Die EU droht Deutschland mit einem Vertragsverletzungsverfahren wegen Versäumnissen bei der Ausweisung neuer Naturschutzgebiete und deren Erhalt. EU-Umweltkommissar Karmenu Vella habe in einem Schreiben an Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mit einer Klage gegen die Bundesrepublik vor dem Europäischen Gerichtshof gedroht, schreibt die Mitteldeutsche Zeitung.
Konkret prangert der Kommissar offenbar an, dass Deutschland mehr Vogelschutz- und FFH-Gebiete ausweisen müsse. Diese sollen im Projekt Natura 2000 europaweit miteinander vernetzt werden, um den Artenaustausch zu ermöglichen.
Die sechsjährige Frist lief demnach 2010 aus. Doch nahezu 2.800 von 4.700 Schutzgebieten in Deutschland wurden nicht in dieser Frist ausgewiesen. Für mehr als die Hälfte, nämlich 2.663 Schutzgebiete, habe Deutschland bis heute keine Maßnahmen zum Erhalt des Schutzstatus benannt, heißt es in dem Zeitungsbericht. Die Bundesrepublik wolle die Versäumnisse zwar beseitigen – sich dafür aber bis 2022 Zeit lassen. "Für die Kommission ist diese Zeitplanung nicht akzeptabel", zitiert die Zeitung EU-Kommissar Vella.
Naturschutzgebiete: Bundesregierung verspielt Vorreiterrolle
Steffi Lemke, Sprecherin für Naturschutz bei den Grünen, spricht unterdessen von einer „heftigen Klatsche für die Bundesregierung“. „Mit eklatanten Versäumnissen verspielen wir eine Vorreiterrolle, denn Natura 2000 ist ein Projekt mit internationaler Strahlkraft“, so Lemke.
Das jetzige Verfahren und auch möglich Strafzahlungen seien die Folge jahrelanger Verschleppung. „Es ist skandalös, dass fünf Jahre nach Fristablauf der Erhalt und die Ausweisung der Natura 2000 Flächen noch immer ungeklärt ist. Schlimmer noch: Die Bundesregierung wollte damit sogar noch bis zum Jahre 2022 warten.“ Sie forderte die Bundesregierung auf, jetzt eine Naturschutz-Offensive zu starten.