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Unvereinbare Ansichten: Rukwied trifft auf Hofreiter

DBV-Präsident Joachim Rukwied und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter haben sich auf Einladung der Bild-Zeitung zu einem Streitgespräch getroffen. Erwartungsgemäß lagen die Meinungen weit auseinander. Während Rukwied versicherte, deutsche Lebensmittel seien absolut gesund, sicher erzeugt, würden

Lesezeit: 5 Minuten

DBV-Präsident Joachim Rukwied und Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter haben sich auf Einladung der "Bild am Sonntag" zu einem Streitgespräch getroffen. Erwartungsgemäß lagen die Meinungen weit auseinander.

 

Während Rukwied versicherte, deutsche Lebensmittel seien absolut gesund, sicher erzeugt, würden höchsten Standards entsprechen und schmecken, sieht Hofreiter jede Menge schwarze Schafe, die die Branche in Verruf bringen. „Da gibt es Tierquälerei, und die Lebensmittel dieser gequälten Hühner oder Schweine schmecken mir auch nicht. Ich merke sofort, wenn das Schweinefleisch voller Keime ist. Mir wird dann richtig übel.“

 

Hofreiter kritisierte den Bauernpräsidenten, dieser könne doch nicht behaupten, dass alle Lebensmittel von gleicher Qualität sind, egal ob sie aus einem 10 000-Schweine-Betrieb kommen oder von einem Öko-Hof. „So landen Sie am Ende bei total billigen Preisen und Ramsch-Lebensmitteln, von denen auch die Bauern nicht leben können. Die Tiere brauchen mehr Platz und mehr Schutz. Es muss Grenzen geben. Die Tiere müssen auch die Sonne und eine Weide sehen“, so der Grünen-Politiker.


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Alle Lebensmittel gleich gut?


Dass Lebensmittel mehr wert sind, bestreitet auch Rukwied nicht, aber Qualität und Tierschutz seien keine Frage der Betriebsgröße, stellte er klar. „Ein Landwirt in Deutschland hat im Durchschnitt 55 Tiere, ein Schweinebetrieb 560 Tiere. Aber entscheidend ist nicht großer oder kleiner Betrieb, sondern die Haltungsbedingungen und das Futter für die Tiere. Und das ist in Ordnung. Bedenken müssen Sie auch: Die Bauern müssen 80 Millionen Menschen versorgen. Ein Beispiel: Ein Schwein liefert 24 Koteletts. Wenn nur jeder zweite Deutsche alle zwei Monate ein Kotelett essen will, brauchen Sie 240 Millionen Koteletts im Jahr, also 10 Millionen Schweine“, argumentierte der Bauernvertreter.


„Ihr Problem ist, dass Sie überhaupt nicht differenzieren und die ganze Zeit so tun, als seien alle Lebensmittel gleich gut“, konterte Hofreiter. “Die Kennzeichnung bei den Eiern hat doch auch dazu geführt, dass die Leute keine Eier aus Käfighaltung kaufen.“ Das ist laut Rukwied aber nur die halbe Wahrheit. „Zwei Drittel der in Lebensmittel verarbeiteten Eier stammen aus Käfighaltung. Viele Käfige, die in Deutschland verboten und abgebaut wurden, stehen jetzt bei unseren osteuropäischen Nachbarn, die die Käfigeier zu uns liefern. Die Menschen essen also sehr wohl noch Eier aus Käfighaltung.


„Weil sie es nicht besser wissen“, so Hofreiter. „Wir müssten auf dem Kuchen oder den Nudeln verpflichtend ein Käfig-Hinweisschild anbringen. Dann würden die Leute diese Lebensmittel nicht mehr kaufen.“ Das wäre auch mit Rukwied machbar.


„Massen von Antibiotika“


Beim Thema Antibiotika stellte Rukwied klar, dass deutsche Bauern den Antibiotika-Einsatz innerhalb von zwei Jahren um über 10 Prozent reduziert hätten, da sei man sogar weltweit führend. „Bei uns braucht es dafür eine tierärztliche Diagnose und Verschreibung. In der Tierhaltung werden von den neuen, den sogenannten Reserveantibiotika, die für die Humanmedizin sehr wichtig sind, lediglich ein Prozent der Gesamtmenge eingesetzt.“


Hofreiter konterte hier mit den umstrittenen Studien seines grünen Parteikollegen Johannes Remmel aus Nordrhein-Westfalen. Diese hätten bewiesen, dass 90 % aller Puten und Hähnchen im Laufe ihres Lebens mindestens einmal Antibiotika bekommen haben. Da die Ställe so riesig sind, könne man die Tiere nicht mehr individuell behandeln, sondern müsse die Medikamente für alle ins Trinkwasser oder ins Futter mischen. „Der vermeintliche Rückgang der Antibiotika verschleiert, dass viel mehr moderne Mittel mit einem stärkeren Wirkstoff eingesetzt werden, von denen man mengenmäßig natürlich auch viel weniger braucht. Diese Reserveantibiotika sind für Menschen im Krankenhaus überlebensnotwendig, gehören aber nicht in die Tierhaltung“, so Hofreiter.


Weitere Themen bei dem Streitgespräch waren die Kükentötung – auch da unterstützt Rukwied die Forderung nach einer Zweinutzungrasse - , die Ferkelkastration und das Schwänzekupieren. „Die neueste Studie der tiermedizinischen Hochschule Hannover sagt: In drei von vier Fällen sehen wir Verletzungen durch Schwanzbeißen. Da ist es egal, ob die Schweine nur in kleinen 10er- Gruppen und auf Stroh gehalten werden, ist ein Beißer dabei, kann man als Bauer nichts machen. Das Schwänzekupieren ist also vorsorgender Tierschutz“, erklärte der Bauernpräsident.


Hofreiter vertritt dagegen die Meinung, Schwanzbeißen gehört nicht zur natürlichen Biologie des Schweins. Deshalb sei es richtig, dass der niedersächsische Landwirtschaftsminister Meyer eine Prämie für Schweineschwänze zahlt, damit die Landwirte ihre Tiere so halten, dass sie sich nicht anknabbern.

Auch was den landwirtschaftlichen Betrieb angeht, kommen die beiden nicht auf einen Nenner. Rukwied betonte, dass die grünen Berufe konstante Ausbildungszahlen hätten. „Der Strukturwandel hat sich verlangsamt. Unter zwei Prozent der Höfe werden pro Jahr aufgegeben. Damit haben wir nach wie vor eine von Familienbetrieben geprägte Landwirtschaft.“


Hofreiter meinte dagegen, der Strukturwandel werde weiter angeheizt und große Betriebe durch falsche Subventionspolitik immer größer. „Ein Prozent der größten Betriebe erhalten 25 Prozent der Förderung. Darunter leidet der kleine Familienbetrieb. Das wollen wir Grünen gerechter verteilen.“


„Die Grünen würden mit ihrer Politik den Strukturwandel verstärken“, hielt Rukwied dagegen. „Ein kleiner Hof kann die Kosten für einen Stallumbau auf Grund einer neuen Vorschrift doch viel schlechter schultern als ein größerer Betrieb. Eine Politik, die die Standards immer weiter nach oben schraubt, lässt die kleinen Höfe sterben.“ Hofreiter bleibt aber dabei: Die kleinen Bauern werden vom Handel erpresst und bei den Prämien vernachlässigt. Er ist überzeugt, dass man Deutschland auch ohne Massentierhaltung satt bekommt, auch ohne auf Fleisch zu verzichten.

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