Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Bürokratieabbau Agrarantrag 2024 Maisaussaat Erster Schnitt 2024

News

Preisspirale: Jetzt ist Geflügelfleisch dran

Der Discounter Aldi hat die Preise für Geflügel um bis zu 20 % gesenkt und damit eine neue Billigpreisrunde eingeläutet, die den Kampf um das billigste Fleisch weiter anheizt. Die „Aufschnitt-Spezialität“ gibt es zehn Cent billiger. Für die 1100- Gramm-Schale Hähnchenschenkel zahlt der Kunde nur noch 2,79 Euro.

Lesezeit: 4 Minuten

Der Discounter Aldi hat die Preise für Geflügel um bis zu 20 % gesenkt und damit eine neue Billigpreisrunde eingeläutet, die den Kampf um das billigste Fleisch weiter anheizt. Die „Aufschnitt-Spezialität“ gibt es zehn Cent billiger als vor ein paar Wochen. Für die 1100- Gramm-Schale Hähnchenschenkel zahlt der Kunde nur noch 2,79 Euro, berichtet die Augsburger Allgemeine.

 

Erst kürzlich hatte der Discounter die Preise für Butter und Eier gesenkt. Und da Aldi meist die Preise vorgibt, war es nur eine Frage der Zeit, bis nicht nur Lidl und Norma, sondern auch Rewe und Edeka nachzogen. Aktuell sind Eier fast ein Viertel billiger als vor einem Jahr, Butter gibt es 10 % günstiger, Frischfleisch bis zu 20 %. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt mahnt zwar, die wertvoll erzeugten Lebensmittel nicht zu verschleudern, geändert hat sich allerdings nichts. Bayerns Bauernpräsident Walter Heidl nennt es daher einen „Skandal“ und „unmoralisch“, wenn Kunden mithilfe von Dumpingangeboten in die Läden gelockt werden.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Lebensmittel werden verramscht


Discounter-Experte Matthias Queck vom Marktforschungsunternehmen Planet Retail sieht die Sache etwas nüchterner. Verbraucher achteten vor allem darauf, was frische Produkte kosten. Sind diese Eckpreise niedrig, bezieht der Kunde das auch auf das restliche Sortiment. Darum senken die Discounter ein ums andere Mal die Preise, Aldi voran. Queck sagt: „Das Unternehmen will zeigen, wer in Deutschland der Preisführer ist.“


Für  den Vorsitzenden des Verbandes der Milcherzeuger Bayern, Leonhard Welzmiller, sind das Reizworte. „Fleisch und Milch muss billig sein. Das ist die Preispolitik der Discounter. Unsere Grundnahrungsmittel werden einfach verramscht“, sagte er der Zeitung. Die Gewinne holten die Discounter eben bei anderen Produkten wieder herein. Doch Welzmiller weiß, wie die Märkte funktionieren. Nicht nur, weil er seit über 40 Jahren in Weil im Kreis Landsberg einen Hof mit 120 Kühen und 120 Stück Jungvieh führt. Sondern vor allem, weil er durch sein Ehrenamt weiß, wie viel Macht der Handel hat. Der 62-Jährige berichtet von stabilen Märkten, davon, dass die Russen bayerischen Käse und die Chinesen Milchpulver kaufen – und dass die Preise in dieser Lage nicht zurückgehen dürfen.


Passiert ist es trotzdem, zumindest bei der Butter, die nach zwei Preissenkungen für weniger als einen Euro zu haben ist. Nun fürchten die Erzeuger, dass die Preisschlacht im Kühlregal andere Produkte erreichen könnte, Trinkmilch, Käse oder Joghurt. Denn der Butterpreis hat Signalwirkung: Sinkt er, werden meist auch andere Milchprodukte günstiger, schreibt die Augsburger Allgemeine.


10 Cent pro Hähnchen verdient


Nach Ansicht von Hähnchenmäster Richard Herb aus Aichach ist der Hunger auf Hähnchenbrust und Hähnchenschenkel seit Jahren groß – und seit Aldi & Co. vor einigen Wochen die Preise gesenkt haben, scheint er noch viel größer geworden zu sein. „Die Leute kaufen so viel, dass wir Erzeuger die Nachfrage gar nicht bedienen können“, sagt der 36-Jährige.


Für ein 2,5 Kilo schweres Hähnchen bekommt der Betrieb derzeit 2,26 Euro von der Schlachterei. Zieht er davon die Kosten ab, die er an die Brüterei für das Küken zahlt, sowie die für Futter, Energie, Einstreu, Tierarzt und Reparaturen, bleiben gerade einmal 22 Cent. Davon muss der Bauer den Kredit für den 750 000 Euro teuren Stall abzahlen, den Vater und Sohn vor drei Jahren nach den Vorgaben des Geflügelkonzerns Wiesenhof gebaut hat. Maximal zehn Cent verdient der Mäster derzeit nach Abzug aller Kosten am Hähnchen. Und ihm könnte bald noch weniger bleiben – jetzt, wo Aldi eine neue Billigpreisrunde eingeläutet hat. „Ich bin sofort bereit, nur halb so viele Tiere in meinen Stall zu tun“, sagt Herb. Doch mehr Platz kostet mehr Geld. „Und das muss auch jemand bezahlen.“


Handel untergräbt Initiative Tierwohl


Dabei hat man in der Branche das Problem längst erkannt – dass die Verbraucher einerseits mehr Tierwohl fordern, aber nur wenige bereit sind, den Preis dafür zu zahlen. Mit der „Initiative Tierwohl“ will der Bauernverband das Dilemma beheben. Doch nun, da die Discounter die Preise für Fleisch drücken, fühlen sich die Erzeuger getäuscht von den Partnern, mit denen man vor kurzem noch Tierwohl-Standards entwickelt hat. Bauernpräsident Heidl sagt: „Die Discounter unterlaufen die Initiative, die wir auf den Weg gebracht haben.“ Richard Herb hat einen anderen Verdacht – dass der Handel jetzt schon das Geld hereinholen will, das er demnächst in den Fonds einzahlen soll.


„Dem Handel ist es doch egal, ob wir Tierwohl haben, Hauptsache, er hat seine Marge.“ Und selbst Lidl hat Aldi zuletzt ungewöhnlich scharf angegriffen. Man würde es begrüßen, „wenn es trotz des harten Wettbewerbs in Deutschland gelänge, ein Preisniveau im Frischfleisch-Sektor zu finden, das die richtigen und wichtigen Anstrengungen für mehr Tierwohl unterstützt“. Doch als Aldi reduzierte, hat Lidl erst mal selbst die Preise gesenkt.

Die Redaktion empfiehlt

top + Das Abo, das sich rechnet: 3 Monate top agrar Digital für 9,90€

Unbegrenzter Zugang zu allen Artikeln, Preis- & Marktdaten uvm.

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.