebe liegenden Gräben und Fließgewässer mit einbeziehen. Die vorgesehenen Gewässerrandstreifen in einer Breite von 5 m, die 2022 eingerichtet werden sollen, falls die Gewässer bis dahin keinen guten Zustand erreicht haben, seien zwingend zeitnah umzusetzen.
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