Die Zwangsstilllegung des Vion-Schlachthofes in Bad Bramstedt wegen angeblicher Verstöße gegen Tierschutz- und Hygienebestimmungen ist endgültig zum Politikum geworden. Am vergangenen Mittwoch stand die Thematik auf Antrag der Grünen Landtagsfraktion auf der Tagesordnung der Sitzung des Innen- und Rechtsauschusses des schleswig-holsteinischen Landtages, an der auch die Mitglieder des Agrar- und Umweltausschusses teilnahmen.
Dort berichtete der leitende Oberstaatsanwalt Peter Schwab von 74 bei der Durchsuchung am 25. Februar sichergestellten Rinderköpfen, die mehrere oder gar keine Bolzenschüsse aufgewiesen hätten. Nach dem nicht öffentlichen Teil der Anhörung zeigte sich der Landesvorsitzende der FDP Schleswig-Holstein, Dr. Heiner Garg, vom Ausmaß der entdeckten hygienischen Mängel und Tierschutzverstöße betroffen: „Alle, die sich für die sofortige Wiederaufnahme des Betriebes einsetzen, sind nicht ganz dicht.“
Nach Angaben von Landwirtschaftsministier Robert Habeck sind die bisher vorliegenden drei Gutachten nicht so stichhaltig, dass die Produktion wieder aufgenommen werden kann. Am 7. März hatte das Kieler Agrarressort den Kreis Segeberg angewiesen, ein Verfahren zum Widerruf der Betriebszulassung einzuleiten.
Der Präsident des schleswig-holsteinischen Bauernverbandes, Werner Schwarz, brachte unterdessen seine Sorge um den Standort zum Ausdruck und wies darauf hin, dass eine dauerhafte Schließung nicht nur den Verlust von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung in der Region bedeute, sondern den Rinderhaltern auch die ortsnahe Vermarktungsmöglichkeit für ihre Tiere nehmen.
Auch die Vorsitzende des Bundesfachausschusses Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der FDP, Dr. Christel Happach-Kasan, wies darauf hin, dass für Schleswig-Holstein mit einem Bestand von 1,1 Mio. Rindern ein leistungsfähiger Rinderschlachthof von zentraler Bedeutung sei. Deswegen müssten alle erforderlichen Anstrengungen unternommen werden, um die Wiederaufnahme des Schlachtbetriebs in Bad Bramstedt zu ermöglichen.
Täglicher Verlust von 50 000 Euro
Das Schlachtunternehmen selbst bezeichnete die Stilllegung in Bad Bramstedt vor dem Hintergrund von fünf sachlichen und fachlichen Gutachten unabhängiger Institute, die einen einwandfreien Betrieb attestiert und die Wiederaufnahme der Produktion empfohlen hatten, als nicht nachvollziehbar. Das Unternehmen kündigte an, sich mit allen Mitteln dagegen zu wehren und neben einem Eilgerichtsverfahren auch Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe zu prüfen.
Nach Angaben des Direktors für Landwirtschaft der Vion, Dr. Heinz Schweer, kostet der Stillstand das Unternehmen täglich 50 000 Euro. Er gab am vergangenen Mittwoch bekannt, dass das Unternehmen seine Garantieerklärung nachgebessert habe: Die Betäubung der Tiere werde in Zukunft ganz genau überwacht. So soll laut Schweer die Betäubung sowohl von einer Videokamera gefilmt als auch von einer Tierärztin begleitet werden. Sollte sich jedoch für Bad Bramstedt keine Lösung abzeichnen, denkt Vion offenbar auch von sich aus über eine Schließung des Standortes nach.
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