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Uni Hohenheim hält Umsetzung des Tier-Gutachtens für machbar

Mehr Tierwohl für Kühe, Schweine und Co. ist nötig, möglich, finanzierbar und auch politisch machbar: Dieser Aussage des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik (WBA) des Bundesagrarministeriums schließen sich Forscher aus allen relevanten Disziplinen der Universität Hohenheim an.

Lesezeit: 5 Minuten

Mehr Tierwohl für Kühe, Schweine und Co. ist nötig, möglich, finanzierbar und auch politisch machbar: Dieser Aussage des Wissenschaftlichen Beirates für Agrarpolitik (WBA) des Bundesagrarministeriums schließen sich Forscher aus allen relevanten Disziplinen der Universität Hohenheim an.


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„Als forschungsstärkste Agraruniversität der Bundesrepublik ist uns Tierwohl ein Anliegen, das wir in vielen Forschungsprojekten aufgreifen und weiter vorantreiben wollen“, bekräftigt der Rektor der Universität, Prof. Dr. Stephan Dabbert.


Kernaussagen des Gutachtens für mehr Tierwohl


In den Gutachten stellen die WBA-Mitglieder unter anderem folgende Forderungen auf:

  • Zugang zu verschiedenen Klimazonen wie dem Außenklima für alle Nutztiere,
  • mehrere Funktionsbereiche in den Ställen mit verschiedenen Bodenbelägen,
  • mehr artgemäßes Beschäftigungsmaterial,
  • ausreichend Platz für jedes Tier,
  • Verzicht auf Amputationen,
  • Eigenkontrollen der Betriebe anhand von Tierwohlindikatoren,
  • deutlich reduzierter Arzneimitteleinsatz,
  • verbesserter Bildungsstand der Tierhalter/-pfleger (Sachkundenachweis).
Die Kosten für einen derartigen Umbau der Tierproduktion würden sich laut Gutachten auf rund 13 bis 23 Prozent der heutigen Produktionskosten belaufen. Zur Finanzierung bauen die Autoren auf staatliche Unterstützung, mehr Engagement des Handels und die Zahlungsbereitschaft der Verbraucher, die bislang noch nicht ausgeschöpft sei.

 

Um die Ziele zu erreichen, schlägt der Wissenschaftliche Beirat unter anderem vor:

  • eindeutigere und zusätzliche gesetzliche Mindeststandards zu etablieren,
  • Prämien und Kompensationszahlungen im Rahmen der 2. oder auch der 1. Säule der Gemeinsamen Agrarpolitik zu zahlen,
  • ein staatliches Tierschutzlabel zur Verbraucherinformation einzuführen und zu bewerben,
  • ergänzend privatwirtschaftliche Maßnahmen wie die Brancheninitiative Tierwohl und Selbstbeschränkungsabkommen zu fördern und
  • ein Forschungs- und Innovationsprogramm Tierwohl zu etablieren.


Agrartechniker: „Vorschläge sind anspruchsvoll aber technisch machbar“


Dass die Vorschläge zumindest für Neubauten umsetzbar wären, bestätigt Prof. Dr. Thomas Jungbluth. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Verfahrenstechnik der Tierhaltungssysteme an der Universität Hohenheim. „In der Praxis entstehen aber häufig Widersprüche zwischen den Zielen des Tierwohls und des Umweltschutzes“, stellt er heraus. „Wir arbeiten an einer Auflösung dieser Widersprüche.“

 

So wolle man beispielsweise den Tieren den Zugang zur Außenluft ermöglichen. „Doch die damit verbundene breitflächige Freisetzung von Emissionen kann zu Konflikten mit der Nachbarschaft oder mit Schutzgütern führen“, erklärt Prof. Dr. Jungbluth das Dilemma. „Somit ist es auch immer eine Frage der Genehmigungsfähigkeit am jeweiligen Standort.“

 

Das Fachgebiet sei derzeit maßgeblich an einem bundesweiten Projekt beteiligt, das die Emissionsdaten unter anderem von frei belüfteten Ställen erforschen wird. Ziel sei es dabei auch Entscheidungshilfen für Landwirte und andere Beteiligte zu erarbeiten.


Verhaltenswissenschaftler: „Gute Grundausrichtung aber noch hoher Forschungsbedarf“


Die Grundausrichtung der Empfehlungen in dem Gutachten hält auch Prof. Dr. Volker Stefanski, Inhaber des Lehrstuhls für Verhaltensphysiologie landwirtschaftlicher Nutztiere an der Universität Hohenheim, für absolut richtig.

 

Er sieht aber auch noch großen Forschungsbedarf bei der Frage, welche Faktoren tatsächlich einen Beitrag zum Wohlergehen der Tiere leisten. „Es gibt gute Indikatoren dafür, wenn es Tieren sehr schlecht geht, sie also Verletzungen oder Entzündungen aufweisen. Doch das reicht nicht: Körperliche Unversehrtheit allein bedeutet noch lange kein gutes Wohlergehen“, gibt Prof. Dr. Stefanski zu bedenken.

 

Dazu müsse man klären, was die Tiere eigentlich wollen. Er untersucht derzeit, welche Ansprüche Schweine an ihre Umwelt stellen.

 

„Wenn Muttersauen in größeren sozialen Gruppen gehalten und die Gruppen neu gemischt werden, entsteht eine soziale Instabilität“, erläutert der Forscher. „Derartiger Stress kann sich dann auch auf den Immunstatus der Nachkommen auswirken.“


Agrarpolitik-Wissenschaftler: „Politiker und Verbraucher sind gefordert“


„Die Nutztierhaltung in ihrer heutigen Form ist in großen Teilen nicht zukunftsfähig“, stellt der Beiratsvorsitzende Prof. Dr. Grethe fest. „Die Tiere benötigen zum Beispiel deutlich mehr Fläche und Beschäftigungsmaterial. Auch Amputationen müssen abgeschafft werden.“ Das seien nur einige Ziele des Gutachtens.

 

Die Umbau-Kosten von auf 3 - 5 Mrd. Euro jährlich sollten jedoch nicht nur der Landwirtschaft aufgebürdet werden, meint der Wissenschaftler: „Es handelt sich um eine gesamtgesellschaftliche Fehlentwicklung, die alle gemeinsam angehen müssen.“

 

"In Anbetracht des internationalen Wettbewerbs, in dem sich die Tierhaltung in Deutschland behaupten muss, sind die geforderten Maßnahmen eine große Herausforderung. Neben dem Staat müssen sich auch die Wirtschaftsunternehmen, die Verbände und die Verbraucher und Bürger engagieren“, so Prof. Dr. Regina Birner. "Wir fordern insbesondere einen intensiven Dialog mit Bürgerinnen und Bürgern auf allen Ebenen. Dabei sollen innovative Formen des Bürgerdialogs eingesetzt werden, zu denen wir auch hier in Hohenheim forschen.“

 

Ob die Vorschläge umgesetzt werden, hänge vor allem vom politischen Willen ab, warnt Prof. Dr. Grethe. „Die Politik sollte das Thema konsequent angehen. Sonst sinkt in Zukunft die gesellschaftliche Akzeptanz der Tierhaltung noch weiter.“

 

Die Kosten der vorgeschlagenen Reformen betragen etwa 3 bis 5 Prozent der heutigen Ausgaben für Lebensmittel. „Das sollte es uns wert sein“, appelliert der Experte.






 

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