Der Thüringer "Filtererlass" sorgt weiter für Diskussionen. Die Erfurther Landwirtschaftsministerin Birgit Kellerverteidigte ihn zwar als „vertretbaren Kompromiss“, der sowohl die Interessen der Anwohner als auch die der Bauern berücksichtige. Gleichzeitig warnte sie aber auch davor, die Schraube bei den Umweltauflagen für die Nutztierhaltung zu überdrehen. Denn die Tierhaltung schaffe die meisten Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und trage aus ökologischen Gründen zur angestrebten Kreislaufwirtschaft bei. Deshalb dürfe man ihr nicht die ökonomischen Grundlagen entziehen.
Hintergrund: Das Thüringer Kabinett hatte am vergangenen Dienstag (22.06.16) dem neuen Erlass zugestimmt. Danach werden Schweinehalter mit mehr als 1.500 Mastschweinen, 560 Sauen oder 4.500 Ferkeln im Bestand künftig unter bestimmten Bedingungen verpflichtet, ihre Anlagen mit einem Abluftfilter auszurüsten. Der Erlass soll bereits in den nächsten Wochen in Kraft treten. Er betrifft alle Neuanlagen die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) genehmigt werden. Für bestehende Anlagen, die über eine zentrale Abluftführung verfügen, sind Einzelfallprüfungen vorgesehen.
Die Erfurther Landwirtschaftsministerin wies darauf hin, dass die Tierbesatzzahlen pro Hektar im Freistaat schon jetzt weit unter den deutschlandweit üblichen lägen. Zudem sei es ein Widerspruch, sich auf der einen Seite für den Erhalt der Biogasanlagenförderung einzusetzen und auf der anderen Seite die Basis für eben diese Anlagen aufs Spiel zu setzen. „Bei der Pflege- und dem Erhalt unserer Kulturlandschaft sind die Thüringer Tierhaltungsbetriebe für uns unverzichtbare Partner“, betonte Keller. Eine intakte Umwelt und starke ländliche Regionen könne es nur gemeinsam mit den Bauern geben.
Der Thüringer Bauernverband (TBV) warf Umweltministerin Anja Siegesmund, auf deren Bestreben der neue Erlass maßgeblich zurückgeht, vor, beim „Durchpeitschen ihrer ideologischen Ziele“ Vorschläge zur tatsächlichen Umsetzbarkeit vergessen zu haben. Er rechnet damit, dass die Umrüstung der Ställe bei Schweinen mit Kosten von bis zu 60 Euro je Tierplatz verbunden ist. Dies mache solche Anlagen unwirtschaftlich und werde dafür sorgen, dass künftig noch weniger Bratwurst und Eier aus Thüringen kämen, warnte der Verband mit Verweis auf den aktuellen Selbstversorgungsgrad von nur 75 % bei Schweinefleisch.
Nach Ansicht des Thüringer Bauernverbandes führen alle Regelungen, die über die des Bundes und der Europäischen Kommission hinausgehen, zu einer Wettbewerbsverzerrung durch zusätzliche Kostenbelastungen für die Thüringer Tierhalter. Die Schweinefleischproduktion werde damit langfristig nach Osteuropa und Südamerika exportiert, ohne nachzufragen, wie es dort um den Umwelt- oder Tierschutz bestellt sei, monierte der TBV.
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