Unterschiedliche Beurteilungen der Waldkalkung als Umweltvorsorge oder Naturschutzproblem sind kürzlich in Stuttgart deutlich geworden, wo die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg (FVA) gemeinsam mit dem Landesnaturschutzverband (LNV) eine Tagung zu diesem Thema veranstaltete.
Martin Kaupenjohan von der Technischen Universität Berlin befürwortete die Ausbringung von Kalken, die in den versauerten Unterboden eindringen und dort die primär anthropogen bedingten Schwefel- und insbesondere Salpetersäuren neutralisieren können.
Christian Kölling von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) hob hervor, die Unterbodenversauerung könne auch nach der Kalkung andauern. Vor diesem Hintergrund gewinne die Humuspflege an Bedeutung, die insbesondere durch standortgerechte Mischwälder gefördert werde. Kalkungen seien nur dann indiziert, wenn durch menschlichen Einfluss der Stoffhaushalt der Wälder so stark gestört sei, dass bei den Bäumen Mangelerscheinungen aufträten. Die Kalkung diene dann ausschließlich der Therapie oder Prophylaxe von Ernährungsstörungen bei Bäumen.
Albert Reif von der Universität Freiburg betonte, dass die Waldkalkung nicht nur der Versauerung entgegenwirke, sondern auch die Verfügbarkeit von Stickstoff verbessere und auf diese Weise die Auswirkungen der Nährstoffanreicherung zum Beispiel auf die Bodenfauna verstärke. Daher sollten Bodenschutzkalkungen in stark bodensauren Wäldern mit besonderen Lebensgemeinschaften verboten werden, unterstrich Reif und forderte eine Verringerung der Stickstoffeinträge aus der Landwirtschaft und dem Verkehr. (AgE)